Rz. 2

Ausgehend davon,

dass § 1408 Abs. 1 BGB die Legaldefinition des Ehevertrages enthält und
es gleichwohl anderweitige Eheverträge mit anderem Regelungsgehalt gibt,

wird allgemein angenommen, dass zwischen dem güterrechtlichen Ehevertrag als gesetzlicher Begriffsvorgabe einerseits und dem funktional erweiterten Ehevertrag andererseits zu unterscheiden ist.[1]

 

Rz. 3

Diese Auffassung bedarf heute einer kritischen Überprüfung (dazu unten Rdn 22 ff. 80), nachdem § 1408 Abs. 2 BGB "den" Ehevertrag in gleicher Weise für den Versorgungsausgleich bezeichnet wie Abs. 1 für güterrechtliche Regelungen und der Bundesgerichtshof von der Inhalts- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen spricht,[2] was aber gerade güterrechtliche Vereinbarungen nicht oder nur in seltenen Ausnahmefällen betrifft.[3]

 

Rz. 4

Die herrschende Meinung des legal definierten Ehevertrags einerseits und des funktional erweiterten andererseits nimmt den Schwung dieser funktionalen Erweiterung über die außergüterrechtlichen Ehewirkungen hinaus mit und bezieht Scheidungsfolgen mit ein und sogar schuld-, sachen-, erb und gesellschaftsrechtliche Regelungen, letztere z.B. im Zusammenhang mit dem sog. Nebengüterrecht (konkludente Ehegatteninnengesellschaft, ehebezogene Zuwendung, familienrechtlicher Kooperationsvertrag, siehe § 9 Rdn 369). Dies mit dem Argument, verbindende Klammer sei die vom Gesetz gewährte Regelungsbefugnis.[4] Abgesehen davon, dass dieses Argument durchaus zu hinterfragen wäre – die Regelungsbefugnis zum Nebengüterrecht lässt sich nur aus Art. 2, aber nicht aus Art. 6 herleiten, weil sich Mann und Frau eben nicht als solche und im Rahmen des Familienrechts, sondern als Gesellschafter im Rahmen des besonderen Schuldrechts gegenüber stehen – betreffen die Scheidungsfolgen die Ehe nicht mehr, sondern gerade die Folgen des Umstands, dass die Ehe in dem Zeitpunkt, ab welchem die Vereinbarung wirkt, soeben geendet hat, also seit einer juristischen Sekunde nicht mehr existiert.

[1] Langenfeld/Milzer, § 1 ff.
[2] Vgl. etwa BGH FamRZ 2008, 386.
[3] Fälle der Funktionsäquivalenz von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich.
[4] Langenfeld/Milzer, § 1 Rn 9.

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