Rdn 1192

 

Literaturhinweise:

Bandilla/Hassemer, Zur Abhängigkeit strafrichterlicher Beweiswürdigung vom Zeitpunkt der Zeugenvernehmung im Hauptverfahren, StV 1989, 551

Barton, Der Zeitpunkt des Beweisantrages unter Berücksichtigung des Inertia-Effektes, StraFo 1993, 11

Hammerstein, Kann die Reihenfolge der Beweiserhebung das Urteil beeinflussen?, in: Festschrift für Rudolf Schmitt, 1992, S. 323

Scheffler, Beweisanträge kurz vor oder während der Verkündung des Strafurteils, MDR 1993, 3

Schmid, Der späte Beweisantrag, StraFo 1993, 53

s.a. die Hinw. bei → Beweisantrag, Fristsetzung, Teil B Rdn 1137, und bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1185.

 

Rdn 1193

1.a) Nach der ausdrücklichen Regelung in § 246 Abs. 1 darf eine Beweiserhebung nicht (allein) deshalb abgelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache zu spät vorgebracht worden ist (dazu BVerfG NJW 2010, 592; s. aber die Nachw. zur teilweisen a.A. in der Rspr. des BGH für die Fälle der "Prozessverschleppung" bei → Beweisantrag, Ablehnungsgründe, Teil B Rdn 1015 ff.; →Beweisantrag, Fristsetzung, Teil B Rdn 1136 ff.). Änderungen sind auch durch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens v. 10.12.2019" (BGBl I, S. 2121) eingetreten. Denn nach § 244 Abs. 6 S. 2 müssen zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellte Anträge nicht gem. § 244 Abs. 6 S. 1 mit einem Gerichtsbeschluss auf der Grundlage der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 4 S. 3 S. 2 und 3, Abs. 4 beschieden werden (→ Beweisantrag, Ablehnungsbeschluss, Teil B Rdn 994). Das bedeutet:

 

Rdn 1194

b) Beweisanträge i.S. des § 244 Abs. 3 S. 1 sind bis zum Beginn der → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224, zulässig (st.Rspr.; vgl. zuletzt BGH NStZ 2005, 395; Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 33, jew. m.w.N.; Hamm/Pauly, Rn 229). Bis dahin ist das Gericht verpflichtet, sie entgegenzunehmen, und zwar auch, wenn es sich um einen sog. Verkündungstermin handelt (BGH, a.a.O.; KG StV 1991, 59). Daran hat sich durch die durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 eingeführte "Fristenregelung" in § 244 Abs. 6 S. 2 – 4 nichts geändert (BT-Drucks. 18/11277, S. 34; SSW-StPO-Sättele, § 244 Rn 129; Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 95; → Beweisantrag, Fristsetzung, Teil B Rdn 1136 ff.). Auch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens" v. 10.12.2019 (BGBl I, S. 2121) hat insoweit keine Änderungen gebracht.

 

☆ Lehnt der Vorsitzende die Entgegennahme des Beweisantrags ab , muss der Verteidiger nach § 238 Abs. 2 das Gericht anrufen (BGH NJW 1992, 3182), es sei denn, der Vorsitzende lässt den Verteidiger überhaupt nicht zu Wort kommen (BGH NStZ 1992, 248). der Vorsitzende die Entgegennahme des Beweisantrags ab, muss der Verteidiger nach § 238 Abs. 2 das Gericht anrufen (BGH NJW 1992, 3182), es sei denn, der Vorsitzende lässt den Verteidiger überhaupt nicht zu Wort kommen (BGH NStZ 1992, 248).

 

Rdn 1195

c) Ab Beginn der → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224, bis zum Schluss der mündlichen Begründung (BGHSt 25, 333, 335) liegt es im Ermessen des Vorsitzenden, dem Verteidiger oder dem Angeklagten (noch einmal) das Wort zu erteilen (BGH NStZ 1986, 182). Der Vorsitzende braucht seine ablehnende Entscheidung nicht zu begründen. Es ist allerdings nicht zulässig, den Verteidiger, der nach → Urteilsberatung, Teil U Rdn 3215, aber vor → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224, einen Beweisantrag stellen will, nicht zu Worte kommen zu lassen und ihn dadurch an der Stellung eines Antrags zu hindern. Entsprechendes gilt, wenn nach Unterbrechung der Verkündung mit dieser erneut und vollständig von vorne begonnen wird, nachdem dem Vorsitzenden zuvor die Stellung eines Beweisantrags angekündigt worden war (BGH, a.a.O.). Eine Ausnahme scheint der BGH dann machen zu wollen, wenn dem Verteidiger zuvor eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen gemacht worden ist. Darauf deutet der Hinweis auf die Entscheidung BGH NJW 2005, 2466 hin (vgl. BGH NStZ 2007, 112).

 

☆ Ob der Antrag nach § 238 Abs. 2 für die Revision erforderlich ist, ist zweifelhaft (abl. BGH MDR 1992, 635 [H]; zust. BGH NJW 1992, 3182 [Ls.]; zu allem eingehend Scheffler MDR 1993, 3). Wegen der ungeklärten Frage ist zu empfehlen , dass der Verteidiger gegen die ablehnende Entscheidung auf jeden Fall das Gericht anruft (→  Urteilsverkündung , Teil U Rdn  3224  f.).Antrag nach § 238 Abs. 2 für die Revision erforderlich ist, ist zweifelhaft (abl. BGH MDR 1992, 635 [H]; zust. BGH NJW 1992, 3182 [Ls.]; zu allem eingehend Scheffler MDR 1993, 3). Wegen der ungeklärten Frage ist zu empfehlen, dass der Verteidiger gegen die ablehnende Entscheidung auf jeden Fall das Gericht anruft (→ Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224 f.).

 

Rdn 1196

d) Wird die → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224, zur Entgegennahme eines Beweisantrags unterbrochen, liegt allein darin kein → Wiedereintritt in die Beweisaufnahme, Teil W Rdn 4061. Der Vorsitzende kann die Verkündung fortsetzen. Setzt er fort, braucht über den Beweisantrag nicht nach § ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge