I. Abgrenzung

 

Rz. 9

Die Abgrenzung des Ehevertrages von anderen Verträgen ist wichtig, weil für bestimmte Eheverträge die Formvorschrift des § 1410 BGB gilt.

 

Rz. 10

Insoweit kann man zunächst zwischen Eheverträgen i.S.d. § 1410 BGB und anderen Verträgen unterscheiden oder zwischen Eheverträgen im engeren oder im weiteren Sinn (zur Abgrenzung siehe § 1 Rdn 2 ff.).

 

Rz. 11

Diese Unterscheidung ist auch deshalb von Bedeutung, weil der Begriff des Ehevertrages häufig verwendet wird, ohne sich dieses Problems bewusst zu sein. Das ist zwar nicht lege artis, aber nicht weiter schlimm, wenn der Fachanwalt, falls es darauf ankommt, den Unterschied erkennt und danach berät und handelt.

 

Rz. 12

Für Eheverträge gelten über die allgemeinen Vorschriften hinaus weitere Bestimmungen.

II. Vorsorgender Ehevertrag (§§ 1408, 1410 BGB)

 

Rz. 13

Auch ein Ehevertrag, der bereits vor der Eheschließung oder aber auch während der Ehe geschlossen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. Dies gilt

für Vorverträge
für den ersten Abschluss
für nachträgliche Änderungen. Nachträgliche Änderungen sind bei Verstoß für sich gesehen nichtig und können bei zeitlichem Zusammenhang zum Ursprungsvertrag zur Gesamtnichtigkeit beider Vereinbarungen führen[3]
für die Aufhebung des Vertrags.[4]
 

Rz. 14

§ 1410 BGB bestimmt, dass bei der Urkundsverhandlung des Notars beide Ehegatten gleichzeitig anwesend sein müssen und verbietet damit die Sukzessivbeurkundung, wie sie nach der allgemeineren Vorschrift des § 128 BGB möglich ist (dies gilt nicht für Vereinbarungen nach § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB siehe Rdn 22 ff.

 

Rz. 15

Allerdings ist eine Vertretung, selbst durch den anderen Ehegatten, zulässig.[5] Diese Auffassung begegnet angesichts der Warnfunktion der notariellen Beurkundung (mit Belehrung) Bedenken. Diese Bedenken werden besonders deutlich, wenn sich beide Ehegatten vertreten lassen.

 

Rz. 16

Wird ein Ehegatte vertreten, unterliegt seine Vertretungsvollmacht nicht dem Beurkundungszwang. Der Vollmacht liegt ein Auftragsvertrag zugrunde, der zwar nach § 671 BGB jederzeit widerruflich[6] und nicht beurkundungsbedürftig ist.[7] Der Bundesgerichtshof wendet hier § 167 Abs. 2 an; die widerruflich erteilte Vollmacht zum Abschluss eines Ehevertrages bedürfe grundsätzlich keiner notariellen Beurkundung.[8] Auch diese Auffassung bedarf einer kritischen Überprüfung, denn der Vertretene liefert sich, so der Bundesgerichtshof selbst, dem Vertreter in unüberschaubarer Weise aus.

 

Rz. 17

Dies ist hoch problematisch, denn das Formerfordernis wird mit seiner Warnfunktion zwar vom Vertreter gewahrt, in dessen Person es aber seinen Zweck nicht erfüllt, weil das Rechtsgeschäft überhaupt nicht gegen ihn wirkt. Konsequent müssten dann sogar zwei Vertreter an der Urkundsverhandlung teilnehmen können, etwa Notariatsangestellte. Richtigerweise müsste, wie von den Autoren Vollkommer[9] vertreten, § 167 Abs. 2 im Wege der teleologischen Reduktion nicht auf die Vollmacht zum Abschluss eines Ehevertrags anwendbar sein.

 

Rz. 18

Hat sich der Vollmacht Erteilende die Genehmigung des Vertrages vorbehalten, unterliegt seine Genehmigung ebenfalls nicht dem Beurkundungszwang (§ 182 Abs. 2 BGB).

Die Vertretungsvollmacht muss eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB enthalten[10] (siehe § 8 Rdn 43). Dies sollte bei der Beratung bedacht werden.

 

Rz. 19

Muster 6.1: Vollmacht für Ehevertrag

 

Muster 6.1: Vollmacht für Ehevertrag

Ich, F, erteile M die jederzeit widerrufliche Vollmacht, bei Notar XY in meinem Namen den dieser Vollmacht als Anlage im Entwurf beigeschlossenen Ehevertrag für mich, F, mit ihm, M, abzuschließen.

Diese Vollmacht gilt bis zum _________________________.

M wird von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Der notarielle Ehevertrag soll nur unter der Voraussetzung wirksam werden, dass ich ihn bis zum _________________________ schriftlich genehmige, wobei die Genehmigung bis dahin bei M eingegangen sein muss.

 

Rz. 20

Im Zusammenhang mit einer grundsätzlich möglichen Vertretung und Genehmigung ist darauf zu achten, dass der Ehevertrag nicht andere Punkte regelt, die ihrerseits für eine Vertretung oder Genehmigung die Beurkundung vorschreiben. Dies gilt insbesondere für letztwillige Verfügungen (§§ 2064, 2274, 2347 BGB) und Grundstücksgeschäfte (§ 29 GBO).

 

Rz. 21

Inhaltlich gilt § 1408 BGB insgesamt für die Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse, nicht nur für die Aufhebung oder Änderung des Güterstands ("insbesondere").

[5] Palandt/Brudermüller, § 1410 Rn 5.
[6] BGH DNotZ 1966, 92, 95.
[9] Vollkommer/Vollkommer, JZ 1999, 239; vgl. auch Einsele, NJW 1998, 1206.
[10] RGZ 79, 282, 283.

III. Vereinbarungen zum Zugewinn bzw. Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB)

 

Rz. 22

§ 1378 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB ist eine äußerst wichtige und – unter Einbeziehung der ergangenen Rechtsprechung – auf den ersten Blick nicht leicht verständliche Vorschrift.

Sie betrifft nicht den Güterstand der Zugewinngemeinschaft an sich, welcher einer vertraglichen Regelung ohnehin zugänglich ist (§§ 1408, 1410 BGB), sondern nur den Zugewinnau...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge