I. Mandant ist Schuldner aufgrund Miterbenstellung

 

Rz. 45

Wenn der Mandant aufgrund des Erbfalls und seiner Stellung als Miterbe Schuldner einer Forderung ist, so muss das Ziel der anwaltlichen Tätigkeit einerseits der Schutz des Nachlasses andererseits aber auf jeden Fall der Schutz des Eigenvermögens des Miterben sein (zu Einzelheiten siehe auch § 6 Rdn 50 ff.). Der Miterbe kann die Zwangsvollstreckung in das nicht zum Nachlass gehörende Vermögen nur dann verhindern, wenn die Beschränkung seiner Haftung im Urteil vorbehalten ist, § 780 ZPO (vgl. hierzu auch Rdn 25). Der Miterbe muss gem. § 785 ZPO die Beschränkung der Erbenhaftung in der Zwangsvollstreckung als Einwendung mit einer Zwangsvollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO geltend machen, andernfalls ist sie unbeachtlich, § 781 ZPO. Etwas anderes gilt nur dann, wenn im Urteil bereits in der Sache selbst über den Vorbehalt abschließend entschieden worden ist.[114] Hatte der Gläubiger bereits gegen den Erblasser ein Urteil erwirkt, so ist der Titel gem. § 727 ZPO auf die Miterben umzuschreiben. Dann ist bereits auf dem Titel vermerkt, dass sich die Zwangsvollstreckung gegen einen Erben richtet. Eines Haftungsbeschränkungsvorbehaltes gem. § 780 ZPO bedarf es daher nicht, um den Weg der Zwangsvollstreckungsgegenklage gem. §§ 781, 785, 767 ZPO zu eröffnen.[115] Wird durch den Gläubiger der Erbteil gepfändet kann die Erbengemeinschaft durch Herbeiführung der Nachlassverwaltung die Aufhebung der Pfändung bewirken, § 1975 BGB, §§ 780 Abs. 2, 781, 784, 785, 767 ZPO.[116]

[114] Das Prozessgericht kann sachlich entscheiden statt einen bloßen Vorbehalt aufzunehmen: BGH, Urt. v. 29.5.1964 – V ZR 47/62, NJW 1964, 2298, 2300 (obiter dictum).
[115] Krug, in: Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Af Erbrecht, § 11 Rn 485; gleichwohl ist ein Vorbehalt möglich; Formulierungsbeispiel für Vollstreckungsgegenklage: Krug/Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 274.
[116] Krug/Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 304.

II. Mandant ist Gläubiger einer Erbengemeinschaft oder eines Miterben

1. Überblick

 

Rz. 46

Ist der Mandant Gläubiger einer gegen eine Erbengemeinschaft gerichteten Forderung, muss das Ziel der anwaltlichen Tätigkeit sein, einerseits Zugriff auf den gesamten Nachlass zu erhalten, andererseits aber auch auf das Eigenvermögen der Miterben (zu Einzelheiten siehe auch § 6 Rdn 229 ff.).

 

Rz. 47

Für eine Zwangsvollstreckung in den ungeteilten Nachlass sind gem. § 747 ZPO alle Miterben gleichlautend zu verurteilen. Es muss ein Titel gegen alle Erben vorliegen. Über den Wortlaut des § 747 ZPO hinaus ("Urteil") sind auch sonstige Titel (Vollstreckungsbescheid, vollstreckbare Urkunde) ausreichend.[117] Es ist – weiter als § 747 ZPO normiert – nicht erforderlich, dass tatsächlich nur "ein" Titel vorliegt: Die Verurteilung muss nicht notwendig in einem Prozess erfolgen, sie kann auch in mehreren getrennten Verfahren erwirkt werden.[118] Es können auch mehrere Titel unterschiedlicher Art vorliegen.[119] Die übrigen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Klausel, Zustellung) müssen zum Zeitpunkt der Pfändung gegen alle Erben vorliegen.[120] Die Zwangsvollstreckung erfolgt durch Pfändung von Nachlassgegenständen oder Pfändung sämtlicher Miterbenanteile (Gesamthandvollstreckung).[121]

 

Rz. 48

Sind nur einzelne Miterben bekannt oder/und liegen nur Titel gegen einzelne Miterben vor, kann der Gläubiger nur gem. § 859 Abs. 2 ZPO vollstrecken (Gesamtschuldvollstreckung). Gegenstand der Pfändung ist der Erbteil als Inbegriff der Rechte und Pflichten des einzelnen Miterben am gesamten Nachlass[122] (im Einzelnen siehe Rdn 51; zur Pfändung des Anspruches auf Auskehr des Reinertrages siehe Rdn 59).

 

Rz. 49

Jeder Miterbe – auch der verurteilte –, der sich gegen eine Vollstreckung wehren will, da kein Titel gegen alle Miterben vorliegt, kann im Wege der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO oder der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO vorgehen.[123] Der nicht verurteilte Miterbe, gegen den vollstreckt wird, kann sich auch im Rahmen der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO wehren.[124]

 

Rz. 50

Sobald der Nachlass geteilt ist, sind Nachlassvermögen und Eigenvermögen der Erben grundsätzlich keine getrennten Vermögensmassen mehr und die Vollstreckung ist uneingeschränkt möglich. Haben die Miterben jedoch die Haftung auf den Nachlass beschränkt, bleibt es bei der Trennung der Vermögensmassen und den eben dargestellten Vollstreckungsmöglichkeiten.

[117] BGH, Urt. v. 5.12.1969 – V ZR 159/66, NJW 1970, 473 (obiter dictum); Zöller/Seibel, § 747 Rn 5.
[118] RG, Urt. v. 28.3.1908 – V 348/07, RGZ 68, 221, 222 f; OLG Hamm, Urt. v. 27.10.2016 – I-10 U 61/07, Rn 127, juris.
[120] Zöller/Seibel, § 747 Rn 5.
[121] Behr, ZAP Fach 14, S. 44.
[122] So bereits RG, Urt. v. 28.3.1908 – V 348/07, RGZ 68, 221, 222 f.
[123] Zöller/Seibel, § 747 Rn 8.
[124] Zöller/Seibel, § 747 Rn 8.

2. Anteil eines Miterben/Anspruch auf Auseinandersetzung

 

Rz. 51

Der Anspruch eins Miterben auf Auseinandersetzung ist für sich gesehen nicht pfändbar, würde aber ohnedies keinen Vermögenswert besitzen. Pfändbar ist jedoch gem. § 859 Abs. 2 ZPO der Anteil des Mite...

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