Leitsatz

Der Vater eines minderjährigen Kindes beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Abänderungsklage nach § 654 ZPO. Er berief sich zum einen auf mangelnde Leistungsfähigkeit und zum anderen auf Verwirkung des Unterhaltsanspruchs, nachdem das minderjährige Kind, vertreten durch seine Mutter, über mehrere Jahre hinweg wegen eventueller Unterhaltszahlungen nicht an ihn herangetreten war.

Erstinstanzlich wurde ihm Prozesskostenhilfe nicht bewilligt. Die hiergegen von ihm eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Anders als das erstinstanzliche Gericht vertrat das OLG die Auffassung, die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage könne nicht verneint werden. Im Verfahren nach § 654 ZPO sei der Einwand der Verwirkung zu prüfen. Der BGH habe dargelegt, dass auch Unterhaltsansprüche Minderjähriger der Verwirkung unterliegen könnten. Der Umstand, dass die Verjährung der Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes gegenüber seinen Eltern bis zur Volljährigkeit des Kindes gehemmt sei, stehe der Annahme einer Verwirkung nicht entgegen, wenn aus besonderen Gründen die Voraussetzungen sowohl des Zeit- als auch des Umstandsmoments erfüllt seien (BGH v. 16.6.1999 - XII ZA 3/99, FamRZ 1999, 1422 unter Hinweis auf BGH v. 13.1.1988 - IVb ZR 7/87, MDR 1988, 481 = FamRZ 1988, 370 ff.).

Das OLG verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des BGH vom 13.1.1988 (BGH v. 13.1.1988 - IVb ZR 7/87, MDR 1988, 481 = FamRZ 1988, 370 ff.; s. auch BGH v. 23.10.2002 - XII ZR 266/99, MDR 2003, 86 = BGHReport 2103, 11 m. Anm. Borth = FamRZ 2002, 1698; FamRZ 2004, 531), in der ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass nach § 1613 BGB Unterhalt für die Vergangenheit nur ausnahmsweise gefordert werden könne. Von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen sei, könne eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seines Anspruchs bemühe. Tue er dies nicht, erwecke er in der Regel den Eindruck, er sei in dem fraglichen Zeitraum nicht bedürftig gewesen, zumal seine wirtschaftlichen Verhältnisse dem Unterhaltsschuldner meist nicht genau bekannt seien und Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen könnten, die auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten für den laufenden Unterhalt beeinträchtigen könnten.

Das Zeitmoment könne bereits dann erfüllt sein, wenn die Rückstände Zeitabschnitte beträfen, die etwas mehr als ein Jahr zurücklägen. Zum Umstandsmoment habe der BGH unter anderem ausgeführt, ein Unterhaltsverpflichteter pflege seine Lebensführung an die ihm zur Verfügung stehenden Einkünfte anzupassen, so dass er bei unerwarteten Unterhaltsnachforderungen nicht auf Ersparnisse zurückgreifen könne und dadurch regelmäßig in Bedrängnis gerate. Besonderer Feststellungen, dass er sich tatsächlich auf den Fortfall der Unterhaltsforderung eingerichtet habe, bedürfe es daher nicht. Danach komme aufgrund der neueren Entscheidung des BGH eine Verwirkung für zurückliegende Unterhaltsansprüche jedenfalls in Betracht.

Nach der Rechtsprechung des BGH müsse sich die minderjährige Antragsgegnerin auch das Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen, und zwar sogar trotz der Hemmung der Verjährung des Anspruchs eines Kindes gegenüber seinen Eltern nach § 207 Abs. 1 S. 2 BGB.

Im vorliegenden Fall wären erhebliche Unterhaltsrückstände aufgelaufen. Der Antragsteller habe geltend gemacht, noch nicht einmal zur Zahlung des laufenden Unterhalts leistungsfähig zu sein. Er bemühe sich um eine zusätzliche Tätigkeit, um wenigstens den laufenden Unterhalt zahlen zu können.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.08.2006, 5 WF 233/05

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