Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung. Reorganisationsbonus

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 20.05.1997; Aktenzeichen 7 Sa 2160/96)

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.07.1996; Aktenzeichen 7 Ca 7624/95)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Mai 1997 – 7 Sa 2160/96 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Bonus.

Die Klägerin ist in der Niederlassung Frankfurt am Main der Beklagten in der Abteilung Privates Vermögensmanagement als Angestellte beschäftigt. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der R… Bank Deutschland AG (künftig AG genannt).

Anfang des Jahres 1994 wurde die Niederlassung Berlin der AG in eine Repräsentanz umgewandelt. Damals kündigten sämtliche für das Privatkundengeschäft dieser Niederlassungen zuständigen Mitarbeiter. Die Klägerin wurde deshalb beauftragt, diese Privatkunden auf die Niederlassung Frankfurt am Main überzuleiten und künftig von Frankfurt aus zu betreuen. Diese Überleitung führte die Klägerin in der ersten Hälfte des Jahres 1994 durch. Hierfür wurde sie vom Vorstand auf einer Betriebsversammlung gelobt.

Mitte des Jahres 1994 beschloß die AG, das Privatkundengeschäft der Niederlassungen Hannover, Düsseldorf und Stuttgart in der Niederlassung Frankfurt am Main zu zentralisieren. Mit der Übernahme der Privatkunden wurden die Angestellten R… und J… der Abteilung Privates Vermögensmanagement betraut, denen die Abteilungssekretärin Frau T… half. Für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Überleitung dieser Privatkunden zahlte die AG einen einmaligen Reorganisationsbonus. Die Angestellten J… und R… erhielten je 10.000,00 DM und die Sekretärin T… 5.000,00 DM. Die Klägerin erhielt keinen Bonus.

Die Klägerin forderte die AG unter Berufung auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf, auch ihr den Bonus zu zahlen. Die AG lehnte dies ab.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Überleitung der Privatkunden von Berlin nach Frankfurt sei als Pilotprojekt für die spätere Überleitung der Privatkunden aus Hannover, Düsseldorf und Stuttgart nach Frankfurt anzusehen. Die von ihr gesammelten Erfahrungen seien die Basis für die späteren gleichartigen Überleitungsarbeiten durch ihre Kollegen gewesen. Wenn die Kollegen für die Überleitung der Privatkunden der Niederlassungen in Hannover, Düsseldorf und Stuttgart auf die Niederlassung in Frankfurt einen Bonus erhalten hätten, stehe ihr aus Gründen der Gleichbehandlung bzw. Gleichberechtigung für die Überleitung der Privatkunden von der Niederlassung Berlin auf die Niederlassung Frankfurt ebenfalls ein Bonus in Höhe von 10.000,00 DM zu. Sie sei von der Beklagten lediglich wegen schwangerschafts- bedingter Krankheit und Urlaubs von der Bonuszahlung ausgeschlossen worden.

Die Klägerin hat daher beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.000,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 15. August 1995 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Bonus sei allein für die Reorganisation des Privatkundengeschäfts aufgrund der Schließung der Niederlassungen in Hannover, Düsseldorf und Stuttgart gezahlt worden. An dieser Reorganisationsmaßnahme sei die Klägerin nicht beteiligt gewesen. Die Übernahme der Privatkunden der Niederlassung Berlin sei kein Pilotprojekt für die späteren Reorganisationsmaßnahmen gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch auf den Reorganisationsbonus. Die AG habe den Bonus für die Tätigkeit bei der Überleitung der Privatkunden der Niederlassungen Hannover, Stuttgart und Düsseldorf auf die Niederlassung Frankfurt durch die Angestellten R…, J… und T… gezahlt. An dieser auf die Zeit von September bis Dezember 1994 begrenzten Tätigkeit sei die Klägerin nicht beteiligt gewesen und auch nicht aus unsachlichen Gründen ausgeschlossen worden. Sie sei arbeitsmäßig mit der Betreuung ihrer eigenen Kunden voll ausgelastet gewesen. Deswegen stelle die Ungleichbehandlung der Klägerin bei einer Bonuszahlung auch keine Diskriminierung dar.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

