Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattentestament

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments in getrennten Urkunden wird allgemein für zulässig erachtet. In diesem Fall muß ein Wille der Ehegatten, gemeinsam letztwillig über ihren Nachlaß zu verfügen, im Inhalt der Urkunde und damit formgerecht zum Ausdruck kommen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Worte „wir” oder „gemeinsam” verwendet werden.

 

Normenkette

BGB §§ 2265, 2270

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 24.01.1994; Aktenzeichen 13 T 11511/93)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 181/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Januar 1994 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 4 hat den Beteiligten zu 1 bis 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 74 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 4 sind die gemeinschaftlichen Kinder der im Alter von 73 Jahren verstorbenen Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns. Die Ehegatten haben am 13.5.1972 in zwei getrennten Urkunden inhaltlich gleichlautende letztwillige Verfügungen errichtet. Die Erblasserin und ihr Ehemann haben jeweils eigenhändig den nachfolgenden Text niedergeschrieben und unterzeichnet:

Mein letzter Wille

Wir setzen uns hiermit gegenseitig als Alleinerben ein.

Nach dem Tode des letztlebenden von uns soll der beiderseitige Nachlass an unsere Kinder zu gleichen Teilen fallen. Demgemäss ist der Überlebende von uns alleiniger Erbe des Erstversterbenden, während unsere Kinder für den gesamten Nachlass als Erben des zuletzt versterbenden Elternteiles eingesetzt sind.

Soweit Kinder dann nicht mehr am Leben sein sollten, treten ihre Abkömmlinge an ihre Stelle.

Wer von unseren Abkömmlingen mit diesem Testament nicht zufrieden ist u. beim Tod des erstversterbenden Elternteiles den Pflichtteil verlangt, erhält auch hinsichtlich des Nachlasses des Letztversterbenden nur den Pflichtteil.

N., den 13. Mai 1972

Der Ehemann der Erblasserin ist im Jahr 1987 verstorben. Bei der Nachlaßverhandlung vom 15.5.1987 waren die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 anwesend; die Beteiligten zu 1, 3 und 4 wurden aufgrund vorliegender Vollmacht von der Erblasserin vertreten. In der Niederschrift ist vermerkt: Schlußerbeneinsetzung ist erfolgt. Das Testament enthält weiter eine Klausel für den Fall, daß ein Abkömmling beim Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil beansprucht. Beglaubigte Kopien der Niederschrift und des Testaments wurden der Witwe zugeleitet. Am 12.8.1988 schrieb der Beteiligte zu 4 an seine Mutter:

Liebe Mam,

wie anlässlich meines letzten Besuches mit Dir besprochen, bitte ich Dich um mein mir zustehendes Erbteil.

Da wir, wie Du weißt, nach Australien auswandern werden, benötige ich jetzt alle mir verfügbaren Mittel.

Da ich meine finanzielle Lage der australischen Botschaft darlegen muß, wäre es vorteilhaft, wenn ich bald die etwaige Größenordnung dieses Erbteiles erfahren könnte.

Ich hoffe, Du verstehst meine Situation.

Am 25.8.1988 schrieb der Steuerberater der Erblasserin an den Beteiligten zu 4, er habe im Auftrag seiner Mutter das Nachlaßverzeichnis nach dem Ableben seines Vaters erstellt und sei von ihr gebeten worden, sich über die Abwicklung des Pflichtteilsanspruchs mit dem Beteiligten zu 4 in Verbindung zu setzen. Dem in der Anlage übersandten Nachlaßverzeichnis zufolge betrage das Reinvermögen 234 512 DM. Der Pflichtteil von 1/16 des Nachlasses entspreche einem Geldanspruch von 14 657 DM. Die Mutter wäre bereit, dem Beteiligten zu 4 diesen Betrag zur Verfügung zu stellen. Das Schreiben fährt fort:

Nachdem ich den wirtschaftlichen Teil in dieser Angelegenheit bearbeite, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich dieserhalb mit mir in Verbindung setzen würden.

Soweit mir in Erinnerung ist, bestand zwischen den Ehegatten … eine Vereinbarung, daß ein Kind aus der Erbfolge nach dem Ableben des letztversterbenden Ehegatten ausscheidet, wenn dieses Kind beim Vorableben eines Ehegatten den Pflichtteil beantragt.

Ich bitte zu bedenken, ob Sie heute den Pflichtteilsanspruch aus dem Nachlaß Ihres Vaters an Ihre Frau Mutter aufrecht erhalten und das Risiko eingehen, aus der Erbfolge nach dem Ableben von Frau … (Erblasserin) als gleichberechtigter Erbe neben Ihren Geschwistern … (Beteiligte zu 1 bis 3) ausscheiden. Selbstverständlich muß an dieser Stelle bereits vorgetragen werden, daß Ihre Frau Mutter zum heutigen Tag nicht bereit ist, sich erbvertraglich zu einer solchen Regelung durchzuringen.

Ihre Frau Mutter hat mich auch bevollmächtigt über diesen Fragenkomplex mit Ihnen zu diskutieren.

Am 2.11.1988 überwies die Erblasserin den Betrag von 14 657 DM mit der Verwendungsangabe „Erbteil” an den Beteiligten zu 4. Dieser unterzeichnete am 15.11.1988 eine Erklärung, wonach er am 3.11.1988 den Pflichtteil aus dem Erbe seines Vaters über 14 657 DM erhalten habe.

Die Erblasserin schloß a...

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