Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht und Bewährungsaufstieg nach BAT - Mitbestimmung des Personalrats

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Den Angestellten des öffentlichen Dienstes können in der Regel durch Arbeitgeberweisung alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden Vergütungsgruppe des BAT erfüllen (st Rspr).

2. Das rechtfertigt jedoch nicht die Übertragung einer Tätigkeit, die geringerwertige Qualifikationsmerkmale erfüllt und nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die ursprünglich maßgebende Vergütungsgruppe ermöglicht.

 

Normenkette

BGB § 611; BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 11.08.1994; Aktenzeichen 3 Sa 822/93)

ArbG Fulda (Entscheidung vom 20.01.1993; Aktenzeichen 1 Ca 405/92)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ohne Änderungskündigung einen anderen Arbeitsplatz zuweisen konnte und ob der Personalrat dabei zu beteiligen war.

Der Kläger ist seit 1973 bei der Beklagten angestellt. Er ist im Kreiswehrersatzamt F beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages sowie der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Seit dem 1. Dezember 1985 nahm der Kläger die Aufgaben des "Dienstposten II 2 - Wehrüberwachung" wahr. Mit Übertragung dieser Tätigkeit wurde er höhergruppiert nach VergGr. VI b BAT, wobei nach übereinstimmendem Vortrag beider Parteien die Tätigkeitsmerkmale der Fallgr. 1 a dieser Vergütungsgruppe erfüllt waren (gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie 1/5 selbständige Leistungen). Im Zuge einer durch die Entziehung eines Dienstpostens ausgelösten Umsetzungsaktion übertrug die Beklagte dem Kläger mit Wirkung zum 1. April 1992 den Dienstposten "Bürokraft Bearbeiter Wehrersatzwesen". Diese Tätigkeit verlangt nach wiederum übereinstimmendem Vortrag beider Parteien nur noch gründliche und vielseitige Fachkenntnisse (VergGr. VII Fallgr. 1 a Teil I der Anlage 1 a zum BAT). Im Schreiben vom 5. Mai 1992 teilte die Beklagte dem Kläger hierzu mit:

Mit Wirkung vom 01.04.1992 werden Sie unter Bei-

behaltung der Vergütungsgruppe VI b auf den

Dienstposten "Bürokraft Bearbeiter Wehrersatzwe-

sen" TE/ZE 210/240 im Fachgebiet II Sachge-

biet III umgesetzt.

Die Tätigkeiten des v.g. Dienstpostens "Bürokraft

Bearbeiter Wehrersatzwesen" der Vergütungsgrup-

pe VII Fallgruppe 1 a Teil I der Anlage 1 a zum

BAT und damit die Dienstgeschäfte werden Ihnen

hiermit zur Wahrnehmung übertragen. Die insgesamt

wahrzunehmenden Dienstgeschäfte ergeben sich aus

der beigefügten Tätigkeitsdarstellung vom

14.02.1992.

Ihre Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VI b

Fallgruppe 1 a in der Zeit vom 01.12.1985 bis

31.03.1992 (6 Jahre und 4 Monate) wird gem.

§ 23 a Nr. 5 a BAT auf die Bewährungszeit in der

VergGr. VII Fallgr. 1 a Teil I Anlg 1 a zum BAT

angerechnet.

Sie sind damit zum 01.04.1992 tarifgerecht in der

Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b Teil I der

Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.

Der Personalrat hatte zuvor mit Schreiben vom 14. Februar 1992 erklärt, er stimme der Maßnahme nicht zu. Zur Begründung hatte er ausgeführt:

Gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG besteht der be-

gründete Verdacht, daß Herr B durch die

Herabgruppierung in seiner dienstlichen Laufbahn

benachteiligt wird.

Bei einer evtl. Nachbesetzung eines freien, nach

BAT V bewerteten DP, würden alle DP-Inhaber, die

zur Zeit DP nach VI b BAT innehaben, sicherlich

in den engeren Bewerberkreis einbezogen werden.

Nach einer Herabgruppierung des Herrn B

auf den DP II 1 - 240 gehört er nicht mehr zu

diesem Bewerberkreis und hätte somit keine

Chance, mit den jetzigen Mitbewerbern gleich zu

ziehen.

