Rz. 7

Als Unwirksamkeitsgründe sind zu nennen:

formal unwirksame Testamente.[6] Beispiele: das maschinengeschriebene Testament, aber auch "Oberschrift" oder "Mittelschrift" statt Unterschrift,[7] das gefälschte "eigenhändige" Testament,[8] die Erblasserin diktiert, die Ordensschwester schreibt (für die Erblasserin) "eigenhändig" nieder;
Sittenwidrigkeit. Beispiel: Verstoß gegen §§ 138, 242 BGB aufgrund letztwillig verfügter Ebenbürtigkeitsklausel;[9] notarielles Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin;[10]

Unwirksamkeit des Testamentes wegen Verstoßes gegen eingetretene Bindungswirkung eines vorangegangenen gemeinschaftlichen Testamentes oder Erbvertrages (§§ 2270 Abs. 2, 2289 BGB);

 

Beispiel

Die Ehegatten haben bei der Geburt des ersten Kindes ein gemeinschaftliches Ehegattentestament verfasst. Der Ehemann verstirbt früh. 40 Jahre später testiert die Witwe neu zugunsten einer ihr aufopferungsvoll pflegenden dritten Person. Bei der Befragung durch den Notar kann sich die Witwe an das vorangegangene gemeinschaftliche Testament nicht mehr erinnern. Die neue Testierung ist unwirksam (§ 2270 Abs. 2 BGB, bei Ehevertrag nach § 2289 BGB).[11]

Ablauf der Gültigkeitsdauer eines Nottestamentes. Nottestamente[12] haben nur vorläufigen Charakter. Daher tritt rückwirkend in drei Monaten nach ihrer Errichtung die Unwirksamkeit ein, wenn der Erblasser dann noch lebt und er mittlerweile wieder imstande wäre, ein Testament vor einem Notar zu errichten.

Unwirksamkeit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung aufgrund Kollision mit handels- oder gesellschaftsrechtlichen Vorschriften;

 

Beispiel

Ein Einzelkaufmann haftet grundsätzlich unbeschränkt mit seinem gesamten privaten Vermögen (vgl. §§ 22, 25, 27, 128, 130 HGB). Würde eine Testamentsvollstreckung bei Fortführung eines solchen Unternehmens Verbindlichkeiten für die Erben begründen, würde es sich nach § 2206 BGB um Nachlassverbindlichkeiten in der Form der sogenannten Nachlassverwaltungsschulden handeln. Für solche Nachlassverbindlichkeiten könnten die Erben aber nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen ihre Haftung beschränken (§§ 1967, 1973 ff., 1980, 1990 BGB) und somit die Haftung mit ihrem Privatvermögen ausschließen. Diese Haftungsbeschränkung kann der Testamentsvollstrecker nicht verhindern. Er selbst kann aber für diese Verbindlichkeiten auch nicht persönlich haftbar gemacht werden. Damit bestünde die Möglichkeit für den Erblasser, durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung in seinen einzelkaufmännischen Betrieb ein Unternehmen mit beschränkter Haftung zu schaffen, und zwar außerhalb des numerus clausus der Handelsgesellschaften. Wegen des Vorrangs des Handelsrechts vor dem Erbrecht (vgl. Art. 2 EGHGB) ist dies nicht zulässig.[13] Bei Testamentsvollstreckung über einzelkaufmännische Unternehmen muss daher über geeignete Ersatzlösungen nachgedacht werden.

 

Rz. 8

 

Gestaltungshinweis

Gerade der letzte Punkt zeigt, dass die Anordnung einer Testamentsvollstreckung immer mit einer eingehenden Prüfung und ggf. Umgestaltung des vorhandenen Nachlasses einhergehen muss, um nicht unbeabsichtigt unwirksam zu werden. Testamentsvollstreckung ist daher ohne ein begleitendes Estate Planning – jedenfalls in anspruchsvolleren Fällen – nicht denkbar.

Testierunfähigkeit des Erblassers. Beispiele: Krankheitsbedingte Testierunfähigkeit, Alkoholerkrankung des Erblassers;[14]
Altersbedingte Testierunfähigkeit. Beispiele: Alzheimer Krankheit, Demenzerkrankungen.[15]
[6] Zur Frage, ob digitale Testamente wirksam sind, siehe Hergenröder, ZEV 2018, 7, a.A. Scholz, ErbR 2019, 617.
[7] Instruktiv BayObLG, Beschl. v. 29.7.2004 – 1 Z BR 39/02f.
[8] BayObLG, Beschl. v. 27.4.2004 – 1 Z BR 21/04; BayObLG, Beschl. v. 22.6.2004 – 1 Z BR 33/04. Entgegen mancher Auffassung ist die Zahl nachgewiesener Fälschungen handschriftlicher Testamente in der Praxis sehr gering. Allerdings dürfte eine hohe Dunkelziffer bestehen, seitdem die Rechtsprechung dazu übergegangen ist, auch Kopien von Testamenten als Nachweis für die – vormalige – rechtswirksame Errichtung zuzulassen. Bei Kopien ist eine Authentizitätsprüfung durch Sachverständige ungleich schwieriger als bei Originalen.
[9] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.8.2004 – 1 BvR 2248/01 ("Hohenzollern-Entscheidung").
[11] Hier lauert eine häufig übersehene Gefahr. Der Notar prüft in aller Regel nicht die Richtigkeit der Aussage des Erblassers, sondern nimmt sie wie vom Testierenden geäußert in die Urkunde auf.
[12] Vgl. §§ 22492252 BGB.
[13] Vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89; weiterführend Staudinger/Reimann, § 2205 Rn 89 ff.
[15] Instruktiv: Zimmer, NJW 2007, 1713. Die übliche in notariellen Verfügungen enthaltene Klausel, der beurkundende Notar habe sich von der Testierfähigkeit überzeugt, hilft in der Praxis nicht weiter, vgl. OLG Hamm, Urt. v. 13.7.2017 – I-10 U 76/16.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge