Das Wichtigste in Kürze:

1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass auch im Bußgeldverfahren grds. eine Pflichtverteidigung in Betracht kommt
2. Für die aus § 71 OWiG folgende Anwendung der Grundsätze des Strafbefehlsverfahrens gelten die Ausführungen zum Strafbefehlsverfahren entsprechend.
3. Grds. können auch im Bußgeldverfahren Absprachen/Verständigungen stattfinden.
4. Die HV des Bußgeldverfahrens endet mit der Einstellung des Verfahrens oder durch Urteil.
 

Rdn 1481

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Allgemeines, Teil B Rdn 1476.

 

Rdn 1482

1. Vorab: Auch im Bußgeldverfahren kommt grds. eine Pflichtverteidigung in Betracht. Es gelten die allgemeinen Regeln (vgl. § 60 OWiG; u.a. [allgemein/teilweise zu § 81a a.F. und zum alten Recht] OLG Bremen DAR 2009, 710; OLG Dresden VRR 2010, 403 [Ls.]; OLG Köln StV 2012, 455; LG Magdeburg, Beschl. v. 13.12.2019 – 28 Qs 39/19, zfs 2020, 294; offen gelassen von OLG Hamm StRR 2010, 266; LG Mainz StRR 2009, 307; verneint von LG Stuttgart zfs 2013, 233 m. abl. Anm. Burhoff VRR 2013, 232 = StRR 2013, 276 [Rotlichtverstoß mit einem Monat Fahrverbot]; zur Pflichtverteidigerbeiordnung im OWi-Verfahren i.Ü. Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 2977 ff.; Burhoff, EV, Rn 1593 ff.; Burhoff VA 2012, 24; Fromm NJW 2013, 2006; Krenberger zfs 2013, 69).

 

☆ Eine im Vorverfahren durch die Verwaltungsbehörde erfolgte Bestellung gilt nicht ohne weiteres im gerichtlichen Verfahren fort (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.11.2006 – Ss (B) 44/06 (57/06), NJW 2007, 309 zum alten Recht; Göhler/Seitz/Bauer , OWiG, § 60 Rn 35), da es soch um eine Bestellung durch die Verwaltungsbehörde handelt. Der Verteidiger muss also im gerichltichen Verfahren erneut seine Bestellung bzw. einen (klarstellenden) Beschluss beantragen, wonach die Bestellung aus dem Vorverfahren fortgilt (s.a. OLG Saarbrücken, a.a.O., zugleich auch zur ggf. erfolgten konkludenten Bestellung (zu den Pflichtverteidigungsfragen eingehend Burhoff , EV, Rn 3304 ff.).Vorverfahren durch die Verwaltungsbehörde erfolgte Bestellung gilt nicht ohne weiteres im gerichtlichen Verfahren fort (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.11.2006 – Ss (B) 44/06 (57/06), NJW 2007, 309 zum alten Recht; Göhler/Seitz/Bauer, OWiG, § 60 Rn 35), da es soch um eine Bestellung durch die Verwaltungsbehörde handelt. Der Verteidiger muss also im gerichltichen Verfahren erneut seine Bestellung bzw. einen (klarstellenden) Beschluss beantragen, wonach die Bestellung aus dem Vorverfahren fortgilt (s.a. OLG Saarbrücken, a.a.O., zugleich auch zur ggf. erfolgten konkludenten Bestellung (zu den Pflichtverteidigungsfragen eingehend Burhoff, EV, Rn 3304 ff.).

Die gerichtliche Bestellung gilt dann aber auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren (§ 143; → Revision, Pflichtverteidiger, Teil R Rdn 2826).

 

Rdn 1483

2. Für die aus § 71 OWiG folgende Anwendung der Grundsätze des Strafbefehlsverfahrens gelten die Ausführungen bei → Strafbefehlsverfahren, Teil S Rdn 2981, entsprechend. Auf Folgendes ist (nochmals) besonders hinzuweisen:

 

Rdn 1484

Das Gericht darf in seiner Entscheidung zum Nachteil des Betroffenen vom Bußgeldbescheid abweichen (s. § 411 Abs. 4). Nach § 81 OWiG kann es sogar zum Strafverfahren übergehen (wegen der Einzelh. Burhoff/Gübner, Rn 3738 ff.).
Es gelten für die Abweichung, insbesondere für die Frage, wann ein Hinweis des Gerichts erforderlich ist, die allgemeinen Regeln (wegen der Einzelh. Göhler/Seitz/Bauer, § 71 Rn 50 ff. m.w.N.; → Buß­geldverfahren, Besonderheiten, Vorbereitung/Gang der Hauptverhandlung, Teil B Rdn 1536; → Hinweis auf veränderte Sach-/Rechtslage, Teil H Rdn 2099).
Stellt sich erst in der HV heraus, dass der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid unzulässig ist, wird er vom Gericht gem. § 260 Abs. 3 i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG durch Urteil verworfen (BayObLG NJW 1962, 118).

Der Betroffene/sein Verteidiger können den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auch noch in der HV zurücknehmen, und zwar bis zum Beginn der → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3182, (vgl. § 411 Abs. 3 S. 1; wegen der Einzelh. Göhler/Seitz/Bauer, § 71 Rn 6 ff. m.w.N.; zur Einspruchsrücknahme Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 998 ff.).

 

☆ Grds. ist für die Rücknahme gem. § 303 i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG die Zustimmung der StA erforderlich. Nimmt diese – wie üblich – an der HV nicht teil, ist die Zustimmung nach § 75 Abs. 2 OWiG aber entbehrlich. Wird der Einspruch außerhalb der HV zurückgenommen, ist die Zustimmung der StA erforderlich (KG NZV 2011, 314 für Rücknahme durch Telefax vor Aufruf der Sache in einem Fortsetzungstermin nach unterbrochener HV). In diesen Fällen ist auch eine nachträgliche Zustimmung ausgeschlossen (KG, a.a.O.; zur Einspruchsrücknahme a. Burhoff/ Gieg/Krenberger , OWi, Rn 998).Zustimmung der StA erforderlich. Nimmt diese – wie üblich – an der HV nicht teil, ist die Zustimmung nach § 75 Abs. 2 OWiG aber entbehrlich. Wird der Einspruch außerhalb der HV zurückgenommen, ist die Zustimmung der StA erforderlich (KG NZV 2011, 314 für Rücknahme durch Telefax vor A...

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