II. Der Anspruch der Klägerin auf den Reorganisationsbonus ergibt sich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Angestellten R… und J… haben den Reorganisationsbonus in Höhe von 10.000,00 DM, die Angestellte T… in Höhe von 5.000,00 DM für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Überleitung der Privatkunden der Niederlassungen Hannover, Düsseldorf und Stuttgart auf die Niederlassung Frankfurt erhalten. Diese freiwillige Leistung der Beklagten erfolgte damit auf individualrechtlicher Grundlage. Die Klägerin ist gegenüber diesen Angestellten nicht sachwidrig behandelt worden, weil sie diese Tätigkeiten nicht verrichtet hat.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwehrt es der Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, eine Gruppe von Arbeitnehmern oder einzelne Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen (BAGE 49, 346 = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Dies gilt auch für freiwillige Leistungen (BAG Urteil vom 8. März 1995 – 10 AZR 208/94 – AP Nr. 184 zu § 611 BGB Gratifikation m.w.N.). Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzip freiwillig Leistungen, so muß er die Leistungsvoraussetzung zweckbestimmt so abgrenzen, daß kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen wird (BAG Urteil vom 6. Oktober 1993 – 10 AZR 450/92 – AP Nr. 107 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 20. Dezember 1995 – 10 AZR 12/95 – n.v.).

2. Entgegen der Auffassung der Revision erfolgte die freiwillige Gewährung des Reorganisationsbonus weder an die gesamte Abteilung Privates Vermögensmanagement als einheitliche Arbeitnehmergruppe noch für eine einheitliche im Jahre 1994 durchgeführte Reorganisationsmaßnahme, nämlich die Überleitung der Privatkunden der Niederlassung Berlin einschließlich Hannover, Stuttgart und Düsseldorf auf die Niederlassung Frankfurt.

Das Landesarbeitsgericht hat dazu bindend festgestellt, daß es sich bei der Anfang des Jahres 1994 durch die Klägerin erfolgten Überleitung der Privatkunden der Niederlassung Berlin auf die Niederlassung Frankfurt nicht um ein Pilotprojekt für gleichartige spätere Überleitungen gehandelt habe. Vielmehr seien die von September bis Dezember 1994 erfolgten, von den Angestellten R…, J… und T… vorgenommenen Überleitungen der Privatkunden eine davon isolierte Maßnahme gewesen. Diese sei erst beschlossen worden, als die Übernahme der Privatkunden aus Berlin längst abgeschlossen war. Daraus folgt, daß der Reorganisationsbonus weder für sämtliche Arbeitnehmer der Abteilung Privates Vermögensmanagement als Gruppe noch für eine im Jahre 1994 als Einheit erfolgte Reorganisationsmaßnahme bestimmt war. Mangels einer Gruppenbildung ist die Klägerin insoweit auch nicht ungleich behandelt worden.

3. Durch die Gewährung des Reorganisationsbonusses allein an die Arbeitnehmer R…, J… und T… ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ebenfalls nicht verletzt worden. Die Nichtbeteiligung der Klägerin an der Bonusgewährung erfolgte nicht aus unsachlichen Gründen. Ob der Ausschluß von einer Leistung sachgerecht ist oder nicht, richtet sich nach dem Zweck der Leistung. Dabei ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Bestimmung des Zwecks, den er mit einer bestimmten Leistung erreichen will (ständige Rechtsprechung vgl. BAGE 33, 57; 45, 66; 45, 76; 45, 86 = AP Nr. 44, 66, 67 und 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 10. März 1998 – 1 AZR 509/97 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

