Entscheidungsstichwort (Thema)

BMT-G-O. räumlicher Geltungsbereich

 

Leitsatz (redaktionell)

Vgl. auch heutiges Urteil des Senats in der Sache – 6 AZR 475/96 – für die Amtliche Sammlung bestimmt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 26.02.1997; Aktenzeichen 8 Sa 130/96)

ArbG Berlin (Urteil vom 06.11.1996; Aktenzeichen 21 Ca 29412/96)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 26. Februar 1997 – 8 Sa 130/96 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) oder der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) anzuwenden ist.

Der Kläger war seit Januar 1969 bei der „Groß-Berliner Stadtreinigung und Müllabfuhr” beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis ging zum 1. Februar 1992 auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten über. Diese beschäftigte ihn als Handwerker (Maler) nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 1. September 1992 weiter. Nach § 2 des Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BMT-G-O, nach dem sonstigen für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe maßgebenden Tarifrecht sowie den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

Die Hauptverwaltung der Beklagten befindet sich in der Ringbahnstraße im ehemaligen Westberlin. Der Kläger untersteht der im Stellingdamm im ehemaligen Ost-Berlin gelegenen Bauabteilung der Beklagten. Von dort werden ihm seine Arbeitseinsätze zugewiesen, die er teilweise vor Arbeitsbeginn telefonisch dort erfragt. Er hat als Maler Reparaturarbeiten an den Grundstücken der Beklagten im gesamten Stadtgebiet Berlins zu erledigen. Seine Einsätze und die Einsatzorte richten sich nach dem im vorhinein nicht planbaren Reparaturbedarf. In der Zeit von Februar 1996 bis Februar 1997 arbeitete der Kläger in sieben Monaten überwiegend im Westteil und in fünf Monaten im Ostteil der Stadt. Einen Monat befand er sich im Urlaub. Der Kläger reicht seine Stundenzettel bei der Bauabteilung im Stellingdamm ein. Von dort werden sie zur Abrechnung in die Hauptverwaltung der Beklagten weitergeleitet, die die monatliche Vergütung des Klägers errechnet.

Mit Schreiben vom 10. November 1994 teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Urteile des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 (– 6 AZR 11/92 und 12/92 –) mit, daß für Beschäftigte, die „in einer im Westteil Berlins gelegenen Dienststelle tätig sind, das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden” sei. Wörtlich heißt es in dem Schreiben weiter:

„Da Sie seit dem 01.11.1994 dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit ihren Stammarbeitsplatz im Westteil Berlins haben, findet für Sie ab diesem Zeitpunkt das Tarifrecht des BMT-G Anwendung.”

Dementsprechend wandte die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis des Klägers in der Folgezeit die Bestimmungen des BMT-G II an. Mit Schreiben vom 28. Juni 1996 wies sie den Kläger auf das Senatsurteil vom 26. Oktober 1995 (– 6 AZR 125/95 –) und die daraus folgenden Konsequenzen hin. In dem Schreiben heißt es u.a.:

„…

Nun hat das Bundesarbeitsgericht mit mehreren Urteilen entschieden, daß den auf Dauer im Westen eingesetzten Mitarbeitern des Tarifgebietes Ost nach ihrer Rückkehr in den Ostteil nur Leistungen nach „Osttarifrecht” zustehen.

Wir müssen daher ab 01.07.1996 für Sie wieder das Tarifrecht BAT-O/BMT-G-O anwenden.

…”.

