Rz. 548

Sofern der Arbeitgeber die Grenzen des Direktionsrechtes überschreitet, darf der Arbeitnehmer die Befolgung der Weisung verweigern, da der Arbeitgeber den Rahmen verlassen hat, den das Gesetz für sein einseitiges Bestimmungsrecht vorgibt (BAG v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, juris; BAG v. 8.10.1962 – 2 AZR 550/61, DB 1962, 1704; LAG Düsseldorf v. 20.12.1957 – 5 Sa 544/57, BB 1958, 449). Der Arbeitgeber ist in einem solchen Fall nicht zu Sanktionen, insb. nicht zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung, berechtigt (BAG v. 24.5.1989 – 2 AZR 285/88, NZA 1990, 144 = DB 1989, 2538). Überdies behält der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch. Der Arbeitgeber befindet sich im Annahmeverzug, da er die vom Arbeitnehmer vertraglich geschuldete Leistung nicht annehmen möchte (BAG v. 3.12.1980 – 5 AZR 477/78, DB 1981, 799 = BB 1981, 1399). Der Arbeitnehmer trägt jedoch das Vergütungs- als auch das Kündigungsrisiko, wenn sich nachträglich die Weisung als rechtmäßig herausstellt (LAG Düsseldorf v. 25.1.1993 – 19 Sa 1360/92, BB 1993, 1149 = MDR 1993, 658, gerechtfertigte fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung). Aufgrund des Prognoserisikos des Arbeitnehmers ist diesem, abgesehen von den Fällen der offensichtlichen Überschreitung des Direktionsrechts, zu empfehlen, die Weisung zunächst zu befolgen und deren Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen.

 

Rz. 549

Ändert der Arbeitgeber unter Berufung auf sein Direktionsrecht die Arbeitsbedingungen, kann sich der Arbeitnehmer hiergegen mit einer Feststellungsklage wehren. An der Feststellung des Inhaltes der zu erbringenden Arbeitsleistung besteht bei entsprechendem Streit der Parteien regelmäßig ein rechtliches Interesse, § 256 ZPO (BAG v. 30.8.1995 – 1 AZR 47/95, NZA 1996, 440 = JR 1996, 308). Unter Umständen kommt auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Unterlassungsverfügung) in Betracht (vgl. die Entscheidung des LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/00, NZA-RR 2001, 347 ff.; BB 2001, 1558; Schaub/Linck, ArbHB, § 45 Rn 21 bei einer Versetzung; zu einstweiligen Verfügungen im Rahmen des Direktionsrechts s. § 55 Rdn 44 ff.).

 

Rz. 550

Im Prozess hat die Partei, der das Recht zur Leistungsbestimmung zusteht, mithin der Arbeitgeber, zu beweisen, dass die Ausübung des Direktionsrechtes der Billigkeit entspricht (BAG 24.5.2018 – 6 AZR 116/17, juris Rn 39; BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 413/11, juris; BAG v. 14.7.2010 – 10 AZR 182/09, juris).

 

Rz. 551

Ist eine Maßnahme nicht mehr vom Direktionsrecht gedeckt, muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung (vgl. § 25 Rdn 1 ff.) aussprechen, die bei Anwendbarkeit des KSchG auf seine soziale Rechtfertigung hinsichtlich der Änderung der Arbeitsbedingungen gem. §§ 2, 4 S. 2 KSchG überprüft werden kann. Eine Umdeutung einer das Direktionsrecht überschreitenden Maßnahme in eine Änderungskündigung ist nicht möglich (LAG Köln v. 23.4.1999 – 11 Sa 1155/98, NZA-RR 1999, 522). Sofern der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht, obwohl er die erstrebte Änderung schon durch die Ausübung des Weisungsrechts durchsetzen kann ("überflüssige Änderungskündigung"), so ist eine vom Arbeitnehmer erhobene Änderungsschutzklage unbegründet (BAG v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12, juris; BAG v. 19.7.2012 – 2 AZR 25/11, juris).

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