Rz. 369

Hier geht es insbesondere um Ansprüche wegen ehebezogener Zuwendung sowie aus konkludenter Ehegatteninnengesellschaft und familienrechtlichem Kooperationsvertrag.[199]

 

Rz. 370

 

Praxistipp

Die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen derartiger Ansprüche sind teils mangels vorhandener, teils dürftiger gesetzlicher Vorgaben sehr kompliziert und oft nur durch die Kenntnis der umfangreichen Rechtsprechung aufspürbar.

Literaturempfehlung

Allgemein:

Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, AnwaltVerlag 2008 (Diss.)

Für Rechtsanwälte (mit umfangreichen Rechtsprechungsregistern und Schriftsatzmustern):

Herr, Nebengüterrecht, Beck 2013 (Reihe NJW Praxis, früher NJW-Schriftenreihe)

Für Notare:

Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, insbes. § 6, Beck 2016, mit Mustertexten

 

Rz. 371

Übersicht über die nebengüterrechtlichen Ansprüche:

(die folgende Darstellung ist dem Werk "Nebengüterrecht" des Verfassers entnommen.[200]

Konkludente Ehegatteninnengesellschaft und familienrechtlicher Vertrag sui generis sind jeweils verpflichtende Kausalgeschäfte, in deren Erfüllung es zu Transferleistungen zugunsten des anderen Ehegatten kommt; der familienrechtliche Vertrag sui generis ist ein lediglich einseitig verpflichtendes Kausalgeschäft.[201]
Diese Transferleistungen sind Gegenstand der Rückforderungs- bzw. Ausgleichsansprüche bei Trennung und Scheidung.
Diese Ansprüche sind immer schuldrechtlicher Natur und auf eine Geldzahlung gerichtet. Lediglich beim familienrechtlichen Zuwendungsvertrag gibt es enge Ausnahmen im Hinblick auf eine dingliche Rückübereignung.
Im Falle der Innengesellschaft ergibt sich der Ausgleichsanspruch aus §§ 730, 722 BGB, beim familienrechtlichen Vertrag sui generis aus § 313 Abs. 1 BGB.
Der familienrechtliche Vertrag sui generis erscheint in zwei Ausprägungen. Im Falle eines Vermögenstransfers sprechen wir von einer ehebezogenen Zuwendung, bei Arbeitsleistungen vom familienrechtlichen Vertrag sui generis. Es gibt Mischformen.
Die Verträge kommen durch schlüssiges Verhalten zustande. Dies gilt auch bei der ehebezogenen Zuwendung im Falle der Bezeichnung als "Schenkung", weil diese Bezeichnung bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen zwar eine ausdrückliche, aber meistens sachlich und rechtlich falsch ist.
Wesentlich ist die subjektive Seite.
Objektiv erfolgt in allen Fällen ein Vollrechtserwerb zugunsten des anderen Ehegatten (rechtliches Alleineigentum).
Bei der Innengesellschaft gehen die Ehegatten von fortbestehendem Eigentum unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus (wirtschaftliches Miteigentum).
Beim familienrechtlichen Vertrag sui generis kommt es im Fall der Trennung darauf an, ob der Fortbestand der durch den Leistungstransfer geschaffenen Vermögenslage für den benachteiligten Ehegatten unzumutbar ist und dieser sich auf § 313 Abs. 1 BGB berufen kann.
Da die fraglichen Vorgänge in der Vergangenheit liegen und mit der Vorstellung der Ehegatten innere Vorgänge betroffen sind, ergeben sich im Streitfall enorme Beweisprobleme. Diese sind im Rahmen einer reichhaltigen Kasuistik einer strukturierten Lösung zugeführt worden, wobei es um Indizien und Fallgruppen geht.
Außerdem gibt es wichtige Abgrenzungsprobleme.
Zur Terminologie ist darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnungen "konkludente Ehegatteninnengesellschaft", "ehebezogene Zuwendung" und "familienrechtlicher Kooperationsvertrag" in dieser Form schlagwortartig und somit auf derselben Begriffsebene verwendet werden, auch in diesem Werk.
Bei genauer Betrachtung ist dieser Sprachgebrauch nicht richtig. "Konkludente Ehegatteninnengesellschaft" bezeichnet – bereits verkürzt – das Rechtsgeschäft, "ehebezogene Zuwendung" den Gegenstand eines Rechtsgeschäfts, nicht aber dieses selbst, und "familienrechtlicher Kooperationsvertrag" wiederum ein Rechtsgeschäft, jedoch den Unterfall eines anderen Rechtsgeschäfts, des familienrechtlichen Vertrags sui generis, der in seinen beiden Ausprägungen "Zuwendung" und "Kooperation" vorkommt.
 

Rz. 372

Folgende Grafik veranschaulicht das Verhältnis der Anspruchsgrundlagen untereinander und deren Verhältnis zum Zugewinnausgleich:[202]

 

Rz. 373

Hierbei ist der nebengüterrechtliche Ausgleich ein selektiver Ausschnitt des Zugewinnausgleichs und bleibt in der Regel hinter diesem zurück:

 

Rz. 374

Für das anwaltliche Auffinden der Anspruchsgrundlage kann wie folgt abgeprüft werden:[203]

 

Rz. 375

Von besonderer, ja herausragender Bedeutung gerade für die ehevertragliche Gestaltungspraxis ist der Bedingungszusammenhang zwischen Inhalts- und Ausübungskontrolle einer- und der Vertragsgestaltung andererseits: in den meisten Fällen gelangt das Nebengüterrecht überhaupt erst zur Anwendung, weil ein Zugewinnausgleich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht beansprucht werden kann. Der klassische Fall ist derjenige der Gütertrennung. Ist ein Ehevertrag nicht kontrollfest und "kippt" eine Gütertrennungsklausel allein (das wird nach derzeitiger Rechtsprechung nu...

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