Rz. 8

In den §§ 85 ff. BGB n.F. werden mit Inkrafttreten der Reform erstmalig die Voraussetzungen und das Verfahren für Änderungen der Stiftungssatzung bundeseinheitlich und abschließend geregelt sein. Das ist eine wesentliche und vor allem besonders praxisrelevante Neuerung der Stiftungsrechtsreform. Nach dem Fall der Anerkennung einer rechtfähigen Stiftung sind spätere Satzungsänderungen ein häufiger, wenn nicht sogar der häufigste Fall eines stiftungsbehördlichen Verfahrens.

Im aktuellen Recht ist bundesrechtlich lediglich der Sonderfall einer Zweckänderung durch die Stiftungsbehörde in § 87 BGB explizit geregelt. Im Übrigen finden sich bisher in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen unterschiedliche Vorschriften zu Satzungsänderungen. Ein besonderes Beispiel ist § 5 StiftG-NRW:[1] Das StiftG-NRW unterscheidet bislang noch zwischen genehmigungsbedürftigen "wesentlichen" Satzungsänderungen und lediglich anzeigepflichtigen anderen Satzungsänderungen, "wenn hierdurch der Stiftungszweck oder die Organisation der Stiftung nicht wesentlich verändert wird."

Das ist eine Vorschrift, die in der Praxis mit dem zentralen, aber leider schwammigen Kriterium der "wesentlichen Änderung" nicht ganz leicht handhabbar ist (Rdn 10). Deshalb ist die anders gestaltete und zukünftig bundeseinheitliche Regelung grundsätzlich zu begrüßen.

 

Rz. 9

In den neuen Vorschriften des BGB finden sich zwar strukturell und inhaltlich einige Formulierungen, die aus den bisherigen Regelungen der Landesstiftungsgesetze sowie den von der Verwaltung und in der Fachliteratur entwickelten Maßgaben für Satzungsänderungen nicht völlig unbekannt sind. Das darf allerdings nicht dazu verleiten, unbesehen von einer faktischen Fortgeltung der bisherigen rechtlichen Voraussetzungen für Satzungsänderungen auszugehen. Tatsächlich wird mit der Reform einiges neu und anders geregelt.

 

Rz. 10

Hervorzuheben ist zunächst, dass nach § 85a Abs. 1 S. 2 BGB n.F. zukünftig ausnahmslos jede Satzungsänderung der Genehmigung durch die zuständige Landesstiftungsbehörde bedarf. Genehmigungsbedürftig sind also, anders als bisher in NRW (vgl. Rdn 8), nicht nur wesentliche Änderungen. In der Praxis erfolgte nach unseren Erfahrungen bisher bei vielen Satzungsänderungen eine zumindest vorsorgliche Abstimmung mit der Stiftungsbehörde.

Für die nicht geringe Zahl der Stiftungen in NRW stellt somit die Rechtslage ab dem 1.7.2023 eine spürbare Änderung dar: Einerseits wird hier mit dem dann generellen Genehmigungserfordernis die bislang rechtlich nicht trennscharfe Abgrenzung zwischen "wesentlichen" und "unwesentlichen" Satzungsänderungen obsolet. Das sollte grundsätzlich bei Stiftungsorganmitgliedern, denen man oftmals die hier erforderlichen Abgrenzungsfragen und das von der Stiftungsbehörde gesehene Abgrenzungsergebnis nicht leicht erklären konnte, für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Die neue Rechtslage ist indessen für die Praxis nicht nur positiv zu sehen, denn mit dem umfassenden Genehmigungserfordernis ist den Stiftungsorganen künftig die Möglichkeit der Argumentation genommen, dass im konkreten Fall von vornherein keine Genehmigungspflicht besteht. Dazu lässt sich künftig nicht mehr diskutieren.

 

Rz. 11

Unseres Erachtens bringt das neue Recht nicht wirklich den Vorteil größerer Klarheit. Nach neuem Recht dürften sich in der Praxis die "Diskussionsfälle" dahin verlagern, dass man sich über die Auslegung der Voraussetzungen für die jeweilige Satzungsänderung nach § 85 BGB n.F. auseinandersetzt und auch über die Frage "diskutiert", ob die Genehmigung bei deren Vorliegen – im Sinne einer Ermessensreduzierung "auf null" – von der Behörde zwingend erteilt werden muss.[2] Das alles dürfte vor allem für Rechtslaien, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen werden, nach wie vor nicht leicht zu verstehen sein.

[1] Siehe dazu etwa Schiffer/Pruns, in: Schiffer, Die Stiftung in der Beraterpraxis, § 4 Rn 57.
[2] Vgl. Beyer, ZStV 2021, 161, 166.

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