Leitsatz (amtlich)

Überprüfung der Beweiswürdigung des LG hinsichtlich der Echtheit eines eigenhändigen Testaments bei sich widersprechenden Schriftgutachten.

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 10.02.2004; Aktenzeichen 4 T 231/04)

AG Neu-Ulm (Aktenzeichen VI 97/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des LG Memmingen vom 10.2.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 3) hat die den Beteiligten zu 1) und 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 8.818,59 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der im Alter von 63 Jahren am 16.3.2003 verstorbene Erblasser war geschieden. Aus seiner Ehe stammt eine Tochter, die Beteiligte zu 1). Die Beteiligte zu 2) ist seine Stieftochter. Die Beteiligte zu 3) ist seine Lebensgefährtin, mit der er in seinem Wohnanwesen in B. zusammenlebte. Der Erblasser war Reisegewerbekaufmann für Leder-, Pelz- und Textilwaren. Der Reinnachlass hat einen Wert von 51.743,01 DM.

Die Beteiligte zu 3 hat ein mit der Unterschrift des Erblassers versehenes handschriftliches Testament vom 30.12.2002 abgeliefert, in dem die Beteiligten zu 1) bis 3) jeweils zu 1/3 zu Erben eingesetzt sind. Außerdem enthält die Urkunde neben der Unterschrift des Erblassers die des Zeugen Georg S. und dessen handschriftlich hinzugefügte Adresse. Unter Bezugnahme auf den Inhalt dieses Testaments beantragte die Beteiligte zu 3), einen Erbschein zu erteilen, der sie und die Beteiligten zu 1) und 2) als Miterben zu je 1/3 ausweist. Die Beteiligte zu 1) erhob Einwendungen gegen die Echtheit des Testaments und beantragte einen Erbschein, der sie auf Grund gesetzlicher Erbfolge als Alleinerbin des Erblassers anführt.

Das Nachlassgericht holte ein Schriftsachverständigengutachten ein, das zu dem Ergebnis kam, der Testamentstext sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht vom Erblasser hergestellt worden, allerdings stamme mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Unterschrift von ihm. Das Nachlassgericht hörte die Beteiligten an und vernahm die Zeugen S. und K.; außerdem holte es eine ergänzende Stellungnahme des Schriftsachverständigen zu Einwendungen der Beteiligten zu 3) ein. Mit Vorbescheid vom 19.12.2003 kündigte das Nachlassgericht einen Alleinerbschein zu Gunsten der Beteiligten zu 1) an. Hiergegen legte die Beteiligte zu 3) unter Vorlage eines Privatgutachtens Beschwerde ein. In diesem war ausgeführt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Testamentstext und Unterschrift vom selben Urheber stammten und zwischen dem Testamentstext und einem Teil der Vergleichsproben Urheberidentität bestünde.

Das LG wies mit Beschluss vom 10.2.2004 die Beschwerde der Beteiligten zu 3) zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3), mit der sie ein weiteres Privatgutachten vom 10.3.2004 vorlegte, das auf Grund weiterer Vergleichsschriften zu dem Ergebnis kommt, die Urheberschaft des Erblassers sei wahrscheinlicher als die einer anderen Person. Das Nachlassgericht hat am 5.3.2004 den im Vorbescheid angekündigten Erbschein zu Gunsten der Beteiligten zu 1) erteilt.

II. 1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die zwischenzeitliche Erteilung des Erbscheins an die Beteiligte zu 1) hat das Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 3) nicht entfallen lassen. Ihr Vorbringen ist nunmehr dahin aufzufassen, dass sie mit der weiteren Beschwerde das Ziel verfolgt, den erteilten Erbschein einzuziehen (BayObLG NJW-RR 1990, 1481; Winkler in Keidel, FGG, 15. Aufl., § 84 Rz. 4).

Das Privatgutachten vom 10.3.2004, auf das sich die Beteiligte zu 3) zur Begründung der weiteren Beschwerde stützt, kann nicht berücksichtigt werden. Neue Tatsachen und Beweismittel können vom Gericht der weiteren Beschwerde gem. § 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO nicht berücksichtigt werden, da es nur nachzuprüfen hat, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht; dabei ist es an die verfahrensfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts gebunden (BayObLGZ 1984, 184 [191 f.]; Meyer-Holz in Keidel, FGG, § 27 Rz. 42). Der Umstand, dass die weitere Beschwerde insoweit keine berücksichtigungsfähige Begründung enthält, ist aber für ihre Zulässigkeit unschädlich. Es genügt, das sie den Willen zur Nachprüfung durch die Rechtsbeschwerdeinstanz zum Ausdruck bringt. Dann ist die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung vom Gericht der weiteren Beschwerde von Amts wegen sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in sachlich rechtlicher Hinsicht zu prüfen (BayObLGZ 1972, 29 [37]; Meyer/Holz in Keidel, FGG, § 27 Rz. 4).

2. Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Das LG hat Bezug nehmend auf die Entscheidung des Nachlassgerichtes ausgeführt, dass auf Grund des eingeholten Schriftsachverständigengutachtens davon auszugehen sei, dass das Testament vom 30.12.2002 gefälscht sei und - wie im Vorbescheid angekündigt - gesetzliche Erbfolge durch die Beteiligte zu 1...

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