Das Wichtigste in Kürze:

1. An dieser Stelle werden nur die mit § 245 Abs. 2 zusammenhängenden Fragen der sog. Präsentation von Beweismitteln behandelt.
2. Die sog. "Präsentation" eines Beweismittels kann während der Beweisaufnahme für den Verteidiger von erheblicher Bedeutung sein, dass das Gericht nämlich einen auf ein präsentes Beweismittel gerichteten Beweisantrag nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen zurückweisen kann als einen Antrag auf Ausschöpfung eines Beweismittels, das vom Gericht erst noch geladen werden muss.
3. Das Gericht ist nur dann verpflichtet, die Beweisaufnahme auf die präsenten/herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken, wenn ein förmlicher und vollständiger Beweisantrag gestellt wird.
4. Handelt es sich bei der angestrebten Beweisaufnahme um einen Urkundenbeweis oder eine Augenscheinseinnahme muss der Verteidiger dem Gericht in der HV die Urkunde oder das Augenscheins­objekt überreichen.
5. Handelt es sich bei den präsenten Beweismitteln um Zeugen oder SV, ist das Gericht nur dann verpflichtet, diese präsentierten Beweismittel auszuschöpfen, wenn der Verteidiger/Angeklagte das förmliche Selbstladungsverfahren eingehalten hat.
6. Der Verteidiger muss dem Gericht und der StA die von ihm geladenen Zeugen und SV, die er in der HV präsentieren will, rechtzeitig namhaft machen.
 

Rdn 2469

 

Literaturhinweise:

Arnoldi, Präsente Beweismittel in der Praxis, NStZ 2018, 305

Bockemühl, Selbstladungsrecht — ein stiefmütterliches "Zwangsmittel" einer aktiven Verteidigung, in: Festschrift für Ottmar Breidling zum 70. Geburtstag, 2017, S. 31

Dallinger, Präsente Beweismittel (§ 245), MDR 1965, 965

Detter, Der von der Verteidigung geladene Sachverständige (Probleme des § 245 Abs. 2 StPO), in: Festschrift für Hanskarl Salger, 1995, S. 231

Fromm, Privatgutachten und Selbstladeverfahren im Straf- und Bußgeldverfahren, DAR 2019, 110

Hartwig, Die Selbstladung von Auslandszeugen, StV 1996, 625

Jessnitzer, Reformbedürftigkeit des § 220 Abs. 2 StPO, NJW 1974, 1311

Köhler, Das präsente Beweismittel nach dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1979, NJW 1979, 348

Marx, Die Verwertung präsenter Beweismittel nach neuem Recht, NJW 1981, 1425

Meyer, Wann können die von einem nicht verurteilten Angeklagten verauslagten Entschädigungen für unmittelbar geladene (§ 220 StPO) oder gestellte (§ 222 StPO) Beweispersonen im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 464b, 464a StPO zur Erstattung festgesetzt werden?, JurBüro 1984, 655

Pauka/Daners, Das Selbstladungsrecht des Angeklagten – eine Blume, die im Verborgenen blüht, StraFo 2015, 397

Rasch/Jungfer, Die Ladung des psychiatrisch-psychologischen Sachverständigen nach § 220 StPO – Ein Disput, StV 1999, 513

Rose, Die Ladung von Auslandszeugen im Strafprozeß, wistra 1998, 11

Wagner, Der Mißbrauch des Selbstladungsrechts durch den Angeklagten – KG JR 1971, 338

JuS 1972, 315

Waszczysnki, Die Ablehnung von Beweisanträgen nach § 245 Abs. 2 StPO und das Selbstladerecht des Angeklagten, ZJS 2010, 318

Widmaier, Zur Rechtsstellung des nach §§ 220, 38 StPO geladenen Sachverständigen, StV 1985, 526.

 

Rdn 2470

1. An dieser Stelle werden nur die mit § 245 Abs. 2 zusammenhängenden Fragen der sog. Präsentation von Beweismitteln behandelt. Die Fragen der Erstreckung der Beweisaufnahme auf die vom Gericht vorgeladenen und erschienenen Zeugen und SV nach § 245 Abs. 1, vornehmlich die des Verzichts, werden behandelt bei → Beweisverzicht, Teil B Rdn 1373.

 

☆ Hierbei geht es nicht um die Vernehmung eines anwesenden Beweismittels, sondern um die eines herbeigeschafften (vgl. Waszczysnki vgl. ZJS 2010, 318). Allein die Anwesenheit des Beweismittels verpflichtet das Gericht nämlich nicht seine Beweisaufnahme zu erstrecken. Vielmehr ist die vorherige Ladung der Person, der sie Folge geleistet hat, erforderlich. Im Folgenden soll aber dennoch entsprechend der allgemeinen Terminologie am Begriff des präsenten Beweismittels festgehalten werden."herbeigeschafften" (vgl. Waszczysnki vgl. ZJS 2010, 318). Allein die Anwesenheit des Beweismittels verpflichtet das Gericht nämlich nicht seine Beweisaufnahme zu erstrecken. Vielmehr ist die vorherige Ladung der Person, der sie Folge geleistet hat, erforderlich. Im Folgenden soll aber dennoch entsprechend der allgemeinen Terminologie am Begriff des "präsenten Beweismittels" festgehalten werden.

 

Rdn 2471

2.a) Die sog. "Präsentation" eines Beweismittels ist für den Angeklagten/Verteidiger ein wichtiges Verteidigungselement und kann während der Beweisaufnahme von erheblicher Bedeutung sein (s.a. Alsberg/Tsambikakis, Rn 1532 ff.; Pauka/Daners StraFo 2015, 397; Arnoldi NStZ 2018, 305), da das Recht aus § 245 Abs. 2 die Möglichkeit einräumt, eigene Beweismittel in das Verfahren einzuführen. In deren ­Ablehnung ist das Gericht eingeschränkt, da es nämlich einen auf ein präsentes Beweismittel gerichteten Beweisantrag nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen zurückweisen als einen Antrag auf Ausschöpfung eines Beweismittels, das vom Gericht erst noch geladen werden muss (§ 244). Die Z...

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