Rz. 9

Hierzu gehören zunächst die ein bestimmtes Handeln gebietenden oder verbietenden Normen der StVO, wie z.B. das gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO ordnungswidrige Parken auf einem Radweg.[8] Hierhin gehört auch das Abstellen eines Kfz innerhalb eines wirksam angeordneten Haltverbotsbereichs.[9]

 

Rz. 10

Das Abstellen eines Kfz, dessen Zustand den Vorschriften der StVO oder der StVZO widerspricht, stellt einen Verstoß gegen § 16 StVZO dar und begründet als Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung deshalb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.[10]

 

Rz. 11

Stellt die Polizei fest, dass ein Fahrzeug nicht verkehrsbehindernd, aber mit abgefahrenen Vorderreifen (also ganz allgemein in nicht vorschriftsmäßigem Zustand) im Straßenraum abgestellt ist, so ist sie allein deshalb noch nicht ermächtigt, einen Pkw aufgrund des Polizeigesetzes abschleppen zu lassen. Maßgebend sind hier §§ 36 Abs. 2, 17 Abs. 1 StVZO, die als spezialgesetzliche Regelungen einen Rückgriff auf das Polizeigesetz ausschließen.[11] Auch eine Sicherstellung aufgrund Polizeirechts (vgl. § 21 ME PolG) kommt dann mit Blick auf die Spezialität des § 17 StVZO nicht in Betracht.

 

Rz. 12

Nach landesrechtlichen Straßen- und Wegegesetzen kann die zuständige Behörde in dem Fall, in dem eine Straße über den Gemeingebrauch hinaus und ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis benutzt wird oder dass der Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen. Sind solche Anordnungen gegenüber dem Pflichtigen nicht erfolgversprechend, so kann die Behörde den rechtswidrigen Zustand auf Kosten des Pflichtigen beseitigen lassen.[12] Danach ist auch das Abschleppen eines Fahrzeugs bei unerlaubter Sondernutzung auf öffentlichem Straßengrund möglich (vgl. im Einzelnen § 53 Rdn 28 f.).[13] Stellen sie Hindernisse i.S.d. § 32 StVO dar, so kommt auch diese Vorschrift in Betracht,[14] wobei dort die polizeiliche Befugnis insbesondere aufgrund der Generalklausel unberührt bleibt.[15]

 

Rz. 13

Wird ein Fahrzeug, das von Amts wegen außer Betrieb gesetzt worden war, nachdem es den Haftpflichtversicherungsschutz verloren hatte (vgl. § 25 FZV), danach im öffentlichen Straßenbereich abgestellt, so kann es zwar grundsätzlich aufgrund der polizeilichen Generalklausel wegen eines Verstoßes gegen die objektive Rechtsordnung[16] abgeschleppt werden, wenn insbesondere auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird. Ob es im Wege des sog. sofortigen Vollzuges abgeschleppt werden darf, bedarf der Beachtung der besonderen Regelungen des Vollstreckungs- und Verfahrensrechts und insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.[17]

 

Rz. 14

Überhaupt ist der Verantwortliche dazu verpflichtet, von Zeit zu Zeit nach seinem Fahrzeug, das u.U. über eine längere Dauer abgestellt wird, zu sehen. Dies gilt nicht nur unter straßenverkehrsrechtlichen Aspekten, sondern auch im Hinblick auf Gefahren, die unmittelbar vom Fahrzeug ausgehen können.[18]

 

Rz. 15

Wird im Rahmen der Generalklausel auf den "Schutz der objektiven Rechtsordnung" abgestellt und wird hierbei ein Verstoß gegen die StVO zugrunde gelegt, so muss die StVO in diesem Falle auch Anwendung finden. Wird zum Beispiel von einem Parkplatz mit Blick auf den Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO abgeschleppt, so muss es sich bei diesem Parkplatz auch um öffentlichen Verkehrsgrund handeln. Ein Hinterhofparkplatz, der Kunden mehrerer ansässiger Firmen sowie den Anwohnern ohne Begrenzung auf einen bestimmten Personenkreis offen steht, ist öffentlicher Verkehrsgrund i.S.d. Straßenverkehrsrechts.[19] Beim Abschleppen von privatem Grund ist ansonsten grundsätzlich das Subsidiaritätsprinzip zu beachten (siehe dazu § 47 Rdn 2 ff.).

 

Rz. 16

Im Rahmen der "objektiven Rechtsordnung" kommt vor allem auch ein noch andauernder Verstoß gegen § 240 StGB in Betracht. Aus Gründen wirksamer polizeilicher Gefahrenabwehr ist eine tragfähige Grundlage für ein Einschreiten dabei dann gegeben, wenn nach den zum Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens bekannten Umständen der objektive Tatbestand einer Nötigung erfüllt ist und diese Umstände keinen Anhalt für ein sozial unschädliches und damit nicht verwerfliches Verhalten des Störers bieten, mithin der begründete Verdacht verwerflichen Handelns i.S.d. § 240 Abs. 2 StGB besteht.[20] Ein derartiger Fall liegt aber nicht vor, wenn nach vernünftiger Würdigung aller Umstände der Verdacht einer Nötigung i.S.d. § 240 StGB fern liegt.[21]

 

Rz. 17

Das präventive Polizei- und Ordnungsrecht als Gefahrenabwehrrecht setzt bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung ferner voraus, dass über den repressiv zu ahndenden Verstoß (OWiG/StGB) hinaus auch weiterhin eine Gefahr für die objektive Rechtsordnung besteht.[22]

[8] HambOVG zfs 2001, 45.
[9] Zeichen 283, Anlage 2 StVO, lfd. Nr. 62 mit dem Verbot auf der Fahrbahn zu halten, st. Rspr., vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.9.2008 – OVG 1 N 65.08; VG Berlin zfs 2011, 59.
[10] HessVGH DÖV 1999, 918 = NJW ...

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