Rz. 12

Die Benutzung der Straße über diesen Gemeingebrauch hinaus ist Sondernutzung (§ 18 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 SStrG; § 16 Abs. 1 HessStrG).[18] Sondernutzung ist also eine vom Gemeingebrauch nicht mehr gedeckte Nutzung der Straße. Voraussetzung einer öffentlich-rechtlichen Sondernutzung ist darüber hinaus, dass diese Nutzung den Gemeingebrauch beeinträchtigt.[19]

Die den straßenrechtlichen Gemeingebrauch übersteigende Sondernutzung bedarf einer besonderen Genehmigung nach dem BFernstrG bzw. nach dem jeweiligen Landesstraßengesetz.

 

Rz. 13

Kein Gemeingebrauch liegt vor, wenn durch die Benutzung einer öffentlichen Straße der Gemeingebrauch anderer unzumutbar beeinträchtigt wird (§ 14 Abs. 1 S. 2 SStrG). Eine bestimmte Nutzung ist dann Sondernutzung, wenn dadurch abstrakt die Substanz oder die gemeingebräuchliche Nutzbarkeit der Straße beeinträchtigt wird. Es kommt dabei nicht auf die konkrete Gefährdung an, sondern auf die grundsätzliche Eignung einer bestimmten Gebrauchsart als solcher.[20] Die Grenze zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung bildet die Gemeinverträglichkeit.[21]

 

Rz. 14

Die Landesstraßengesetze sehen die Möglichkeit zum Erlass von sog. "Sondernutzungssatzungen" vor. In diesen Satzungen darf aber nur das geregelt werden, was das Gesetz auch ausdrücklich als regelungsfähig bestimmt. So ist es insbesondere nicht zulässig, in einer Satzung ein Verhalten, das Gemeingebrauch darstellt, als Sondernutzung zu definieren.[22]

 

Rz. 15

Eine Sondernutzung bedarf grundsätzlich der Erlaubnis durch die zuständige Behörde (vgl. z.B. §§ 14, 18 Abs. 1 SStrG). Dies gilt aber dann nicht, wenn eine solche Benutzung einer Ausnahmegenehmigung oder einer Erlaubnis nach den Vorschriften der StVO bedarf oder wenn diese sie besonders zulässt oder wenn die Benutzung einer Anlage dient, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist (vgl. § 18 Abs. S. 2 letzter Hs. SStrG).

 

Rz. 16

Die Erlaubnis darf nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Sie kann – auch nachträglich – mit Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (vgl. § 18 Abs. 2 SStrG).

 

Rz. 17

Die behördliche Ermessensausübung zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis[23] hat sich an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben.[24] Notwendig sind also primär straßenrechtliche Gesichtspunkte. Hierzu gehören insbesondere ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes, Schutz des Straßenkörpers und des Zubehörs), Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d.h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße und aufgrund eines konkreten Gestaltungskonzeptes (Vermeidung einer "Übermöblierung" des öffentlichen Straßenraumes, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes und Ähnliches).[25]

 

Rz. 18

Dies gilt namentlich auch für Belange der Straße, ihres Umfeldes und ihrer Funktion städtebaulicher oder baugestalterischer Art.[26] Ein entsprechend enger sachlicher Bezug zur Straße liegt vor, soweit es um den Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes geht. Belange, die – wie etwa der Schutz des Ortsbildes als Ganzes – unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem jeweiligen "Straßengrund" haben, können demgegenüber die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nicht rechtfertigen.[27] Etwas anderes kommt nur in Betracht, soweit diese Belange im konkreten "Straßenbild" der Straße, in der die Sondernutzung ausgeübt werden soll, einen fassbaren Niederschlag gefunden haben.[28] Des Weiteren setzt die Berücksichtigung entsprechender Belange voraus, dass ihnen ein konkretes, vom Gemeinde-/Stadtrat beschlossenes Gestaltungskonzept der Gemeinde zugrunde liegt, welches dem in den Blick genommenen Bereich – so etwa einer Fußgängerzone – eine bestimmte Ausstrahlungswirkung, ein spezifisches "Flair" verleihen soll. Einer Festlegung in Satzungsform bedarf es hierzu indessen nicht; ausreichend sind verwaltungsinterne Richtlinien.[29]

 

Rz. 19

Andere Gesichtspunkte, wie z.B. die Gefahr von Ausschreitungen, können berücksichtigt werden, soweit ein Zusammenhang mit dem Widmungszweck des Straßenraums besteht.[30]

 

Rz. 20

Das Sondernutzungserlaubnisrecht ist im Grundsatz aber wirtschafts- und wettbewerbsneutral.[31] Es ist nicht Aufgabe der Straßenbaubehörde, über die straßenrechtliche Regelung zur Sondernutzungserlaubnis (vgl. z.B. § 16 StrG BW, § 18 StrWG NRW, § 41 StrG RP, § 18 Saarl StrG) bewusst Wirtschaftsförderung zu betreiben oder betriebswirtschaftlich möglicherweise nicht überlebensfähige Unternehmen durch die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu unterstützen. Ebenso wenig kann ein Gewerbetreibender etwa verlangen, dass sein Interesse an einer Gewinnmaximierung als besonders und vorrangig zu berücksichtigender Belang bei der Interessenabwägung ...

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