Rz. 155

Entsteht eine Verfahrensgebühr zu unterschiedlichen Gebührensätzen (z.B. 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG und 0,8 Differenzverfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG) und ist gleichzeitig auch eine vorangegangene Geschäftsgebühr anzurechnen, so ist erst die Anrechnung der Geschäftsgebühr vorzunehmen und dann gegebenenfalls zu prüfen, ob das Gebührenaufkommen nach § 15 Abs. 3 RVG zu begrenzen ist.[96]

 

Rz. 156

Muster 25: Musterrechnung 4.25: Gerichtliche Geltendmachung – Vergleich über nicht anhängige Ansprüche bei vorangegangener außergerichtlicher Tätigkeit

 

Musterrechnung 4.25: Gerichtliche Geltendmachung – Vergleich über nicht anhängige Ansprüche bei vorangegangener außergerichtlicher Tätigkeit

Rechtsanwältin S macht Zugewinnausgleichsansprüche in Höhe von 60.000,00 EUR gerichtlich geltend. Im Termin werden neben der Zugewinnausgleichsforderung auch bislang nicht anhängige nacheheliche Unterhaltsansprüche mit verglichen. Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts war Rechtsanwältin S bereits außergerichtlich tätig. Der Vergleichsmehrwert wurde auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

1. Außergerichtliche Tätigkeit

Gegenstandswert: 12.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 51 Abs. 1 FamGKG

 

1,3 Geschäftsgebühr aus 12.000,00 EUR

Nr. 2300 VV RVG
785,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 805,20 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 152,99 EUR
Summe 958,19 EUR

2. Gerichtliche Tätigkeit

 
Gegenstandswert:
Anhängige Ansprüche: 60.000,00 EUR (§§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 35 FamGKG)
Nicht anhängige Ansprüche: 12.000,00 EUR (§§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 51 Abs. 1 FamGKG)
  72.000,00 EUR (§ 22 Abs. 1 RVG)

1,3 Verfahrensgebühr aus 60.000,00 EUR

 

Nr. 3100 VV RVG

0,8 Verfahrensgebühr aus 12.000,00 EUR
1.622,40 EUR

Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

abzgl. 0,65 Geschäftsgebühr aus 12.000,00 EUR
483,20 EUR
Vorbem. 3, Abs. 4 VV RVG ./. 392,60 EUR
Zwischensumme 1.713,00 EUR

Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG nicht erforderlich!

1,3 aus 72.000,00 EUR = 1.732,90 EUR
 
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.733,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 329,27 EUR
Summe 2.062,27 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 2 Rdn 129 und 269 ff.

 

Rz. 157

Muster 26: Musterrechnung 4.26: Außergerichtliche Tätigkeit – Gerichtliche Geltendmachung über Teilforderung – Vergleich über nicht anhängige Ansprüche

 

Musterrechnung 4.26: Außergerichtliche Tätigkeit – Gerichtliche Geltendmachung über Teilforderung – Vergleich über nicht anhängige Ansprüche

Rechtsanwältin S macht außergerichtlich zunächst Zugewinnausgleichsansprüche in Höhe von 60.000,00 EUR sowie gleichzeitig nacheheliche Unterhaltsansprüche in Höhe von laufend monatlich 1.000,00 EUR geltend. Es werden sodann lediglich die Zugewinnausgleichsansprüche in der auch schon außergerichtlich geforderten Höhe gerichtlich geltend gemacht. Im Termin werden neben der Zugewinnausgleichsforderung auch die bislang nicht anhängigen nachehelichen Unterhaltsansprüche mit verglichen. Der Vergleichsmehrwert wurde vom Gericht auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

1. Außergerichtliche Tätigkeit

Gegenstandswert: 72.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 51 Abs. 1 FamGKG

1,3 Geschäftsgebühr aus 72.000,00 EUR

 
Nr. 2300 VV RVG 1.732,90 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.752,90 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 333,05 EUR
Summe 2.085,95 EUR

2. Gerichtliche Tätigkeit

 
Gegenstandswert:
Anhängige Ansprüche: 60.000,00 EUR (§§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 35 FamGKG)
Nicht anhängige Ansprüche: 12.000,00 EUR (§§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 51 Abs. 1 FamGKG)
  72.000,00 EUR (§ 22 Abs. 1 RVG)

1,3 Verfahrensgebühr aus 60.000,00 EUR

 
Nr. 3100 VV RVG 1.622,40 EUR
0,8 Verfahrensgebühr aus 12.000,00 EUR  

Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

abzgl. 0,65 Geschäftsgebühr aus 72.000,00 EUR
483,20 EUR
Vorbem. 3, Abs. 4 VV RVG ./. 866,45 EUR
Zwischensumme 1.239,15 EUR

Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG nicht erforderlich!

1,3 aus 72.000,00 EUR = 1.732,90 EUR
 
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.259,15 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 239,24 EUR
Summe 1.498,39 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 2 Rdn 129 und 269.

Im Beispiel wird davon ausgegangen, dass gebührenrechtlich eine außergerichtliche Angelegenheit vorgelegen hat, siehe auch ausführlich zu dieser Problematik Rdn 12 ff.

[96] OLG München, Beschl. v. 7.3.2012 – 11 WF 360/12 = NJW-RR 2012, 767 = BeckRS 2012, 05995; mit Anm. in NJW-Spezial 2012, 219 sowie von Mayer, FD-RVG 2012, 330385; OLG Stuttgart NJOZ 2009, 1257 = JurBüro 2009, 246; OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 1682 = BeckRS 2011, 04248); vgl. auch Enders, RVG für Anfänger, Rn 612; N. Schneider, Fälle und Lösungen zum RVG, § 7, Beispiel 22, S. 134 u. 135; N. Schneider, Gebührenanrechnung: Erst anrechnen dann kürzen oder erst kürzen und dann anrechnen?, RVG-Berater 2005, 11.

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