Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Bußgeldverfahren wird in deutscher Sprache geführt.
2. Der Betroffene wird im Bußgeldverfahren gem. § 55 OWiG gehört.
3. Beschlagnahme und Durchsuchung sind auch im Bußgeldverfahren zulässig.
4. Die Anwendung von Beweisverwertungsverboten kann im Bußgeldverfahren zweifelhaft sein.
5. Für die Einstellung des Bußgeldverfahrens gilt die Sondervorschrift des § 47 OWiG.
6. Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen wird jedoch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz i.d.R. zu verneinen sein.
7. Für die körperliche Untersuchung des Betroffenen ist gem. § 46 Abs. 4 S. 1 OWiG die Vorschrift des § 81a Abs. 1 S. 2 mit der Einschränkung anwendbar, dass nur die Entnahme von Blutproben und geringfügige Eingriffe zulässig sind. Für die Entnahme von Blutproben gilt die Regelung in § 46 Abs. 4 S. 2 OWiG.
8. Grds. können auch im Bußgeldverfahren Absprachen/Verständigungen getroffen werden/zustandekommen.
9. Das bußgeldrechtliche EV endet ggf. mit der Einstellung des Verfahrens.
10. Nach Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid schließt sich ein sog. Zwischenverfahren.
11. Das AG beraumt ggf. HV-Termin an. Es kann aber auch ohne HV durch Beschluss entscheiden.
12. Zur Vorbereitung der HV muss der Verteidiger, insbesondere in Verfahren wegen Verkehrs-OWi auf jeden Fall (noch einmal) AE beantragen.
 

Rdn 1600

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Allgemeines, Teil B Rdn 1559.

 

Rdn 1601

1. Das Bußgeldverfahren wird in deutscher Sprache geführt. Die für den Betroffenen bestimmten Schriftstücke, wie z.B. ein Anhörungsbogen, brauchen, wenn der Betroffene der deutschen Sprache nicht mächtig ist, nicht in seine Sprache übersetzt zu werden (Göhler/Seitz/Bauer, vor § 59 Rn 56 m.w.N.). Die Erklärungen des Betroffenen sind unbeachtlich, wenn sie in fremder Sprache abgegeben werden (BGHSt 30, 182 [für Revision]; BGH, Beschl. v. 22.1.2018 – 4 StR 506/17; vgl. aber EUGH NJW 2016, 303 und die RiLi 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren [abrufbar unter http://eurocrim.jura.uni-tuebingen.de/cms/des/doc/1431.pdf; → Übersetzung von Aktenbestandteilen, Teil U Rdn 4432).

 

Rdn 1602

Ob Art. 6 Abs. 3 MRK gilt, ist str. (m.E. zu Recht bejahend EGMR NStZ 1984, 269 [für Dolmetscherkosten]; verneinend Göhler/Seitz/Bauer, § 46 Rn 10a). Die in der Praxis wichtige Frage, ob der Betroffene im gerichtlichen Bußgeldverfahren ein Recht auf unentgeltliche Inanspruchnahme eines Dolmetschers hat, ist in Nr. 9005 Abs. 1 KV GKG dahin entschieden, dass die Kosten für einen Dolmetscher i.d.R. nicht erhoben werden. Wenn aber die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers nur in Ausnahmefällen erhoben werden dürfen, muss man daraus m.E. folgern, dass ein Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers besteht (wegen der Einzelh. s. Göhler/Gürtler/Thoma, vor § 105 Rn 34a; Meyer-Goßner/Schmitt, Art. 6 MRK Rn 23 m.w.N.; s.a. BGHSt 46, 178; → Zuziehung eines Dolmetschers im Ermittlungsverfahren, Teil Z Rdn 5478).

 

Rdn 1603

2. Der Betroffene wird im Bußgeldverfahren gem. § 55 OWiG gehört (dazu Burhoff/Gübner, OWi, Rn 332 ff.). Die Anhörung wird häufig mündlich vor Ort erfolgen.

 

Rdn 1604

§ 163a Abs. 1 ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird (wegen der Einzelh. Göhler/Gürtler/Thoma, § 55 Rn 1 ff.). Der Betroffene ist nach § 55 Abs. 2 S. 1 OWiG auch nur darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Der Betroffene muss nicht auch noch darauf hingewiesen werden, dass er auch schon vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann. Auch die Belehrungspflichten nach § 136 Abs. 1 S. 3 – 5 bestehen nach der ausdrücklichen Regelung in § 55 Abs. 2 S. 2 nicht. Der Betroffene muss also z.B. nicht darüber belehrt werden, dass die Möglichkeit besteht, zur Entlastung die Erhebung einzelner Beweise zu beantragen (s. aber Brüssow StraFo 1998, 395 f.; zu allem Burhoff/Gübner, OWi, Rn 424 ff.; zu den Belehrungspflichten → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Belehrungspflichten, Teil P Rdn 3734).

 

Rdn 1605

Wird der Betroffene zu einem Vernehmungstermin geladen, gelten hinsichtlich seiner Erscheinenspflicht die allgemeinen Regeln (dazu → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Anwesenheitsrechte, Teil P Rdn 3712; → Staatsanwaltschaftliche Vernehmung, Beschuldigter, Teil S Rdn 4133). Das gilt auch für die Vernehmung von Zeugen (→ Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 3832; → Staatsanwaltschaftliche Vernehmung, Zeugen, Teil S Rdn 4143).

 

Rdn 1606

3.a) Beschlagnahme und Durchsuchung sind auch im Bußgeldverfahren zulässig (wegen der Einzelh. Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 447 ff. [Beschlagnahme], Rn 834 ff. [Durchsuchung]; s.a. Göhler/Seitz/Bauer, vor § 59 Rn 66 ff. m.w.N.; → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 891, m.w.N.; → Durchsuchung, Allgemeines, Teil D Rdn 1741 f...

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