Seither prüft die Beklagte jeweils monatlich im nachhinein, ob der Kläger im Vormonat überwiegend im ehemaligen West-Berlin oder im ehemaligen Ost-Berlin tätig war und entscheidet danach über die Anwendbarkeit des jeweiligen Tarifvertrages. Sie gleicht Vergütungsdifferenzen im nachhinein aus und gewährt dem Kläger zum Ausgleich für die unterschiedliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in beiden Tarifgebieten freie Tage.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auf sein Arbeitsverhältnis finde ausschließlich westliches Tarifrecht Anwendung, weil er seine Arbeitsleistung überwiegend im ehemaligen West-Berlin erbringe. Die von der Beklagten praktizierte monatlich wechselnde Tarifanwendung verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, der verlange, daß der wesentliche Inhalt des Arbeitsvertrages im Vorhinein feststehe. Arbeitsvergütung und Arbeitszeit könnten nicht von der Zufälligkeit der Einsatzorte abhängen. Im übrigen gelte der BMT-G II aufgrund der im Schreiben vom 10. November 1994 erklärten vorbehaltlosen Zusage der Beklagten, von der sie sich nicht einseitig lösen könne.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auch über den 30. Juni 1996 hinaus der BMT-G II Anwendung findet.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe jeweils nur die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vollzogen. Zwar habe sie im gesamten Zeitraum von November 1994 bis Juni 1996 die Bestimmungen des BMT-G II auf das Arbeitsverhältnis des Klägers angewandt. Durch das Senatsurteil vom 26. Oktober 1995 (– 6 AZR 125/95 –) habe sie jedoch erkannt, daß sie dem Kläger in Monaten mit überwiegendem Einsatz im östlichen Tarifgebiet irrtümlicherweise übertarifliche Leistungen erbracht habe. Wegen der ständig wechselnden Arbeitseinsätze des Klägers sei allein eine monatliche Ermittlung des einschlägigen Tarifvertrages unter Berücksichtigung der jeweiligen Einsatzorte des Klägers sachgerecht. Der Monatszeitraum biete sich als Maßeinheit an, da er die Lohnzahlung bestimme und für sonstige Vergütungsbestandteile maßgeblich sei. Eine solche Abrechnung sei zwar mit Schwierigkeiten verbunden, dies müsse jedoch hingenommen werden, da jede andere Berechnungsgrundlage willkürlich sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klage sei mangels Feststellungsinteresses insoweit unzulässig, als das Feststellungsbegehren auch die Monate umfasse, in denen der Kläger – im nachhinein betrachtet – überwiegend im ehemaligen West-Berlin eingesetzt gewesen sei. Im übrigen sei die Klage unbegründet, da die Beklagte in rechtlich zutreffender Weise jeweils monatlich anhand der Einsätze des Klägers festgestellt habe, in welchem Tarifgebiet er überwiegend tätig gewesen sei und wo sich somit der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses befunden habe. Eine einzelvertragliche Zusage zur Anwendung des BMT-G II habe die Beklagte dem Kläger nicht erteilt. Mit dem Schreiben vom 10. November 1994 habe sie lediglich den Vollzug der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Urteil vom 30. Juli 1992 bekannt gegeben.

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis zutreffend. Die Begründung ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Die Klage ist insgesamt zulässig, sie ist jedoch nicht begründet, da auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BMT-G- O Anwendung findet, und zwar entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch in den Monaten, in denen der Kläger überwiegend im ehemaligen West-Berlin eingesetzt ist.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Der Kläger erstrebt die Feststellung der Anwendbarkeit des BMT-G II aufsein Arbeitsverhältnis. Durch die Entscheidung über dieses Klagebegehren wird der wesentliche Inhalt des Arbeitsverhältnisses geklärt und so eine Vielzahl von Einzelfragen dem Streit der Parteien entzogen. Damit sind nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BAGE 71, 68, 71 = AP Nr. 1 zu § 1 TV Ang Bundespost, zu B I der Gründe; BAGE 79, 224, 226 = AP Nr. 3 zu § 1 TV Ang Bundespost, zu I der Gründe) die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Dies gilt auch, soweit es um Monate geht, in denen der Kläger – im nachhinein betrachtet – überwiegend im ehemaligen West-Berlin tätig war. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist unklar, ob die Beklagte für diese Monate insgesamt die Bestimmungen des BMT-G II angewandt oder lediglich eine vergütungsmäßige Nachberechnung vorgenommen und die unterschiedliche Arbeitszeit durch freie Tage ausgeglichen hat. Damit ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der BMT-G-O Anwendung.

1. Nach § 1 Abs. 1 BMT-G-O gilt dieser Tarifvertrag für Arbeiter, die Mitglied der Gewerkschaft ÖTV sind, in einem Arbeitsverhältnis zu Mitgliedern der Arbeitgeberverbände stehen, die der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände angehören und deren Arbeitsverhältnisse in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (im folgenden: EV) genannten Gebiet begründet sind.

a) Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ÖTV und steht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, die Mitglied eines Arbeitgeberverbandes im Sinne des § 1 Abs. 1 BMT-G-O ist. Außerdem haben die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages die Geltung des BMT-G-O und des sonstigen für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe maßgebenden Tarifrechts vereinbart. Dies bedeutet mangels entgegenstehender Anhaltspunkte, daß im Falle fehlender Tarifbindung das gelten soll, was bei Tarifgebundenheit gelten würde (st. Rspr, vgl. etwa BAGE 80, 152 = AP Nr. 5 zu § 1 BAT-O; BAG Urteil vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 156/92 – AP Nr. 27 zu § 23 a BAT, m.w.N.).

