Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Beweisermittlungsantrag ist ein "Minus" gegenüber einem Beweisantrag.
2. Für den Beweisermittlungsantrag gilt § 257a, sodass das Gericht dem Verteidiger aufgeben kann, seinen Antrag schriftlich zu stellen.
3. Handelt es sich bei einem (Beweis-) Antrag um einen Beweisermittlungsantrag ist das Gericht grds. nicht verpflichtet, bei Ablehnung des Antrags diesen förmlich – gem. § 244 Abs. 6 mit Begründung – zu bescheiden.
4. Grds. kann der Verteidiger die Zurückweisung oder Nichtbescheidung eines Beweisermittlungsantrags revisionsrechtlich nicht überprüfen lassen.
5. Für die Abwägung, ob und wann der Verteidiger einen Beweisermittlungsantrag stellen soll, muss er die Vor- und Nachteile eines solchen Antrages beachten.
 

Rdn 1221

 

Literaturhinweise:

Cierniak/Niehaus, Beweisantrag im Verkehrsstraf- und Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht, DAR 2018, 181

Hadamitzky, Anträge auf Beweiserhebung in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, StraFo 2012, 297

Herdegen, Aufklärungspflichten – Beweisantragsrecht – Beweisantrag – Beweisermittlungsantrag, in: Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 207

Knauer, Anträge auf Beweiserhebungen in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, StraFo 2012, 473

Schulz, Die prozessuale Behandlung des Beweisermittlungsantrages, GA 1981, 310

ders., Zur Entscheidungskompetenz über Beweisermittlungsanträge, AnwBl. 1983, 429

Ventzke, "Warum stellen Sie denn keinen Beweisermittlungsantrag?" oder: Die revisionsrechtliche Aufklärungsrüge – ein beweisantragsrechtliches Problem, StV 2009, 655

s.a. die Hinw. bei → Beweisantrag, Allgemeines, Teil B Rdn 1055, und bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1185.

 

Rdn 1222

1.a) Der Beweisermittlungsantrag ist ein "Minus" gegenüber einem Beweisantrag (→ Beweisantrag, ­Allgemeines, Teil B Rdn 1061). Ihm fehlt i.d.R. die konkrete Angabe der Beweistatsache oder des Beweismittels, es kann aber auch die nach § 244 Abs. 3 S. 1 jetzt erforderliche Darlegung der Konnexität nicht ausreichend sein. Mit ihm äußert der Verteidiger lediglich den Wunsch, dass eine bestimmte Beweistatsache (erst noch) ein Beweismittelermittelt wird. Im Wesentlichen geht es um das Auffinden von geeigneten Verteidigungsmitteln (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 25; KK-Krehl, § 244 Rn 100; Alsberg/Dallmeyer, Rn 194 ff.; zur Abgrenzung von Beweis- und Beweisermittlungsantrag BGHSt 39, 251; 40, 3; BGH NJW 1993, 867; StV 2005, 115; BayObLG NJW 1996, 331 [für Antrag auf Vernehmung von 54 Zeugen]; Hamm/Pauly, Rn 63 ff.; Junker, Rn 52 ff.). In der Praxis werden Beweisermittlungsanträge häufig in Zusammenhang mit den sich aus den §§ 20, 21 StGB ergebenden Fragen gestellt. In der Rspr. wird häufig allerdings auch der "(Beweis-)Antrag", der nicht die für das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Beweisantrages erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (→ Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1179), als Beweisermittlungsantrag angesehen (zuletzt für fehlende Konnexität [nach altem Recht] BGH NStZ 2013, 476; 2014, 282; vgl. KK-Krehl, § 244 Rn 100; Alsberg/Dallmeyer, Rn 194 und die Beispiele bei Teil B Rdn 1223). Gemeint ist damit meist, dass bei einem solchen Antrag das Gericht nicht an die Ablehnungsgründe des § 244 gebunden ist (vgl. Teil B Rdn 1226).

 

☆ Um einen Beweisermittlungsantrag handelt es sich i.d.R., wenn der Antrag in der Hoffnung, dass die beantragten Nachforschungen zugunsten des Angeklagten sprechende Tatsachen ergeben werden, nur Vermutungen äußert (BGHSt 30, 131). I.d.R. wird bei der Formulierung des Antrags das Wort ob verwendet und meist beantragt zu ermitteln, ob eine bestimmte Vermutung zutrifft (vgl. a. ­ Michalke StV 1990, 184 ff. in der Anm. zu BGH StV 1990, 149; Hamm/Pauly , Rn 73; s.a. BGH NJW 1999, 2683, 2684 [bzgl. eines Antrags, der zur Aufklärung darüber zielte, ob es sich … überhaupt um Kokain handelte ]).Formulierung des Antrags das Wort "ob" verwendet und meist beantragt zu ermitteln, "ob" eine bestimmte Vermutung zutrifft (vgl. a. ­Michalke StV 1990, 184 ff. in der Anm. zu BGH StV 1990, 149; Hamm/Pauly, Rn 73; s.a. BGH NJW 1999, 2683, 2684 [bzgl. eines Antrags, der zur Aufklärung darüber zielte, "ob es sich … überhaupt um Kokain handelte"]).

 

Rdn 1223

b) Für einen Beweisermittlungsantrag bzw. die Qualifizierung eines (Beweis-) Antrags als Beweisermittlungsantrag folgende Rechtsprechungsbeispiele:

 

bejaht

genannt wird nur das Beweisziel (dazu BGH NStZ 2010, 586; 2011, 106; NStZ-RR 2010, 181; Beschl. v. 22.7.2015 – 2 StR 318/14; BayObLG NJW 1996, 331; OLG Hamm StRR 2009, 242 [Ls.; insoweit nicht in NJW 2008, 2358]; StRR 2010, 105; für → Augenscheinseinnahme, Teil A Rdn 435; allgemein → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1158),
die für einen (Zeugen)Beweisantrag erforderlich Konnexität ist nicht dargelegt ([zu alten Recht] BGH NStZ 2013, 476; 2014, 282; → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1177 ff.),
es wird eine große Zahl von Zeugen genannt (BGH NStZ 1983, 219 [Pf/M]; BayObLG, a.a.O.),
der Antrag wird "ins Blaue hinein" gestellt (u...

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