I. Durchsetzungshindernis Verjährung

 

Rz. 404

Bei der Verjährung handelt es sich um eine Einrede, die ausdrücklich geltend gemacht werden muss; sie berechtigt den Schuldner, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB).

Bzgl. der Verjährung eines titulierten Unterhaltsanspruchs ist zu beachten, dass bei Titeln über Unterhalt die 30-jährige Verjährung nach § 197 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BGB durch die §§ 197 Abs. 2, 195 BGB auf drei Jahre verkürzt wird, soweit es sich um Unterhaltsraten nach der Rechtskraft handelt.[459]

 

Rz. 405

 

Praxistipp:

Unterhaltsrückstände, die bereits bei Rechtskraft des Titels aufgelaufen waren, verjähren in 30 Jahren.
Rückstände, die zwischen dem Datum der Rechtskraft des Titels und der Vollstreckung aufgelaufen sind, verjähren nach 3 Jahren.[460]
 

Rz. 406

Eine Hemmung der Verjährung durch einen neuen Leistungsantrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht möglich. Ein Feststellungsantrag hemmt die Verjährung nur, wenn der Vollstreckungsschuldner einen unbekannten Aufenthalt hat/hatte.[461] In den übrigen Fällen sind daher Vollstreckungsmaßnahmen als einfachere Maßnahmen vorzunehmen,[462] die gem. § 212 Nr. 2 BGB zum Neubeginn der Verjährung führen.[463]

 

Rz. 407

 

Praxistipp:

Beim Kindesunterhalt ist zusätzlich zu bedenken, dass nach § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a BGB für Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern die Verjährung von wechselseitigen Ansprüchen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gehemmt ist. Die Verjährung von Kindesunterhalt beginnt also erst in diesem Zeitpunkt.[464]
Diese Sperre gilt nicht für die Verwirkung.[465] Auch während eines Hemmungszeitraums kann ein Unterhaltsgläubiger durch sein Verhalten Veranlassung zu dem Vertrauen des Unterhaltsschuldners gegeben haben, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Maßgeblich bleibe in diesen Fällen vielmehr, ob der Unterhaltsschuldner die berechtigte Erwartung haben durfte, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht.
[459] Elden, NJW Spezial 2012, 644; Eschenbruch/Schürmann/Frank, Unterhaltsprozess, 2021, Kap. 1 Rn 1926 m.w.N.
[460] Zu den Pflichten eines Rechtsanwalts bei drohender Verjährung der Forderung eines Mandanten siehe OLG Brandenburg v. 6.11.2013 – 4 U 119/12, juris.
[463] Elden, NJW Spezial 2012, 644–645.
[464] Frank in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 2022, Kap. 2 Rn 1934.

II. Durchsetzungshindernis Verwirkung

 

Rz. 408

Wird in der Praxis über die Verwirkung von Unterhaltsansprüchen[466] diskutiert, sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden

der Ausschluss des Anspruchs für die Zukunft (also des laufenden Unterhaltes) aufgrund bestimmter Umstände – i.d.R. eines Fehlverhaltens des Unterhaltsberechtigten. Dies ist geregelt in

§ 1579 BGB für den Ehegattenunterhalt (ggf. i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB) (dazu § 14 Rdn 268),
§ 1611 BGB für den Verwandtenunterhalt, also den Kindes- und Elternunterhalt (dazu § 19 Rdn 79),

der Ausschluss der Durchsetzung des Anspruchs für die Vergangenheit (also der Unterhaltsrückstände) aufgrund nicht ausreichender Geltendmachung,

hier geht es um die Verwirkung von Unterhaltsrückständen.

Wird der Unterhalt nicht zeitnah durchgesetzt, kann daher Verwirkung hinsichtlich der Unterhaltsrückstände eingreifen (§ 242 BGB).[467]

 

Rz. 409

 

Praxistipp:

Die Verwirkung ist als Einwendung von Amts wegen zu berücksichtigen, muss also nicht besonders geltend gemacht werden. Es kommt nicht darauf an, ob der Unterhaltsschuldner sich auf Verwirkung beruft,[468] denn es handelt sich um eine Einwendung.
Allerdings ist entsprechender Sachvortrag unverzichtbar.
Der Verpflichtete trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Verwirkung.[469]
Der Gläubiger ist jedoch darlegungspflichtig dafür, wann und wie er den Anspruch geltend gemacht hat.[470]
 

Rz. 410

Die Frage einer Verwirkung des Anspruchs kann sich insbesondere bei folgenden Fallgestaltungen stellen:

der Berechtigte lässt nach einer Mahnung nichts von sich hören;
er beziffert den Anspruch nach Auskunftserteilung nicht;
er unterlässt es, das gerichtliche Verfahren nach Einreichung des Stufenantrags zu betreiben;
er nimmt eine nicht schlüssig begründete Kürzung der Unterhaltszahlungen widerspruchslos hin;
er teilt dem Unterhaltspflichtigen mit, Unterhalt solle zurzeit nicht verlangt werden;
er ermäßigt seine Unterhaltsforderung nach Vortrag von Abzugspositionen durch den Unterhaltspflichtigen.
[466] Duderstadt, NZFam 2020, 462; Schnitzler, FF 2011, 290; ders., FPR 2013, 532.
[467] Ausführlich Kofler, NJW 2011, 2470–2476; Jüdt, FuR 2010, 548 und FuR 2010, 624 sowie Henjes, FuR 2009, 432–435.

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