Das Wichtigste in Kürze:

1. Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll.
2. Der Beweisantrag i.e.S. ist zu unterscheiden vom Beweisermittlungsantrag und von der (bloßen) Beweisanregung.
3. Der Verteidiger zielt mit einem Beweisantrag i.d.R. auf die Überzeugungsbildung des Gerichts.
4. Der Verteidiger kann einen Beweisantrag nach wie vor auch stellen, wenn er die von ihm behauptete Tatsache nur für möglich hält und deren Bestätigung erhofft. Allerdings ist Vorsicht geboten.
5. Der Beweisantrag sollte i.d.R. kein Mittel sein, den Abschluss des Verfahrens in angemessener Zeit zu verhindern.
 

Rdn 1055

 

Literaturhinweise:

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s.a. die Hinw. bei → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1158, bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1184, bei → Beweisermittlungsantrag, Teil B Rdn 1220, sowie bei → Verteidiger, Verteidigerhandeln und Strafrecht, Teil V Rdn 3799.

 

Rdn 1056

1.a) In der Vergangenheit war der Begriff des "Beweisantrags" in der StPO nicht legal definiert. Die Begriffsbestimmung war vielmehr der Rspr. überlassen (dazu st.Rspr.; vgl. u.a. BGHSt 1, 29 ff.; 6, 128; 30, 131; 39, 251, 253 f.; BGH NStZ 2007, 712; 2013, 476; 2014, 282). Das hat der Gesetzgeber durch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens v. 10.12.2019" (BGBl I, S. 2121) geändert und in § 244 Abs. 3 S. 1 den Begriff des Beweisantrags legal bestimmt. Übernommen worden ist hier in der Legaldefinition die (vornehmlich) in der Rspr. des BGH entwickelte Begriffsbestimmung. Danach war ein Beweisantrag durch das ernsthafte Verlangen des Antragstellers gekennzeichnet, Beweis über eine bestimmt behauptete, die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betreffende, konkret...

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