a) Bejahung eines gemeinschaftlichen Testaments

 

Rz. 21

Angenommen wurde ein gemeinschaftliches Testament,

wenn sich Ehegatten am gleichen Tag auf einem Papierbogen in räumlich getrennten, jeweils eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Verfügungen gegenseitig zu Erben einsetzen; zumal dann, wenn sie zwei Tage später in der Form des § 2267 BGB einen Schlusserben einsetzen.[41]
Ebenfalls, wenn sich Ehegatten in zwei getrennten, wortlautgleichen Verfügungen vom gleichen Tag unter Verwendung von "wir" und "uns" gegenseitig zu Erben einsetzen und eine Schlusserbeneinsetzung über den "beiderseitigen Nachlass" anordnen.[42]
Eine auf gesondertem Blatt enthaltene Beitrittserklärung ("Ich schließe mich dem Testament meines Mannes vom … voll und ganz an") kann als eigene letztwillige Verfügung des Beitretenden angesehen werden und die Gemeinschaftlichkeit begründen.[43]
Die gegenseitige Mitunterzeichnung ist i.d.R. Indiz für die Gemeinschaftlichkeit, wenn damit nicht ausnahmsweise nur die bloße Kenntnisnahme von der Verfügung des anderen ausgedrückt werden soll.[44]
Für ein gemeinschaftliches Testament ist es nicht ausreichend, dass Ehegatten in getrennten Urkunden am selben Tag und Ort im Wesentlichen inhaltsgleiche Verfügungen getroffen haben. Ein gemeinschaftliches Testament kann im Einzelfall vorliegen, wenn die Ehegatten sich in getrennten Urkunden jeweils zu Alleinerben einsetzen und in gemeinschaftlich abgefassten, mit "Zusatz zum Testament" und "Nachtrag zum Testament" bezeichneten Urkunden weitere Verfügungen treffen.[45]
[41] BayObLG FamRZ 1994, 191, 192.
[43] BayObLG NJW-RR 1993, 1157, 1158 = FamRZ 1994, 193.
[44] BayObLG FamRZ 1997, 1246 = ZEV 1997, 259, 260.
[45] OLG München ZErb 2008, 320 = NJW-Spezial 2008, 551 = ZEV 2008, 485.

b) Verneinung eines gemeinschaftlichen Testaments

 

Rz. 22

Die Annahme eines gemeinschaftlichen Testaments wurde verneint,

wenn in getrennten Urkunden am selben Tag und am selben Ort testiert wird, die Testamente sich im Wesentlichen gleichen und von den Ehegatten ausgetauscht werden, aber die Urkunde keinerlei Anhaltspunkte für die Gemeinschaftlichkeit enthält.[46]
wenn – trotz der enthaltenen Wendung "über unser gesamtes Hab und Gut" und trotz gemeinschaftlicher Verwahrung – Ehegatten sich in der "Ichform" auf gesonderten Blättern der gleichen Papiersorte, zeit- und wortlautgleich gegenseitig zu Erben einsetzen.[47]
wenn eine zeit- und wortlautgleiche sowie offenbar abgesprochene gegenseitige Erbeinsetzung in getrennten Urkunden erfolgt, aber weder die Pluralform noch das Wort "gemeinsam" benutzt wird und jede Bezugnahme fehlt.[48]
Am selben Ort in zeitlichem Abstand von knapp acht Wochen errichtete und nach Inhalt und Fassung in allen wesentlichen Punkten gleichende Urkunden, in denen "ich" und "mein gesamtes Vermögen" verwendet werden, stellen kein gemeinschaftliches Testament dar.[49]

Die zuvor behandelten formalen Anforderungen gelten auch für ein gemeinschaftliches Widerrufstestament.[50]

[46] BGHZ 9, 113, 117.
[47] BayObLG FamRZ 1991, 1485, 1486.
[48] BayObLG FamRZ 1993, 240, 241; KG FamRZ 2001, 794, 795 = ZEV 2001, 512, 513.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge