Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsirrtümliche Tarifanwendung. BMT-G-O/BMTG-II

 

Leitsatz (amtlich)

1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes, das im Beitrittsgebiet begründet worden ist, richtet sich nach Rückkehr in das Beitrittsgebiet nach vorübergehendem Einsatz im Westteil Berlins wieder nach dem BMT-G-O.

2) Werden nach der Rückkehr im Beitrittsgebiet von dem Arbeitgeber gleichwohl Leistungen nach dem BMT-G II (juris: BMT-G 2) irrtümlich weiterhin erbracht, kann sich der öffentliche Arbeitgeber von diesen übertariflichen Leistungen jederzeit lossagen, soweit einzelvertragliche Ansprüche nicht bestehen.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 23.04.1997; Aktenzeichen 21 Ca 47553/96)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. April 1997 – 21 Ca 47553/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die tarifgebundenen Parteien streiten über die Anwendung des zutreffenden Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit 1983 beschäftigt. Am 1. Juli 1991 wurde zwischen dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Land Berlin, und dem Kläger ein Arbeitsvertrag (Bl. 7 d.A.) geschlossen, wonach der Kläger ab dem 1. Juli 1991 als vollbeschäftigter Arbeiter weiterbeschäftigt wurde und sich das Beschäftigungsverhältnis nach dem BMT-G-O und den diesen ergänzenden und ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie nach dem für Arbeiter des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen bestimmte. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages erhielt der Kläger ab dem 1. Juli 1991 Tariflohn nach der Lohngruppe 6.

Bis zum 31. August 1995 war der Kläger ausschließlich im Osthafen tätig, wobei er offiziell Vertreter des Hafenmeisters in … und im Viktoriaspeicher war. In der Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. Januar 1996 war der Kläger als stellvertretender Hafenmeister im Bereich Viktoriaspeicher im Westteil Berlins beschäftigt. In diesem Zusammenhang teilte die Beklagte dem Kläger mit einem Schreiben vom 15. September 1995 (Bl. 8 d.A.) unter anderem mit, daß seine Bezahlung ab dem 1. September 1995 nach der Lohngruppe 6 a ZTV-BEHALA Nr. 2 zum BMT-G II erfolge. Ab dem 1. Februar 1996 war der Kläger zunächst wieder ausschließlich im Osthafen tätig; vereinzelt wurde er aber auch im Westteil Berlins eingesetzt. Hinsichtlich der Einsatzzeiten im Westteil Berlins im einzelnen wird auf eine Anlage zur Klageschrift (Bl. 10 d.A.) verwiesen. Auch nach dem 31. Januar 1996 wandte die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis des Klägers den BMT-G II an.

Mit einem Schreiben vom 12. Juni 1996 (Bl. 11/12 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger dann mit, daß nach dem sogenannten Feuerwehr-Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Oktober 1995 die Bezüge eines Mitarbeiters, dessen Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet worden sei und der in das Tarifgebiet West umgesetzt und dessen Bezüge nach dem Westtarif berechnet worden seien, nach einer Umsetzung in das Tarifgebiet Ost wieder gemäß dem Tarifwerk Ost zu berechnen seien. Ab Juli 1996 erhielt der Kläger nur noch eine Vergütung nach dem BMT-G-O. Die Vergütung für den Monat Juni 1996 war unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt worden. Mit einem Schreiben vom 15. Juli 1996 (Bl. 14/15 d.A.) forderte die Beklagte im Rahmen der tariflichen Ausschlußfristen die Differenz zwischen dem Tariflohn Ost und dem Tariflohn West für die Zeit von Februar bis einschließlich Mai 1996 zurück, um dem Kläger dann mit einem Schreiben vom 13. August 1996 (Bl. 16 d.A.) mitzuteilen, daß aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung von Überzahlungen für die Monate Februar bis einschließlich Mai 1996 abgesehen werde. Mit einem weiteren Schreiben vom 30. September 1996 (Bl. 18/19 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger unter anderem mit, daß sie ihn ab dem Zeitpunkt, als er wieder dauerhaft im Beitrittsgebiet tätig geworden sei, von der VBL abgemeldet habe.

Mit der am 5. Dezember 1996 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 16. Dezember 1996 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, daß er einen vertraglichen Anspruch darauf habe, nach den Bestimmungen des BMT-G II sowie den dazu zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen behandelt zu werden. Ihm sei anläßlich seiner offiziellen Rückumsetzung zugesichert worden, daß er die bisherige Vergütung und die Leistungen nach dem „Westtarif” behalte. Davon könne die Beklagte sich nicht einseitig lossagen. Er sei mit einer Umsetzung in das Tarifgebiet Ost nur einverstanden gewesen, weil er weiterhin unverändert nach dem Westtarifrecht habe bezahlt und behandelt werden sollen. Dies sei Grundlage der einverständlichen Umsetzung in den Osthafen gewesen. Unabhängig davon sei die Maßnahme schon deshalb unwirksam, weil der Personalrat bei der Umsetzung und Rückkehr nicht beteiligt worden sei.

Der K...

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