Das Wichtigste in Kürze:

1. Für den Urkundenbeweis gelten zunächst die allgemeinen Regeln.
2. Die in den Strafakten befindlichen Urkunden sind ein präsentes Beweismittel. Für sie gilt aber § 245 Abs. 1.
3. Befindet sich die Urkunde, die verlesen werden soll, in einem Beweismittelordner, den das Gericht nicht benutzen will, oder in den Akten einer anderen Behörde, muss der Verteidiger einen vollständigen Beweisantrag stellen.
4. Eine besondere Regelung gilt für sog. Ausgangsdokumente I.S. des § 32e.
 

Rdn 1113

 

Literaturhinweise:

Weiß, Elektronische Dokumente in der Hauptverhandlung nach neuem Strafverfahrensrecht, wistra 2018, 245

s.a. die Hinw. bei → Beweisantrag Allgemeines, Teil B Rdn 1055, und bei → Urkundenbeweis, Allgemeines, Teil U Rdn 3162.

 

Rdn 1114

1.a) Wegen des allgemeinen Inhalts eines Beweisantrags auf Erhebung des Urkundenbeweises ist zunächst auf die allgemeinen Ausführungen bei → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1158, zu verweisen (eingehend a. Junker, Rn 89 ff. und Alsberg/Dallmeyer, Rn 426 ff.).

 

☆ Auch in einem Beweisantrag auf Einholung eines Urkundenbeweises muss nach der Legaldefinition in § 244 Abs. 3 S. 1 jetzt die Konnexität dargelegt werden (eingehend → Beweisantrag, Inhalt , Teil B Rdn  1177  ff.).Konnexität dargelegt werden (eingehend → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1177 ff.).

 

Rdn 1115

b) Für einen Urkundenbeweisantrag gelten darüber hinaus folgende Besonderheiten: Es ist zu unterscheiden, ob sich die Urkunde, die nach Ansicht des Verteidigers verlesen werden muss, in den Gerichtsakten befindet, von denen das Gericht Gebrauch machen will (Teil B Rdn 1116), oder ob sie sich z.B. in einem Beweismittelordner, den das Gericht nicht benutzen will, befindet (Teil B Rdn 1118). Ggf. geht es auch um die Verlesung eines sog. Ausgangsdokument (vgl. § 32e) (Teil B Rdn 1121 ff.).

 

☆ Die nachfolgenden Ausführungen gelten für die Verlesung eines elektronischen Dokuments i.S. des § 249 Abs. 1 entsprechend (s.a. Weiß wistra 2018, 245, 249, zum Begriff 256 f.).elektronischen Dokuments i.S. des § 249 Abs. 1 entsprechend (s.a. Weiß wistra 2018, 245, 249, zum Begriff 256 f.).

 

Rdn 1116

2.a) Die in den Strafakten befindlichen Urkunden sind ein → präsentes Beweismittel, Teil P Rdn 2468 (vgl. a. BGH, Beschl. v. 21.5.2015 – 4 StR 554/14). Sie unterliegen allerdings nicht der Regelung in § 245 Abs. 2, sondern der in § 245 Abs. 1 (KK-Krehl, § 245 Rn 10 ff. m.w.N.). Damit erstreckt sich die Beweiserhebungspflicht des Gerichts auf alle Urkunden, die bei Beginn der HV vorliegen, sofern das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es von ihnen Gebrauch machen will (BGHSt 37, 168, 171 ff.). Dazu reicht aber das bloße Vorhandensein der Urkunde an Gerichtsstelle oder ihre Bezeichnung als Beweismittel in der Anklageschrift allein nicht aus (KK-Krehl, § 244 Rn 13).

 

Rdn 1117

b) Will der Verteidiger erreichen, dass eine solche "präsente" Urkunde aus den Akten verlesen wird, muss er keinen Beweisantrag i.e.S. stellen. Er sollte allerdings durch einen Antrag (s. Teil B Rdn 1124) nach außen erkennbar machen, dass die Beweisaufnahme auf die Verwertung einer bestimmten Urkunde aus den Akten ausgedehnt werden soll (Meyer-Goßner/Schmitt, § 245 Rn 5 m.w.N.). In diesem Antrag muss die genaue Fundstelle der Urkunde bezeichnet werden. Die Angabe eines Beweisthemas wurde früher als nicht erforderlich angesehen, wird heute jedoch gefordert (Meyer-Goßner/Schmitt, § 245 Rn 5; a.A. KK-Krehl, § 245 Rn 13 f.; Beck-Michalke, S. 522 m.w.N. [sicherheitshalber]). Der Antrag ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Verteidiger die Urkunde schon vor der HV als Beweismittel zu den Akten gereicht hat (RGSt 41, 4, 13).

 

☆ Für andere Urkunden, die nicht in dem Sinne herbeigeschafft sind, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es ihnen Beweismittelqualität beimisst, ist ein Beweisantrag zu stellen (KK- Krehl , a.a.O.).nicht in dem Sinne "herbeigeschafft" sind, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es ihnen Beweismittelqualität beimisst, ist ein Beweisantrag zu stellen (KK-Krehl, a.a.O.).

 

Rdn 1118

3.a) Befindet sich die Urkunde, die verlesen werden soll, in einem Beweismittelordner, den das Gericht nicht benutzen will, oder in den Akten einer anderen Behörde, muss der Verteidiger einen vollständigen → Beweisantrag, Allgemeines, Teil B Rdn 1061, stellen, der ein Beweisthema enthalten und den Fundort genau bezeichnen muss (BGHSt 37, 168 ff.; Beck-Michalke, S. 522; a.A. wohl KK-Krehl, § 244 Rn 13; dazu Teil B Rdn 1120).

 

Rdn 1119

Nicht ausreichend zur Bezeichnung des Fundortes ist eine Formulierung wie: "… in den Akten des Ministeriums für …" o.Ä. Bei einem solchen Antrag würde es sich, da die Urkunde erst noch gesucht werden muss, um einen → Beweisermittlungsantrag, Teil B Rdn 1220, handeln. Der Verteidiger braucht die Fundstelle selbstverständlich dann nicht anzugeben, wenn er die zu verlesende Urkunde dem Gericht gleichzeitig mit seinem Verlesungsantrag "gebrauchsfähig" überreicht (Junker, Rn 92). Ansonsten muss er die Fundstelle in ...

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