b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist im Beitrittsgebiet begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Arbeitsverhältnis in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn es einen räumlichen Bezug zum Beitrittsgebiet aufweist, der gegenwärtig noch besteht (BAGE 76, 57 = AP Nr. 1 zu § 1 BAT-O; BAGE 79, 224 = AP Nr. 3 zu § 1 TV Ang Bundespost; BAGE 78, 108, 110 f. = AP Nr. 2 zu § 1 BAT-O, zu I 2 b der Gründe; BAGE 79, 215 = AP Nr. 1 zu § 1 BMT-G II; Senatsurteil vom 21. September 1995 – 6 AZR 151/95 – AP Nr. 6 zu § 1 BAT-O, zu II 1 b der Gründe; BAGE 81, 207, 209 f. = AP Nr. 7 zu § 1 BAT-O, zu I 1 a der Gründe; Senatsurteil vom 20. März 1996 – 6 AZR 10/96 – AP Nr. 8 zu § 1 BAT- O, zu II 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Der räumliche Bezug zum Beitrittsgebiet ist gegeben, wenn der Grund der Entstehung des Arbeitsverhältnisses im Beitrittsgebiet liegt und das Arbeitsverhältnis dort gegenwärtig durchgeführt wird (BAGE 76, 60, 57 f. = AP Nr. 1 zu § 1 BAT-O, zu II 2 a cc der Gründe). So liegt der Fall hier.

aa) Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt im Beitrittsgebiet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand bereits zur „Groß-Berliner Stadtreinigung und Müllabfuhr” in der ehemaligen DDR und ging nach der Wiedervereinigung auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten über.

bb) Das Arbeitsverhältnis wird im Beitrittsgebiet durchgeführt.

Der Kläger ist zwar als Maler an ständig wechselnden Einsatzorten sowohl im östlichen als auch im westlichen Tarifbereich tätig. Er untersteht jedoch der Bauabteilung der Beklagten, die sich im Stellingdamm im ehemaligen Ost-Berlin befindet. Von dort werden ihm seine Arbeitseinsätze zugewiesen. Dieser Dienststelle ist der Kläger somit arbeitsorganisatorisch zugeordnet, dort befindet sich der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses.

(1) Für den gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet ist angesichts der Zwecksetzung des § 1 BMT-G-O nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend. Durch die Vereinbarung ungünstigerer Arbeitsbedingungen für das Beitrittsgebiet haben die Tarifvertragsparteien den im Verhältnis zu den alten Bundesländern ungünstigeren wirtschaftlichen Bedingungen der neuen Bundesländer Rechnung getragen, um dort die Erhaltung und Entstehung von Arbeitsplätzen zu fördern (BAGE 76, 57, 61 = AP Nr. 1 zu § 1 BAT- O, zu II 2 b der Gründe; BAGE 78, 108, 112 = AP Nr. 2 zu § 1 BAT-O, zu I 3 a der Gründe; BAGE 79, 215, 217 f. = AP Nr. 1 zu § 1 BMT-G II, zu II 2 a der Gründe; Senatsurteil vom 20. März 1997 – 6 AZR 10/96 – AP Nr. 8 zu § 1 BAT-O, zu II 3 c der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Deshalb kommt es für die Frage, ob östliches oder westliches Tarifrecht Anwendung findet, nicht auf den Sitz der Dienststelle an, der der Arbeitnehmer verwaltungsmäßig zugeordnet ist, hier also der im ehemaligen West-Berlin gelegenen Hauptverwaltung der Beklagten, maßgeblich ist vielmehr grundsätzlich der Ort, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist (BAGE 76, 57, 61 f. = AP, a.a.O.). Das ist der Sitz der Bauabteilung im Stellingdamm.

(2) Erstreckt sich der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers sowohl auf das Beitrittsgebiet als auch auf die Altbundesländer, ist für die tarifliche Zuordnung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich entscheidend, wo sich der Schwerpunkt der Tätigkeit befindet. Der Senat hat angenommen, daß dieser im Beitrittsgebiet liegt, wenn der Arbeitnehmer seine tägliche Arbeit dort beginnt und beendet und mindestens während der Hälfte seiner Arbeitszeit dort arbeitet (BAGE 79, 215, 218 = AP Nr. 1 zu § 1 BMT-G II, zu II 2 c der Gründe; BAGE 79, 218, 224 = AP Nr. 2 zu § 1 TV Ang Bundespost, zu III der Gründe; BAGE 81, 207, 209 = AP Nr. 7 zu § 1 BAT-O, zu I 1 a der Gründe; Senatsurteil vom 16. November 1995 – 6 AZR 366/95 – n.v., zu I 1 der Gründe; vom 29. Februar 1996 – 6 AZR 382/95 – n.v., zu II 2 der Gründe).

