Rz. 78

Nach jeweiliger Abgrenzung im Sinne der vorstehend erörterten Fragen schält sich Folgendes heraus:

 

Rz. 79

 

Rz. 80

 

Praxistipp

Ehevertrag ist somit ein zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Mann und Frau, welches im Hinblick auf deren bestehende oder künftige Ehe ordnungsrechtliche Rechtsbeziehungen gestaltet oder neue Rechtsbeziehungen begründet. Welche Rechtsvorschriften jeweils anzuwenden sind, richtet sich nach dem individuellen Regelungsgehalt.

Ehevertrag ist auch ein Vertrag, welcher Regelungen für die Trennungszeit beinhaltet.
Scheidungsfolgenverträge sind keine Eheverträge.

Diese "moderne" Ehevertragsauffassung entspricht nicht der herrschenden Theorie, wird aber z.B. auch von Horndasch vertreten.[38] Sie vereinfacht die Handhabung, verschlankt die Nomenklatur und befreit die juristische Rhetorik von Unterscheidungen, die heute nicht mehr benötigt werden und materiell auch zu verschiedenen Ergebnissen führen.

Die Auffassung, § 1408 Abs. 1 BGB enthalte die Legaldefinition des Ehevertrags sowie Unterscheidungen wie zwischen gesetzlichem güterrechtlichem Ehevertrag einerseits und funktional erweitertem andererseits, zwischen generellem Ehevertrag einerseits und speziellem andererseits können nicht gewinnbringend nutzbar gemacht werden. Sie sind nicht mehr von erheblicher praktischer Bedeutung.

 

Rz. 81

Dass Trennungsverträge Eheverträge sind, folgt daraus, dass sie sich zeitlich auf die – wenngleich gescheiterte Ehe – beziehen. Dies erhellt zusätzlich der Umstand, dass sie im Falle einer Versöhnung von selbst für die – dann wieder intakte – Ehe Geltung behalten, sofern nichts anderes vereinbart ist.

 

Rz. 82

Scheidungsfolgenverträge regeln gerade nicht die Ehe, sondern die Zeit nach der Ehe und sind deshalb keine Eheverträge.

 

Rz. 83

Eine falsche Bezeichnung des Vertragswerkes ist unschädlich.

 

Rz. 84

Muster 1.1: Notarieller Vertrag während des Scheidungsverfahrens

 

Muster 1.1: Notarieller Vertrag während des Scheidungsverfahrens

"Ehevertrag"

"M und F verzichten für die Zeit ab der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses wechselseitig auf Unterhalt und nehmen den Verzicht gegenseitig an."

Dies ist kein Ehe-, sondern ein Scheidungsfolgenvertrag. Er ist dennoch wirksam, denn er wahrt die in § 1585c BGB vorgeschriebene Form.

[38] Horndasch, FuR 2016, 154: "ein rein güterrechtliches Verständnis des Ehevertrages wäre unzutreffend".

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