Entscheidungsstichwort (Thema)

räumlicher Geltungsbereich von Ost- und West-Tarifverträgen. überwiegender Einsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Bei wechselndem Einsatz von Arbeitnehmern im Tarifgebiet Ost und West, ist, sofern die Einsätze nicht im vorhinein feststehen, monatlich nachträglich das Tarifrecht anzuwenden, in dessen Geltungsbereich der Arbeitnehmer in dem betreffenden Monat überwiegend tätig war.

 

Normenkette

BMT-G II; BMT-G-O

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 06.11.1996; Aktenzeichen 21 Ca 29412/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.06.1998; Aktenzeichen 6 AZR 238/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06. November 1996 – 21 Ca 29412/96 – wie folgt geändert:

  1. Der Kläger wird mit der Klage abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob auf ihr Arbeitsverhältnis der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe, BMT-G II, oder die tarifvertraglichen Regelungen für das Tarifgebiet Ost, Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe/Ost (BMT-G-O) anzuwenden sind.

Der Kläger war seit Januar 1969 bei der „Groß-Berliner Straßenreinigung und Müllabfuhr” beschäftigt (Ablichtung des Arbeitsvertrages Bl. 4 d. A.). Von der Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde er nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 01. September 1992 (Ablichtung Bl. 5 und 6 d. A.) ab 01. Februar 1992 als Handwerker (Maler) weiterbeschäftigt. Gemäß § 2 dieses Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BMT-G-O.

Mit Schreiben vom 10. November 1994, wegen dessen genauen Inhalts auf die Ablichtung (Bl. 8 d. A.) verwiesen wird, teilte die Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 und 12/92 – mit, daß für Beschäftigte, die „in einer im Westteil Berlins gelegenen Dienststelle tätig sind, das im Westteil Berlin gültige Tarifrecht anzuwenden” sei. Wörtlich heißt es sodann in dem Schreiben:

„Da Sie seit dem 01.11.1994 dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit Ihren Stammarbeitsplatz im Westteil Berlins haben, findet für sie ab diesem Zeitpunkt das Tarifrecht des BMT-G Anwendung.”

Mit Schreiben vom 28. Juni 1996 teilte die Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – 6 AZR 125/95 – u.a. mit:

„… Nun hat das BAG mit mehreren Urteilen entschieden, daß den auf Dauer im Westteil eingesetzten Mitarbeitern des Tarifgebietes Ost nach ihrer Rückkehr in den Ostteil nur noch Leistungen nach „Osttarifrecht” zustehen.

Wir müssen daher ab 01.07.1996 für Sie wieder das Tarifrecht BAT-O/BMT-G-O anwenden. …”

Wegen des vollständigen Wortlautes dieses Schreibens wird auf die Ablichtung (Bl. 15 d. A.) verwiesen.

Der Kläger untersteht der Bauabteilung der Beklagten, die sich im Stellingdamm im Ostteil Berlins befindet. Von dort erhält er seine Einsätze, die er als Maler im gesamten Stadtgebiet Berlin auszuführen hat. Die Einteilung für seinen Einsatzort erhält er jedenfalls teilweise telefonisch und nimmt dann seinen Dienst unmittelbar an der Baustelle auf, ohne die Räumlichkeiten der Bauabteilung zum Dienstbeginn aufzusuchen. In diesen Fällen meldet er sich dort morgens nur telefonisch. Die Stundenzettel des Klägers werden von der Bauabteilung im Stellingdamm gesammelt und von dort zur Abrechnung in die Hauptverwaltung der Beklagten in der Ringbahnstraße im Westteil Berlins weitergeleitet.

Der Kläger ist zuständig für Reparaturarbeiten an den Grundstücken der Beklagten in allen Stadtbezirken. Seine Einsätze und damit die Einsatzorte folgen dem nicht im vorhinein planbaren Reparaturbedarf. Hieran hat sich seit Beginn seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bis zum heutigen Tage nichts geändert.

In den Monaten Februar bis August 1996 war der Kläger wie folgt eingesetzt:

Februar:

15 Arbeitstage im Westteil, 1 Arbeitstag im Ostteil

März:

18 Arbeitstage im Westteil, 3 Arbeitstage im Ostteil

April:

10 Arbeitstage im Westteil, Resturlaub

Mai:

12 Arbeitstage im Westteil, 6 Arbeitstage im Ostteil

Juni:

4 Arbeitstage im Westteil, 16 Arbeitstage im Ostteil

Juli:

12 Arbeitstage im Westteil, 11 Arbeitstage im Ostteil

August:

19 Arbeitstage im Westteil, 2 Arbeitstage im Ostteil

Mit seiner am 19. Juli 1996 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß auf sein Arbeitsverhältnis auch über den 30. Juni 1996 hinaus der BMT-G- II anzuwenden sei. Er hat darauf verwiesen, daß er seine Arbeitsleistung überwiegend im Tarifgebiet West erbringe und zum anderen die Auffassung vertreten, es sei Aufgabe der Beklagten darzulegen, warum entgegen der Feststellung im Schreiben vom 10. November 1994 sein Stammarbeitsplatz nicht mehr im Westteil Berlins liegen solle, obgleich sich an seinem Aufgabengebiet und der Art der Einsätze seither nichts geändert h...

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