(3) Wird der Arbeitnehmer – wie der Kläger – gemäß seinem Arbeitsvertrag an ständig – zum Teil mehrfach täglich – wechselnden, jeweils kurzfristig zu bestimmenden Einsatzorten sowohl im Geltungsbereich des BMT-G II als auch im Geltungsbereich des BMT-G-O beschäftigt, ist anhand des Arbeitsortes ein räumlicher Tätigkeitsschwerpunkt nicht zu ermitteln, denn es steht – anders als im vorgenannten Fall (2) – nicht von vornherein fest, daß die Arbeitsleistung überwiegend in einem von beiden Tarifgebieten erbracht wird. In diesem Fall bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag, in dessen Geltungsbereich die Beschäftigungsdienststelle liegt. Das ist die Dienststelle, der der Arbeitnehmer arbeitsorganisatorisch zugeordnet ist, die seine Arbeitseinsätze plant und koordiniert, von der aus er tätig wird und von der er Weisungen für seine tägliche Arbeit, ggf. auch Arbeitsmittel, erhält. Dort befindet sich in einem solchen Fall der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses. Dies hat der erkennende Senat in seinem heutigen, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteil in der Sache – 6 AZR 475/96 –, das die insoweit gleichlautende Regelung in § 1 TV Arb-O betraf, im Fall eines in beiden Tarifbezirken eingesetzten Fernmeldemonteurs entschieden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug. Im Fall des Klägers ist Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses somit der Sitz der Bauabteilung im Stellingdamm im ehemaligen Ost-Berlin. Unerheblich ist demgegenüber, daß der Kläger der im ehemaligen West-Berlin gelegenen Hauptverwaltung der Beklagten verwaltungsmäßig zugeordnet ist. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet daher auch in Monaten, in denen der Kläger überwiegend im ehemaligen West-Berlin arbeitet, der BMT-G-O Anwendung. Die Auffassung der Beklagten und des Landesarbeitsgerichts, bei Arbeitsverhältnissen wie dem des Klägers sei die Geltung östlichen oder westlichen Tarifrechts aufgrund eines im nachhinein für jeden Monat gesondert zu ermittelnden Tätigkeitsschwerpunkts zu bestimmen, findet in den tariflichen Regelungen der §§ 1 BMT-G II, 1 BMT-G-O keine Stütze (vgl. heutiges Urteil des Senats in der Sache – 6 AZR 475/96 – zu II 2 b bb (4) der Gründe).

2. Die Anwendbarkeit des BMT-G II auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ergibt sich nicht aus einer einzelvertraglichen Zusage der Beklagten. Das Schreiben vom 10. November 1994 enthält eine solche Zusage nicht.

Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben vom 10. November 1994 rechtsfehlerfrei dahingehend ausgelegt, daß darin lediglich der Vollzug der Tariflage anhand der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus den Urteilen vom 30. Juli 1992 mitgeteilt und ein darüber hinausgehender Verpflichtungswille der Beklagten nicht zum Ausdruck gebracht worden sei. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Wertung Rechtsbegriffe verkannt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat, ob die Auslegung gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder die Lebenserfahrung verstößt oder ob sie widerspruchsvoll ist (st. Rspr., vgl. BAG Urteil vom 26. Mai 1992 – 9 AZR 27/91 – AP Nr. 63 zu § 74 HGB, zu 1 der Gründe). Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Der Senat hatte durch Urteil vom 30. Juli 1992 (BAGE 71, 68 = AP Nr. 1 zu § 1 TV Ang Bundespost) entschieden, daß auf im Beitrittsgebiet begründete Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die auf nicht absehbare Zeit im westlichen Tarifgebiet beschäftigt werden, für die Dauer des Westeinsatzes westliches Tarifrecht anzuwenden ist. Das Landesarbeitsgericht hat der mehrfachen Bezugnahme auf diese Senatsrechtsprechung im Schreiben vom 10. November 1994 und der gleichzeitigen Mitteilung, daß auf das Arbeitsverhältnis ab 1. November 1994 die Bestimmungen des BMT-G Anwendung finden, weil der Kläger seit diesem Zeitpunkt seinen Stammarbeitsplatz im Westteil Berlins habe, ohne Rechtsfehler entnommen, daß die Beklagte nur das vollziehen wollte, was aus ihrer damaligen Sicht der tariflichen Rechtslage entsprach. Einen weitergehenden Verpflichtungswillen der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht rechtsirrtumsfrei verneint.

3. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Bestimmungen des BMT-G II aus Gründen des Vertrauensschutzes auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden, weil sie ihm in der Zeit vom 1. November 1994 bis 30. Juni 1996 Leistungen nach diesem Tarifvertrag gewährt hat. Von diesen in Verkennung der Reichweite des Urteils des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 und damit rechtsirrtümlich gewährten Zahlungen konnte sich die Beklagte jederzeit lossagen (BAGE 81, 207 = AP Nr. 7 zu § 1 BAT-O, zu I 2 b bb der Gründe).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Lenßen, Hinsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1251967

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge