Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsfolgen des einseitigen Widerrufs der Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament

 

Leitsatz (amtlich)

1) Ein Ehegatte kann den Widerruf seiner in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen letztwilligen Verfügungen gegenüber dem mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung der Vermögensangelegenheiten bestellten Betreuer seines Ehegatten erklären.

2) Die Wechselbezüglichkeit der in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen letztwilligen Verfügungen steht regelmäßig der Annahme entgegen, der von einem Widerruf der Verfügungen des anderen betroffene Ehegatte habe seine eigenen Verfügungen hypothetisch auch für diesen Fall fortgelten lassen wollen.

 

Normenkette

BGB § 2270 Abs. 1, § 2271 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Olpe (Aktenzeichen 4 VI 375/12)

 

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 43.750 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Erblasserin war verheiratet mit dem am... vorverstorbenen X. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Die Beteiligte zu 2) ist die Schwester der Erblasserin. Die Beteiligten zu 3) ist deren Nichte. Die Beteiligten zu 1) und 4) sind Cousin und Cousine 2. Grades der Erblasserin. Bei den Beteiligten zu 5) und 6) handelt es sich um ein langjährig mit der Erblasserin und deren Ehemann befreundetes Ehepaar. Die Beteiligte zu 7) ist die Tochter der Beteiligten zu 5) und 6) sowie das Patenkind der Erblasserin. Der Beteiligte zu 8) ist Ehemann der Beteiligten zu 7).

Die Erblasserin und ihr Ehemann errichteten am 1.12.1970 vor dem Notar T in Olpe unter der UR-Nr. 341/1970 ein gemeinschaftliches Ehegattentestament, mit welchem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten. Als Schlusserben bedachten sie eventuell geborene Kinder oder eventuell angenommene Adoptivkinder und ersatzweise den Beteiligten zu 1) und die Beteiligte zu 4), und zwar mit der Maßgabe, dass der Überlebende die Schlusserbfolge auch anderweitig sollte bestimmen können.

Zur Niederschrift des Notars H in Olpe errichteten die Eheleute am 19.4.2004 unter der UR-Nr. 296/2004 ein weiteres Testament, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"§ 1

Widerruf

Alle Verfügungen von Todes wegen, die wir bisher errichtet haben, widerrufen wir hiermit.

§ 2 Erbeinsetzung

1. Wir, die Erschienenen zu eins und zwei, setzen uns gegenseitig, zu alleinigen und unbeschränkten Erben ein.

2. Jeder von uns beruft, sowohl für den Fall, dass er der Längstlebende von uns ist, als auch für den Fall, dass wir gleichzeitig oder kurz hintereinander aus gleichem Anlas versterben, zu seinen Erben die nachgenannten Personen zu gleichen Teilen, somit zu jeweils 1/8 Anteil:

a) Frau I, geb. T1, wohnhaft ...

b) Frau S, geb. I, wohnhaft ...

c) Herr X4, wohnhaft ...

d) Frau H, geb. X4, wohnhaft ...

e) Frau X5, geb. W, wohnhaft ...

f) Herr X7, wohnhaft ...

g) Frau X6, geb. X5, wohnhaft ...

h) Herr X3, wohnhaft ...

3. Sollte einer der vorgenannten unter a) - h) genannten Erben vor dem Längstlebenden von uns versterben, so bestimmen wir als Ersatzerben für diese dessen/deren ehelichen Abkömmlinge zu gleichen Teilen. Sollte einer der unter a) - h) genannten Erben kinderlos vorversterben, so soll dessen/deren Anteil den verbleibenden Erben zu gleichen Teilen anwachsen.

§ 3

Auflagen

Gemäß unserem gemeinsamen Beschluss wollen wir jeweils nach dem Tod verbrannt und anschließend mit einer Seebestattung beigesetzt werden. Der/die Erben haben in Abstimmung mit dem unten benannten Testamentsvollstrecker dafür Sorge zu tragen, dass unser vorgenannter Wille durchgeführt wird.

§ 4

Testamentsvollstreckung

Wir ordnen Testamentsvollstreckung an und zwar nach dem Tode des Längstlebenden von uns. Zum Testamentsvollstrecker benennen wir Herrn X7,... Sollte dieser vorversterben, das Amt nicht annehmen oder anderweitig ausfallen, so benennen wir zur Ersatztestamentsvollstreckerin dessen Ehefrau X5,...

Der Testamentsvollstrecker bzw. die Testamentsvollstreckerin hat die Aufgabe, für die Abwicklung des gesamten Nachlasses zu sorgen, insbesondere den Sterbefall vollständig abzuwickeln, die Wohnungsauflösung vorzunehmen, unseren Grundbesitz und unsere Wertpapiere und beweglichen Gegenstände zu veräußern, alle Nachlassverbindlichkeiten auszugleichen und den verbleibenden Überschuss gemäß der angeordneten Erbfolge an die Erben auszuzahlen. Dazu ist der Testamentsvollstrecker bzw. die Testamentsvollstreckerin berechtigt, alle notwendigen Grundbucherklärungen vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen und für den entsprechenden Verkauf Sorge zu tragen. Der/die Testamentsvollstrecker/in soll somit die gesamte Erbabwicklung übernehmen und entsprechend bis zur Auszahlung des Überschusses vollständig abwickeln. Der/die Testamentsvollstreckerin erhält für die Durchführung der übertragenen Aufgaben eine einmalige Vergütung i.H.v. 4 % des zum Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Gesamtvermögens. Außerdem erhält der/die Testamentsvollstrecker/in eine Fahrtkostenerstattung i.H.v. 0,30 EUR pro km für jeden im Rahmen der Abwicklung...

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