a) Abziehbarkeit des Pflichtteilsanspruchs beim Erben

 

Rz. 51

Auf Seiten des Erben stellt die Pflichtteilslast eine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG dar, die die Bemessungsgrundlage der Besteuerung des Erben reduziert. Abweichend vom Zivilrecht setzt die erbschaftsteuerliche Abziehbarkeit eine tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Schuldners voraus.[42] Entsprechend ist die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs dem Finanzamt im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung des Erben nachzuweisen. Für die Abzugsfähigkeit ist es hingegen unerheblich, ob der Pflichtteilsschuldner den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch auch tatsächlich erfüllt.[43] Unabhängig von der Art der Erfüllung (siehe Rdn 34 ff.>) kann der Pflichtteilsschuldner den Pflichtteil mit dem Nennbetrag der Forderung in seiner objektiven Höhe ansetzen.[44]

[43] Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rn 183; Daragan/Halaczinsky/Riedel/Uricher, ErbStG/BewG, § 10 ErbStG Rn 49.

b) Abziehbarkeit des Pflichtteilsergänzungsanspruchs beim Erben

 

Rz. 52

Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB – mithin wegen ergänzungspflichtiger Schenkungen des Erblassers – ist der Erbe. Entsprechend kann dieser die Zahlungsbelastung gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG in Abzug bringen.

Beim Gläubiger stellt der Erwerb aufgrund Pflichtteilsergänzungsanspruch einen steuerpflichtigen Erwerb i.S.d. § 3 Abs. 1 ErbStG dar, auch wenn er zivilrechtlich einen selbstständigen Anspruch neben dem Pflichtteilsanspruch darstellt und dogmatisch nicht unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 ErbStG subsumierbar ist.

Ist der Beschenkte im Rahmen der Pflichtteilsergänzung gem. § 2329 Abs. 1 BGB zur Rückgabe des erhaltenen Geschenks verpflichtet, kann diese Verbindlichkeit vom Erben nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG in Abzug gebracht werden.

 

Rz. 53

Der gem. § 2329 BGB herausgabeverpflichtete Beschenkte kann nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (siehe § 1 Rdn 110 ff.>) die Erstattung einer früheren Schenkungsteuer beantragen. Eine Abwendung des Herausgabeanspruchs durch Zahlung des fehlenden Betrags gem. § 2329 Abs. 2 BGB durch den Beschenkten führt nicht zu einer Steuererstattung einer früheren Schenkungsteuer, da insbesondere § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht greift. Allerdings ist ein Abzug der Zahlungsbelastung beim Beschenkten nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG möglich.[45]

c) Einschränkung der Abzugsfähigkeit beim Erben, § 10 Abs. 6 ErbStG

 

Rz. 54

§ 10 Abs. 6 ErbStG bestimmt im Grundsatz, dass Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Erbschaftbesteuerung unterliegen, beim Erben nicht abzugsfähig sind (siehe § 8 Rdn 117>). Gem. § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG[46] sind Schulden, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen des Erwerbs stehen, anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zuzurechnen. Bei dem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um eine solche Schuld, dies hat zur Folge, dass die Pflichtteilslast von der Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 6 ErbStG erfasst wird, mithin (nachteilig für den Erben) zu reduzieren ist (siehe § 8 Rdn 129 f.>).

[46] JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl 2020 I 3096, in Kraft getreten am 29.12.2020.

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