Rz. 22

§ 1378 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB ist eine äußerst wichtige und – unter Einbeziehung der ergangenen Rechtsprechung – auf den ersten Blick nicht leicht verständliche Vorschrift.

Sie betrifft nicht den Güterstand der Zugewinngemeinschaft an sich, welcher einer vertraglichen Regelung ohnehin zugänglich ist (§§ 1408, 1410 BGB), sondern nur den Zugewinnausgleich, also die Zugewinnausgleichsforderung, die gem. § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB (erst) mit der Beendigung des Güterstands entsteht, nämlich mit der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses. Dies darf nicht mit dem Berechnungszeitpunkt verwechselt werden (Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, § 1384 BGB).

 

Rz. 23

Die Vorschrift gilt also auch für Vereinbarungen, die nach Verkündung des Scheidungsbeschlusses, aber noch vor Eintritt der Rechtskraft getroffen werden.[11]

 

Rz. 24

Beispiele aus dem Anwendungsbereich mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit sind

die Verpflichtung zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs
der Erlass der Zugewinnausgleichsforderung (Achtung: Schenkungssteuer prüfen/prüfen lassen![12])
die Beteiligung eines Ehegatten am Verkaufserlös eines im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehenden Gegenstandes i.V.m. der Erklärung, dass das weitere Vermögen zum Zugewinnausgleich rechne[13]
überhaupt Regelungen, die sich auf Bestand, Höhe, Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Zugewinnausgleichsforderung beziehen
die Herausnahme einzelner Gegenstände aus dem Zugewinnausgleich (kommt häufig vor)
die von § 1384 BGB abweichende Bestimmung des Berechnungszeitpunkts[14]
Regelungen über die Art der Ausgleichszahlungen (Geld- oder Sachleistungen), Fälligkeit, Stundung, Sicherheitsleistung.[15]
 

Rz. 25

 

Beispielsfall aus der Praxis des Verfassers

Der Mandant war ursprünglich nicht anwaltlich vertreten. Trotz erheblichen Drucks des Gegenanwalts ließ er sich nach der Trennung, aber noch vor dem Scheidungsantrag, nicht zu einer nachteiligen Regelung überreden.

Darauf riet der Gegenanwalt, es selbst einmal zu versuchen. Die Ehefrau brachte den Mandanten dann dazu, Folgendes zu unterschreiben:

"Der Ehemann zahlt an die Ehefrau am (…) (…) EUR zum Vermögensausgleich. Der Hausrat ist geteilt, dafür muss er weitere 1.000 EUR nicht zahlen, die bis dahin verlangt worden waren. Ausgleichsansprüche aus Bargeld, Sparbüchern oder sonstigen Konten werden vom Zugewinnausgleich ausgenommen."

Ergebnis

Die Herausnahme des Bargelds und der Konten aus dem Zugewinnausgleich – nichts anderes besagt die Regelung – verstößt gegen § 1378 Abs. 3 Satz 2, so später auch das Amtsgericht.

 

Rz. 26

Rechtsgeschäfte über die Zugewinnausgleichsforderung (Beispiel: Abtretung der Forderung des M gegen F durch M an X) sind nach § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB ohne Beurkundung grundsätzlich unwirksam.

Dies gilt sowohl für Verpflichtungs- wie für Verfügungsgeschäfte.[16]

 

Rz. 27

Es gilt sowohl – und vornehmlich – für Rechtsgeschäfte unter Einbeziehung Dritter als auch grundsätzlich für Ehegatten untereinander.[17] Ob letzteres auch für Eheverträge gilt, – so wohl der Bundesgerichtshof – ist streitig bzw. zumindest ungeklärt,[18] wird vom BGH aber ohnehin einschränkend beurteilt und soll z.B. nicht für eine Vereinbarung gelten, die das Betriebsvermögen vom Zugewinnausgleich ausschließt.[19]

 

Rz. 28

Zudem gilt für Ehegatten gegenüber § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB die Ausnahmevorschrift des § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB. Wird eine einschlägige Vereinbarung zwischen Ehegatten notariell beurkundet oder gerichtlich protokolliert, ist sie wirksam.

 

Rz. 29

§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB gilt nach seinem Wortlaut ausschließlich für Vereinbarungen, die Ehegatten während eines Verfahrens schließen, welches auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, insbesondere also während eines Scheidungsverfahrens. Hiernach wären Vereinbarungen jedenfalls unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt wirksam, wenn sie vor Rechtshängigkeit geschlossen werden.

 

Rz. 30

Der Bundesgerichtshof dehnt den Anwendungsbereich jedoch auf solche Vereinbarungen aus.[20]

Bei einer Vereinbarung zwischen Ehegatten gem. § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB ist eine Sukzessivbeurkundung möglich, da nicht die Spezialvorschrift des § 1410 BGB, sondern die allgemeine Vorschrift des § 128 BGB gilt.

[11] AG Viechtach FamRZ 1991, 570.
[12] Palandt/Brudermüller, § 1378 Rn 11.
[13] Palandt/Brudermüller, § 1378 Rn 14.
[14] BGH FamRZ 1997, 800.
[15] Müller, Lothar, Beratung und Vertragsgestaltung im Familienrecht, 2010, Rn 63.
[16] BGH FamRZ 1983, 160.
[17] BGH FamRZ 1983, 157.
[18] Vgl. Palandt/Brudermüller, § 1378 Rn 12.
[19] BGH FamRZ 1997, 800.
[20] BGH FamRZ 1983, 157.

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