Zu entscheiden war nach Vorlage an die zuständige Strafkammer über die von Rechtsanwalt G. mit Schriftsatz eingelegte "Beschwerde" gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

Die Eingabe ist zwar als "Beschwerde" bezeichnet worden. Tatsächlich ist jedoch die Erinnerung statthaft. Denn gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG wird die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Gem. § 56 Abs. 1 RVG kann gegen diese Festsetzung dann zunächst Erinnerung eingelegt werden. Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist dann wiederum das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft, § 56 Abs. 2 S. 1 RVG. Die Beschwerde, über die dann das OLG zu entscheiden hat, ist demnach erst dann statthaft, wenn durch die zuständige Stelle abschließend und ablehnend über die Erinnerung entschieden worden ist. Zuständig für die Entscheidung über die Erinnerung ist nach § 55 Abs. 1 RVG der Richter (OLG Düsseldorf NJOZ 2005, 61; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., 2013, § 56 Rn 14), und zwar gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG der zuständige Einzelrichter. Zu einer solchen Entscheidung ist es im vorliegenden Verfahren – dem Rechtsbehelf gegen den Beschl. v. 4.7.2016 – bisher nicht gekommen.

Zunächst war im vorliegenden Fall ein erstes Verfahren abgeschlossen worden, und zwar das Verfahren der Erinnerung des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Dieser Erinnerung hatte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschl. v. 4.7.2016 vollständig abgeholfen, was im Verfahren der Erinnerung ohne Weiteres zulässig ist (Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., 2013, § 56 Rn 14). Diese Abhilfeentscheidung stellt sich für den Rechtsanwalt als ein ihn erstmalig belastender Festsetzungsbeschluss dar, denn in der Sache handelt es sich bei der Entscheidung v. 4.7.2016 um eine abgeänderte Festsetzung der Pflichtverteidigergebühr. Hiergegen ist nicht das Rechtsmittel der Beschwerde, sondern das der Erinnerung gegeben (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.2.2010 – 1 Ws 700/09 = BeckRS 2010, 20001; OLG Hamm, Beschl. v. 25.4.2014 – II-6 WF 111/14; OLG Köln, Beschl. v. 17.7.2009 – 4 WF 73/09).

Als eine solche – form- und fristgemäß eingelegte – Erinnerung war der Schriftsatz v. 8.7.2016 auszulegen, denn das eingelegte Rechtsmittel ist so zu deuten, dass der erstrebte Erfolg möglichst erreichbar ist (Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl., 2016, § 300 Rn 3).

Für die Entscheidung über die Erinnerung ist – soweit der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ihr nicht bereits abgeholfen hat – gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG die zuständige Strafkammer durch die Einzelrichterin zuständig.

Die demnach zulässige Erinnerung ist jedoch nicht begründet, denn über den vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle genannten Betrag hinaus steht Rechtsanwalt G. keine Pflichtverteidigervergütung zu.

Ihm steht für das Adhäsionsverfahren lediglich einmal die Gebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 4143 VV zu. Der hierfür maßgebliche Gegenstandswert beträgt 2.433.225,99 EUR, denn die beiden Gegenstandswerte der Adhäsionsklagen D. und J. waren zusammenzurechnen.

Maßgeblich für die Höhe der Gebühr für das Adhäsionsverfahren ist gem. § 49 RVG der Gegenstandswert. Dabei stellen § 15 Abs. 1 und 2 RVG klar, dass die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung umfassen und für jede Angelegenheit nur einmal anfallen. Vorliegend bildet die Verteidigung gegen die beiden Adhäsionsanträge eine einzige Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG. Dieselbe Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift liegt dann vor, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Dies richtet sich letztlich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insbesondere der Inhalt des ersten Auftrags maßgebend ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.2013 – III-1 Ws 416/13, BeckRS 2014, 01691 [= AGS 2014, 176]). Regelmäßig bildet die Tätigkeit des Verteidigers im Adhäsionsverfahren innerhalb derselben Instanz eines Strafverfahrens gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit, da dieses Verfahren einen "aus der Straftat" erwachsenen Anspruch betrifft. Dabei kommt es regelmäßig nicht darauf an, wie viele Adhäsionskläger im Adhäsionsverfahren auftreten und wie viele Ansprüche insoweit erhoben werden (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.2.2009 – 2 Ws 8/09, RVGreport 2009, 341 [= AGS 2009, 325]). Soweit dies – ohne Begründung – vereinzelt anders gesehen wird (KG, Beschl. v. 16.3.2009 – 1 Ws 11/09, RVGreport 2009, 302 [= AGS 2009, 484]), vermag sich das erkennende Gericht dem nicht anzuschließen.

Denn die beiden streitgegenständlichen Adhäsionsanträge waren auf den Lebenssachverhalt gestützt, der Gegenstand der Anklageschrift war. Dass es sich – schon deshalb, weil unterschiedliche Adhäsionskläger Ansprüc...

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