Rz. 7

Welche inhaltlichen Anforderungen an das Anrecht im Einzelnen zu stellen sind, folgt dabei aus § 2 VersAusglG. Es muss sich handeln um

Anwartschaften auf Versorgungen und laufende Versorgungen zur Absicherung im Alter und bei Invalidität (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG, zu den Einzelheiten siehe unten Rdn 12 ff.),
die durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder erhalten sein müssen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 ­VersAusglG, zu den Einzelheiten siehe unten Rdn 29 ff.),
und grds. auf Rentenzahlung gerichtet sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, zu den Einzelheiten siehe unten Rdn 37 ff.).
 

Rz. 8

Die Aufzählung der verschiedenen Modelle von Altersversorgungen in § 2 Abs. 1 VersAusglG (gesetzliche Rentenversicherung, andere Regelsicherungssystemen wie die Beamtenversorgung oder die berufsständische Versorgung, die betrieblichen Altersversorgung und die private Alters- und Invaliditätsvorsorge) hat nur beispielhaften Charakter.[1] Es kommt allein darauf an, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 VersAusglG erfüllt sind. Soweit Besonderheiten für die einzelnen Modelle bestehen, wird darauf jeweils bei den einzelnen Voraussetzungen des § 2 VersAusglG und der Erörterung der Ausgleichsvoraussetzungen eingegangen. Das Gleiche gilt für die sozialrechtlichen Besonderheiten der einzelnen Anrechte. Sie sind immer an der Stelle erörtert, wo sie speziell für den Versorgungsausgleich eine Rolle spielen. Für zusammenhängende Darstellungen der verschiedenen Versorgungsmodelle sei auf die Werke zum Sozialversicherungs- und Beamtenrecht sowie zum Recht der betrieblichen Altersvorsorge und des Versicherungsvertragsrechts verwiesen.

 

Rz. 9

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 2 Abs. 1 VersAusglG werden sowohl Anrechte auf Versorgungen in der Anwartschaftsphase als auch in der Leistungsphase berücksichtigt. Das war im früheren Recht nirgends ausdrücklich gesagt, wurde aber immer so praktiziert. Die heutige Regelung hat insofern nur klarstellenden Charakter.

 

Rz. 10

Unerheblich ist, in welcher Rechtsform der Versorgungsträger organisiert ist. Bei diesem kann es sich um einen öffentlich-rechtlich organisierten Versorgungsträger (z.B. die Deutsche Rentenversicherung oder die verschiedenen Träger der Beamtenversorgung), aber genauso um private Versorgungsträger handeln. Erwähnt seien nur die verschiedenen Lebensversicherungen oder die Träger der betrieblichen Altersversorgung. Versorgungsträger kann selbst eine GmbH sein, die ihrem Geschäftsführer eine Versorgung für den Fall des Alters oder der Invalidität zugesagt hat. In derartigen Fällen sind v.a. die Auskünfte sehr kritisch zu betrachten, da derartige "kleine" Versorgungsträger, die oft kaum Erfahrungen mit dem Versorgungsausgleich haben werden, sehr häufig fehlerhafte oder unvollständige Auskünfte zum Versorgungsausgleich erteilen werden.

 

Rz. 11

Ohne Bedeutung ist auch, ob es sich bei den Anrechten um solche bei einem deutschen oder bei einem ausländischen Versorgungsträger handelt.[2] Deswegen sind auch immer alle ausländischen Anrechte zu ermitteln.[3] Auch solche Anrechte sind in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, soweit sie die Voraussetzungen des § 2 VersAusglG erfüllen. Daran kann es namentlich bei sog. Volksrenten ohne Beitragsbezug fehlen (ausführlicher siehe unten Rdn 33).[4] Aus dem Versorgungsausgleich fallen außerdem solche Anrechte heraus, die nicht realisierbar sind. Zu beachten ist i.Ü. in Bezug auf ausländische Anrechte lediglich, dass bei ausländischen oder zwischenstaatlichen Versorgungsträgern bestehenden Anrechten der Ausgleich bei der Scheidung entfällt, weil diese Anrechte nicht ausgleichsreif sind (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG, siehe unten § 8 Rdn 122 ff.). Diese Anrechte sind deswegen im Wertausgleich nach der Scheidung auszugleichen, sobald aus ihnen Leistungen fließen und der Ausgleichsberechtigte ebenfalls die Voraussetzungen für einen Rentenbezug erfüllt (§§ 20 ff. VersAusglG, zu Einzelheiten siehe unten § 9 Rdn 38 ff.).

[1] MüKo-BGB/Dörr, § 2 VersAusglG Rn 2.
[2] Krenzler/Borth/Norpoth, H Rn 25.
[3] NK-BGB/Götsche, § 2 VersAusglG Rn 7; vgl. auch OLG Dresden FamRZ 2003, 1297 zum alten Recht.
[4] MüKo-BGB/Dörr, § 2 VersAusglG Rn 7.

I. Anwartschaften auf Versorgungen und laufende Versorgungen zur Absicherung im Alter und bei Invalidität

 

Rz. 12

Im Versorgungsausgleich auszugleichen sind nur Anwartschaften auf Versorgungen und laufende Versorgungen zur Absicherung im Alter und bei Invalidität (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG). Wir im früheren Recht ist der Kanon der ausgleichenden Anrechte streng limitiert auf solche Anrechte, die der Altersabsicherung oder der Absicherung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit dienen.[5] Daraus folgt, dass nicht pauschal aus der Tatsache, dass ein Anrecht die Leistung einer Rente vorsieht, daraus geschlossen werden darf, dass es sich um eine Versorgung handelt, die im Versorgungsausgleich auszugleichen wäre.

 

Rz. 13

Abgrenzungsschwierigkeiten können sich insoweit v.a. im Bereich der privaten Lebensversicherungen (Einsatzzweck!) und der betrieblichen Altersversorgungen ergeben (Abfindungen und Überbrückungsleistungen, vgl. Rdn 18). Auch Lebensver...

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