a) Das Landesarbeitsgericht hat bindend festgestellt, daß die AG den Angestellten R… und J… den Reorganisationsbonus in Höhe von 10.000,00 DM und der Angestellten T… in Höhe von 5.000,00 DM für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Überleitung der Privatkunden der Niederlassungen Hannover, Stuttgart und Düsseldorf auf die Niederlassung Frankfurt gezahlt hat. Darüber hinaus hat die AG unbestritten vorgetragen, daß der Angestellte R… die Kunden aus Hannover und Stuttgart und der Angestellte J… die aus Düsseldorf übernommen und betreut hat. Daraus wird ersichtlich, daß der Bonus zweckbestimmt an die Mitarbeiter für die genannte Tätigkeit gezahlt wurde. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, daß der Reorganisationsbonus nach seinem Zweck für die Tätigkeit der Angestellten R…, T… und J… im Zusammenhang mit der Übernahme und Betreuung der genannten Privatkunden auf die Niederlassung Frankfurt gewählt worden ist. Der Bonus steht der Klägerin damit nicht unabhängig von der Tätigkeit der anderen Mitarbeiter zu. Die Klägerin wurde nicht sachwidrig behandelt, weil sie diese Tätigkeiten nicht ausgeübt hat.

b) Die Klägerin ist auch nicht aus unsachlichen Gründen von diesen Tätigkeiten ferngehalten worden. Das Landesarbeitsgericht hat dazu festgestellt, daß die Klägerin nicht in dem Zeitraum von September bis Dezember 1994 an der erfolgten Reorganisation teilgenommen hat, weil sie arbeitsmäßig durch eigene, einschließlich der von Berlin und von einem ausscheidenden Arbeitnehmer AG übernommenen Kunden voll ausgelastet war. Mit dieser Begründung ist die Nichteinbeziehung der Klägerin in die Tätigkeiten der anderen Mitarbeiter sachlich nicht zu beanstanden.

Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wegen Urlaubs und schwangerschaftsbedingter Erkrankung in der Zeit von September bis Oktober 1994 an dieser Tätigkeit nicht beteiligt wurde. Besteht ein sachliches Bedürfnis für eine unterschiedliche Behandlung, so ist eine differenzierte Behandlung bei der Bonusgewährung wegen Urlaubs, und schwangerschaftsbedingter Krankheit nicht sachwidrig (BAG Urteile vom 24. November 1993 – 10 AZR 704/92 – und vom 28. September 1994 – 10 AZR 697/93 – AP Nr. 158 und 165 zu § 611 BGB Gratifikation). Auch eine geschlechtsspezifische Benachteiligung ist bei Vorliegen eines Sachgrundes nicht zu beanstanden (EuGH Urteil vom 13. Mai 1986 – Rs 170/84 – Bilka, EuGHE 186, 1607 = AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag).

4. Entgegen der Auffassung der Revision hat es auch keine rechtlichen Auswirkungen, daß der Klägerin die Gründe für die Differenzierung bei der Zahlung des Bonus nicht sofort mitgeteilt wurden, nachdem sie ihren Anspruch im Hinblick auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht hatte.

Der Senat kann vorliegend dahingestellt sein lassen, ob den Entscheidungen des Fünften und Dritten Senates (BAG Urteile vom 5. März 1980 – 5 AZR 881/78 – BAGE 33, 57 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und vom 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93 – BAGE 73, 343 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) zu folgen ist, daß die alsbaldige Offenlegung der nicht ohne weiteres erkennbaren Gründe für eine Differenzierung Voraussetzung dafür ist, daß sich der Arbeitgeber auf diese Gründe berufen kann.

Diese Grundsätze kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Sie gelten nur dann, wenn der Arbeitgeber eine freiwillige Leistung aufgrund einer kollektiven Ordnung gewährt und die Gründe für eine Differenzierung nicht ohne weiteres aus der Regelung erkennbar sind. Die Beklagte hat jedoch keine kollektive Ordnung geschaffen (vgl. oben 2), sondern den Reorganisationsbonus für individuelle Tätigkeit gewährt (vgl. oben 3).

Im übrigen war der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag erkennbar, daß der Reorganisationsbonus für den Einsatz im Zusammenhang mit der Übernahme der Privatkunden der Niederlassungen Hannover, Stuttgart und Düsseldorf gezahlt wurde. Ergibt sich aber der Grund für eine Ungleichbehandlung bereits aus dem Zweck der Leistung, entfällt auf jeden Fall die alsbaldige Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bezüglich der Differenzierungskriterien.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Dr. Jobs, Böck, v. Baumgarten, Trümner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2629074

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