Rdn 853

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Berufung, Allgemeines, Teil B Rdn 640.

 

Rdn 854

1.a) Nach § 319 Abs. 1 muss das Gericht des ersten Rechtszuges, also das AG, die Berufung, wenn sie verspätet eingelegt worden ist, als unzulässig verwerfen. Die Vorschrift, die dem für die Revision geltenden § 346 entspricht, will Rechtmittel, deren Unzulässigkeit leicht festgestellt werden kann, vom Berufungsgericht fernhalten (KK-Paul, § 319 Rn 1; eingehend zur Verwerfung durch das AG Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 353 ff.). Der "iudex a quo" soll die einfach festzustellende Rechtzeitigkeit der Berufung prüfen und zunächst darüber entscheiden (BGHSt 40, 395; → Revision, Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts, Teil R Rdn 2672). Ob das AG, wenn verspätet Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist beantragt wird, noch zur Verwerfung der Berufung als unzulässig befugt ist, ist umstr. (abl. zuletzt OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2014, 254; bej. KG, Beschl. v. 1.2.2012 – 4 Ws 126/12, jew. m.w.N. aus Rspr. und Lit.). Zutreffend dürfte die Auffassung des OLG Frankfurt am Main (a.a.O.) sein (noch zur Revision BGH, Beschl. v. 18.12.2012 – 3 StR 461/12; Meyer-Goßner/Schmitt, § 346 Rn 16).

 

☆ In den Fällen, in denen der Verteidiger nicht sicher beurteilen kann, ob die Berufungsfrist (→  Berufung, Berufungsfrist , Teil B Rdn  704 ) tatsächlich versäumt ist oder nicht, sollte er i.V.m. dem Antrag auf Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 319 Abs. 2 sofort auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 44 ff. beantragen. Das ist zulässig ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 319 Rn 7 i.V.m. § 346 Rn 16; KK- Paul , § 319 Rn 12 f.; Beck- Michalke , S. 569).nicht sicher beurteilen kann, ob die Berufungsfrist (→ Berufung, Berufungsfrist, Teil B Rdn 704) tatsächlich versäumt ist oder nicht, sollte er i.V.m. dem Antrag auf Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 319 Abs. 2 sofort auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 44 ff. beantragen. Das ist zulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, § 319 Rn 7 i.V.m. § 346 Rn 16; KK-Paul, § 319 Rn 12 f.; Beck-Michalke, S. 569).

 

Rdn 855

b) § 319 Abs. 1 ist nur anwendbar, wenn die Berufungsfrist versäumt ist (→ Berufung, Berufungsfrist, Teil B Rdn 704). Führen andere Gründe zur Unzulässigkeit der Berufung, z.B. mangelnde Beschwer oder ein → Rechtsmittelverzicht, Teil R Rdn 2615, ist die Vorschrift nicht anwendbar (allg. Meinung; u.a. Meyer-Goßner/Schmitt, § 319 Rn 1; KK-Paul, § 319 Rn 2 m.w.N. zur n.v. Rspr. des BGH). § 319 Abs. 1 gilt auch nicht, wenn (nur) zweifelhaft ist, ob die Berufung rechtzeitig eingelegt ist (dazu → Berufung, ­Berufungsfrist, Teil B Rdn 704). Über die Zweifel hat dann das Berufungsgericht selbst zu entscheiden ­(Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).

 

☆ Verwirft der Amtsrichter die (rechtzeitig eingelegte) Berufung als unzulässig, weil sie nach seiner Auffassung nicht rechtzeitig eingelegt ist, obwohl sie tatsächlich nicht verspätet ist, ist dieser Beschluss nicht unwirksam. Der Verteidiger muss/kann dagegen vielmehr mit der einfachen →  Beschwerde , Teil B Rdn  907 , nach § 304 vorgehen (KK- Paul , § 319 Rn 2; Bloy JuS 1986, 585, 591).tatsächlich nicht verspätet ist, ist dieser Beschluss nicht unwirksam. Der Verteidiger muss/kann dagegen vielmehr mit der einfachen → Beschwerde, Teil B Rdn 907, nach § 304 vorgehen (KK-Paul, § 319 Rn 2; Bloy JuS 1986, 585, 591).

 

Rdn 856

2. Das AG muss durch Beschluss entscheiden, zu dem der Berufungsführer nicht, wohl aber gem. § 33 Abs. 2 die StA gehört wird. Der Beschluss muss begründet werden und ist dem Berufungsführer gem. § 35a mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Gem. § 319 Abs. 2 S. 3 ist in der RMB auf das Antragsrecht nach § 319 Abs. 2 S. 1 hinzuweisen.

 

3. Hinweise für den Verteidiger!

 

Rdn 857

a) Gegen die Entscheidung des AG steht dem Verteidiger nach § 319 Abs. 2 als Rechtsbehelf eigener Art der Antrag auf Entscheidung des Berufungsgerichts zu (vgl. a. → Revision, Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts, Teil R Rdn 2672). Durch diesen ist die → Beschwerde, Teil B Rdn 907, nach § 304 ausgeschlossen (LR-Gössel, § 319 Rn 10).

 

Rdn 858

aa) Für diesen Antrag gilt:

Der Antrag ist nach h.M. beim AG anzubringen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 319 Rn 3); Antragstellung unmittelbar beim Berufungsgericht reicht nicht. Der Amtsrichter kann dem Antrag nicht abhelfen, er muss die Akten nach § 319 Abs. 2 S. 2 an das Berufungsgericht senden.

Die Antragsfrist beträgt nach § 319 Abs. 2 S. 1 eine Woche. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem das AG die Berufung als unzulässig verworfen hat.

 

☆ Wird diese Frist versäumt , ist dagegen der Antrag auf →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , zulässig.Frist versäumt, ist dagegen der Antrag auf → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, zulässig.

Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. I.Ü. bedarf er aber keiner besonderen Form. Es empfiehlt sich jedoch, den Antrag zu begründen.
 

Rdn 859

b...

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