4.2.2.1.1 Majorisierende Bestellung

Das Ausnutzen eines majorisierenden Stimmrechts als solches ist noch nicht rechtsmissbräuchlich.[1] Folgende Kriterien sind insoweit zu berücksichtigen:

  • Beschlüsse, die dadurch zustande kommen, dass ausschließlich der Mehrheitseigentümer für den zugrunde liegenden Beschlussantrag gestimmt hat, sind grundsätzlich zulässig.
  • Eine Majorisierung liegt auch dann nicht vor, wenn der mit den Stimmen eines Mehrheitseigentümers gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht oder ein Wohnungseigentümer aufgrund seines Stimmgewichts Beschlussfassungen blockiert, obwohl es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung wäre, einen positiven Beschluss zu fassen.[2]
  • Die Grenzen sind allerdings dann überschritten, wenn der Mehrheitseigentümer seine Majorität zu gemeinschaftsfremden und eigennützigen Zielen gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer einsetzt. Ein solches Verhalten ist rechtsmissbräuchlich und führt infolge Anfechtung zur Ungültigkeit des Beschlusses.
 

Rechtsprechungsübersicht

Es ist noch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers ein bestimmter Verwalter durchgesetzt werden soll.[3] Der Mehrheitseigentümer ist auch grundsätzlich bei seiner eigenen Bestellung nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen.[4] Allerdings ist von einer majorisierenden Bestellung dann auszugehen, wenn der Mehrheitseigentümer

  • die von der Minderheit vorgetragenen Tatsachen grundlos missachtet und damit die Wahl eines Verwalters seines Vertrauens durchsetzt[5];

  • die Bestellung seiner Tochter trotz erheblicher Bedenken der übrigen Wohnungseigentümer durchsetzt[6];

  • die Bestellung eines seiner Unternehmen durchsetzt und der Abverkauf von Wohnungen des Mehrheitseigentümers wegen vereinbarter Veräußerungszustimmung des Verwalters erleichtert werden soll[7];

  • die Bestellung eines Unternehmens durchsetzt, dessen Gesellschafter-Geschäftsführerin seine Gattin ist und zuvor der Beschluss über die Bestellung der Gattin persönlich eben wegen Interessensgegensätzen und fehlenden Vertrauensverhältnisses erfolgreich angefochten wurde[8];

  • als früherer Verwalter unberechtigt die Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums verweigert hatte und er bei geltendem Kopfstimmrecht in einer aus 5 Wohneinheiten bestehenden Gemeinschaft durch Veräußerung von Bruchteilen des Wohnungseigentums an 2 seiner 3 Wohneinheiten eine Stellung als (faktischer) Mehrheitseigentümer herbeigeführt hat[9];

  • sich in einer zweigliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglieder zerstritten sind, bereits kurze Zeit nach seiner gerichtlichen Abberufung erneut zum Verwalter wählt.[10]

4.2.2.1.2 Wichtiger Grund in der Person des Verwalters

Wird erstmals ein Verwalter bestellt, bestehen naturgemäß noch keine Erfahrungen mit diesem Verwalter, weshalb eine Zukunftsprognose erforderlich ist. Ganz allgemein ist der Bestellungsbeschluss für ungültig zu erklären, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der gegen die Bestellung des Verwalters spricht. Ein solcher Grund ist zu bejahen, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Dies ist dann der Fall, wenn Umstände vorliegen, die den Gewählten als unfähig oder ungeeignet für das Amt erscheinen lassen.[1]

Bei der Entscheidung über die Frage, ob der Beschluss über die Bestellung eines Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, muss das Gericht einerseits die Entscheidung der Mehrheit im vertretbaren Rahmen respektieren, andererseits aber auch den Minderheitenschutz berücksichtigen.[2] Vor diesem Hintergrund ist Folgendes zu beachten:

  • Der Beschluss über die Bestellung des Verwalters widerspricht nicht bereits deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil dieser seinen Sitz nicht am Ort der Wohnanlage hat.[3]

    So soll auch eine Entfernung von 75 Kilometern zwischen dem Sitz des Verwaltungsunternehmens und der zu verwaltenden Wohnanlage keinen wichtigen Grund darstellen, der gegen die Bestellung des Verwalters spricht.[4]

  • Schlechte Bewertungen im Internet stellen keine geeignete Grundlage dar, um die Leistungsfähigkeit eines Verwalters einzuschätzen und somit einen wichtigen Grund darstellen zu können, der gegen seine Bestellung spricht.[5]

  • Ungeeignet ist allerdings ein Verwalter, der nicht neutral ist und über so viel Autorität und Überzeugungskraft verfügt, die Interessen aller Wohnungseigentümer wahrzunehmen.[6]

  • Die Bestellung eines Verwalters widerspricht stets ordnungsmäßiger...

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