aa) Überblick

 

Rz. 227

Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund.

 

Rz. 228

Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht. Eine Höchstgrenze ist nicht vorgesehen.[121]

 

Rz. 229

Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 2026 VersAusglG) sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen.[122] Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.

 

Beispiel 67: Versorgungsausgleich, mehrere Anrechte

Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht; der Ehemann darüber hinaus noch eine betriebliche Altersversorgung.

Verfahrensgegenstand sind drei Anrechte, sodass für jedes Anrecht 10 % des dreifachen Nettoeinkommens der Eheleute anzusetzen ist. Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beläuft sich somit auf 3 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) = 2.700,00 EUR. Der Verfahrenswert des Verbundverfahrens beträgt damit 11.700,00 EUR.

[121] AG Siegburg NZFam 2017, 861 = AGS 2017, 476 = FamRZ 2018, 525.
[122] MüKo-FamFG/Heiter, § 137 Rn 71.

bb) Zeitpunkt

 

Rz. 230

Abzustellen ist gem. § 34 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags.[123] Insoweit gilt das Gleiche wie für die Ermittlung des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens zur Bewertung der Ehesache (siehe Rdn 68).

 

Beispiel 68: Versorgungsausgleich, Zeitpunkt der Bewertung

Bei Einleitung des Scheidungsverfahrens hatten die Eheleute ein gemeinsames Nettoeinkommen in Höhe von 4.000,00 EUR. Beide Eheleute hatten jeweils nur ein gesetzliches Anrecht. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist das gemeinsame Nettoeinkommen der Eheleute

a) auf 2.500,00 EUR abgesunken

b) auf 5.000,00 EUR gestiegen.

Maßgebend bleibt in beiden Fällen das Nettoeinkommen bei Einreichung des Scheidungsantrags (§ 34 S. 1 FamGKG). Die nachträglichen Veränderungen sind in beiden Fällen unerheblich. Zwar bedarf es für den Versorgungsausgleich, soweit der Wertausgleich bei der Scheidung betroffen ist, keines gesonderten Antrags (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG); dadurch handelt es sich jedoch nicht um ein Verfahren von Amts wegen, sondern um ein Verfahren, das nur auf den Scheidungsantrag von Amts wegen eingeleitet wird, sodass es nach § 34 S. 1 FamGKG auch hier auf den Zeitpunkt der Antragstellung (nämlich des Scheidungsantrags) ankommt. Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beträgt somit 2 x 10 % x 12.000,00 EUR = 2.400,00 EUR.

[123] OLG Brandenburg AGS 2014, 188 = FamRZ 2013, 2009; N. Schneider, Maßgebender Zeitpunkt für die Wertfestsetzung der Folgesache Versorgungsausgleich, FamRZ 2010, 87.

cc) Kinderfreibeträge

 

Rz. 231

Kinderfreibeträge sind vom Nettoeinkommen nicht abzuziehen, selbst wenn man einen Abzug bei der Ehesache befürwortet.[124]

 

Beispiel 69: Versorgungsausgleich, mehrere Anrechte

Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Aus der Ehe sind zwei gemeinschaftliche Kinder hervorgegangen. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht.

Unabhängig davon, ob man die Auffassung vertritt, beim Nettoeinkommen zur Berechnung des Werts der Ehesache seien Kinderfreibeträge abzuziehen (siehe § 9 Rdn 9 ff.), ist dies beim Versorgungsausgleich nicht zulässig,[125] sodass für die Folgesache Versorgungsausgleich ein Wert in Höhe von 2 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) = 1.800,00 EUR festzusetzen ist.

[124] OLG Stuttgart AGS 2010, 265 m. Anm. Thiel = NJW 2010, 2221; OLG Stuttgart AGS 2010, 399 = FamRZ 2010, 2098; OLG Koblenz AGS 2011, 392; OLG Bamberg FamRZ 2011, 1424; OLG Rostock FamRZ 2012, 241; OLG Nürnberg AGS 2011, 393 = FamRZ 2011, 641; AGS 2012, 362 = FamRZ 2012, 1750; OLG Brandenburg JurBüro 2012, 588.
[125] OLG München AGS 2011, 389 = FamRZ 2011, 1813.

dd) Ost- und Westanrechte

 

Rz. 232

Ost- und West-Anrechte gelten jeweils als gesonderte Anrechte.[126]

 

Beispiel 70: Versorgungsausgleich, Ost- und Westrenten

Beide Eheleute haben jeweils gesetzliche Anrechte beim Rententräger Ost und West; der Ehemann hat darüber hinaus auch noch eine betriebliche Altersversorgung. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 3.000,00 EUR.

Jetzt sind fünf Anrechte Verfahrensgegenstand, nämlich zwei Ost-Anrechte, zwei West-Anrechte und eine Betriebsrente.

Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beläuft sich auf 5 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 3.000,00 EUR) = 7.500,00 EUR.

[126] OLG Brandenburg AGS 2015, 83 = NZFam 2014, 1005; FamRZ 2011, 1149; JurBüro 2012, 588; OLG Dresden NZFam 2014, 617; a.A. OLG Branden...

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