Die von ihm auf dem DP II 1 - 240 auszuübende Tä-

tigkeit unterscheidet sich gravierend von der

VI b-Tätigkeit, daß sich daraus ein nahtloser

Übergang in eine BAT V-Tätigkeit nicht mehr ohne

weiteres vollziehen läßt.

Somit ergibt sich eine echte Benachteiligung des

Angestellten B gegenüber den anderen im

Hause vorhandenen DP-Inhabern BAT VI b.

Mit seiner am 29. Mai 1992 erhobenen Klage hat der Kläger in der Hauptsache Feststellung begehrt, daß die Umsetzung unwirksam ist. Sie sei nicht durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Bei der neuen Tätigkeit handele es sich ihrer tariflichen Wertigkeit nach um eine niedriger eingruppierte Tätigkeit. Diese habe ihm nur im Wege der Änderungskündigung übertragen werden können. Dem stehe nicht entgegen, daß er weiterhin Vergütung aus der VergGr. VI b BAT erhalte. Entscheidend sei nicht die Vergütung, sondern der Inhalt der Tätigkeit. Die Umsetzung scheitere auch daran, daß der Personalrat der Maßnahme nicht zugestimmt habe. Sie sei als Übertragung einer niedriger einzugruppierenden Tätigkeit mitbestimmungspflichtig. Schließlich sei die Umsetzung auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte bei der Entscheidung, welchen von drei in Betracht kommenden Mitarbeitern sie umsetze, die Grundsätze billigen Ermessens nicht gewahrt habe. Durch die Umsetzung sei im übrigen seine Chance verschlechtert, auf einen Dienstposten der VergGr. V c BAT aufzurücken.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Umsetzung vom 5. Mai 1992

auf den Dienstposten "Bürokraft Bearbeiter Wehr-

ersatzwesen" unwirksam ist,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger entspre-

chend VergGr. VI b Fallgr. 1 a BAT einzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihr Direktionsrecht berechtige sie zur Umsetzung. Es gestatte ihr, dem Kläger jede andere Tätigkeit zuzuweisen, die der bisherigen Vergütungsgruppe entspreche. Dabei sei die Bewährungsfallgruppe nicht ausgeschlossen. Entscheidend sei, daß der Kläger nach wie vor tarifgerecht in VergGr. VI b BAT eingruppiert sei. Deshalb habe dem Personalrat auch hinsichtlich der Maßnahme kein Mitbestimmungsrecht zugestanden. Die Auswahlentscheidung beruhe nicht auf Ermessensfehlern.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprechend dem Hauptantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Umsetzung des Klägers ist nicht durch das der Beklagten zustehende Direktionsrecht gedeckt. Sie hätte der Änderungskündigung oder des beiderseitigen Einvernehmens bedurft.

I. Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

Verfügt der Arbeitgeber unter Berufung auf sein Weisungsrecht eine Änderung der Arbeitsbedingungen, insbesondere eine Umsetzung, kann sich der Arbeitnehmer nach ständiger Rechtsprechung hiergegen mit einer Feststellungsklage wenden. An der Feststellung des Inhalts der zu erbringenden Arbeitsleistung besteht bei entsprechendem Streit der Parteien regelmäßig ein rechtliches Interesse, § 256 ZPO (vgl. nur BAG Urteil vom 27. März 1980 - 2 AZR 506/78 - BAGE 33, 71 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG Urteil vom 23. Januar 1992 - 6 AZR 87/90 - AP Nr. 39 zu § 611 BGB Direktionsrecht).

II. Der Antrag des Klägers ist auch begründet. Die Umsetzung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unwirksam.

1. Das Direktions- oder Weisungsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistungen einseitig zu bestimmen, soweit diese nicht anderweitig geregelt sind. Sein Umfang bestimmt sich vor allem nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (vgl. nur Senatsurteil vom 10. November 1992 - 1 AZR 185/92 - AP Nr. 6 zu § 72 LPVG NW, zu I 1 a der Gründe, m.w.N.).

Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung findende Bundes-Angestelltentarifvertrag enthält keine das Direktionsrecht allgemein betreffende Regelung. § 8 Abs. 2 Satz 1 BAT bestimmt lediglich, daß der Angestellte verpflichtet ist, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Eine allgemeine tarifliche Festlegung zur Bestimmung der Art der Arbeitsleistung gibt es nicht (so auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Juni 1995, § 22 Rz 16). Maßgeblich bleibt daher der Arbeitsvertrag.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, daß die Parteien den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Danach wird der Angestellte regelmäßig nicht für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei dieser Vertragsgestaltung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können grundsätzlich auch neue Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen. Unerheblich ist dabei, ob aus der einschlägigen Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe möglich ist oder nicht (BAG Urteil vom 12. April 1973 - 2 AZR 291/72 - AP Nr. 24 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG Urteil vom 2. Dezember 1981 - 4 AZR 383/79 - BAGE 37, 145 = AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG; BAG Urteil vom 23. Oktober 1985 - 4 AZR 216/84 - AP Nr. 10 zu § 24 BAT; BAG Urteil vom 9. Februar 1989 - 6 AZR 174/87 - BAGE 61, 77 = AP Nr. 4 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urteil vom 10. November 1992 - 1 AZR 185/92 - AP Nr. 6 zu § 72 LPVG NW; BAG Urteil vom 23. Juni 1993 - 5 AZR 337/92 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht).

2. Von dieser Rechtsprechung, die das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, geht auch der Senat aus. Daraus ergibt sich aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Befugnis, dem Angestellten im Wege des Direktionsrechts einen Aufgabenbereich zuzuweisen, der nur die Tätigkeitsmerkmale einer niedrigeren Vergütungsgruppe erfüllt und nur auf dem Umweg über den Bewährungsaufstieg dazu führen kann, daß dennoch die bisherige Vergütung erhalten bleibt.

a) Die dem Kläger bis zum 31. März 1992 zugewiesene Tätigkeit des "Dienstposten II 2 - Wehrüberwachung" entsprach den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. VI b Fallgr. 1 a BAT. Der Kläger benötigte zu ihrer Erledigung "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie 1/5 selbständige Leistungen". Diese Tätigkeit war ihm 1985 übertragen worden. Sie kennzeichnet seither die von ihm geschuldete Arbeitsleistung.

Die dem Kläger mit Wirkung vom 1. April 1992 übertragenen Aufgaben als "Bürokraft Bearbeiter Wehrersatzwesen" erfüllen nach ihren objektiven Anforderungen die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII Fallgr. 1 a BAT. Sie verlangen nur noch gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, hingegen keine selbständigen Leistungen. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 5. Mai 1992 den neuen Dienstposten selbst als solchen der "VergGr. VII Fallgr. 1 a BAT" bezeichnet. Als Rechtsfrage kann die Frage der richtigen Eingruppierung zwar nicht unstreitig gestellt werden. Das Landesarbeitsgericht hat aber die Erfüllung der entsprechenden Tätigkeitsmerkmale aufgrund einer insoweit nach ständiger Rechtsprechung ausreichenden pauschalen Überprüfung als zutreffend befunden. Hiergegen sind Einwendungen von keiner Seite erhoben worden, so daß auch der Senat von dieser Bewertung ausgehen muß.

b) Das allgemeine Direktions- oder Weisungsrecht berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen. Das gilt nicht nur deshalb, weil damit regelmäßig eine Änderung der vertraglich zugesagten Vergütung verbunden ist. Auch die Art der Beschäftigung kann durch das allgemeine Direktionsrecht nicht unbegrenzt abgeändert werden. Zwar ist bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrages die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig. Voraussetzung ist aber, daß diese als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (vgl. nur BAG Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - BAGE 47, 314 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 2 Rz 22; KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 42 - beide m.w.N.).

Diese Zusammenhänge sind bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Direktionsrechts zu berücksichtigen. Inwieweit Tarifvertragsparteien das Direktionsrecht demgegenüber erweitern und etwa auch für die einseitige Übertragung niedriger vergüteter Tätigkeit öffnen können, braucht hier nicht entschieden zu werden (vgl. dazu etwa Hueck/von Hoyningen-Huene, aaO, § 2 Rz 21; KR-Rost, aaO, § 2 KSchG Rz 54 a ff. - beide m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Oktober 1994 - 1 AZR 503/93 - AP Nr. 11 zu § 615 BGB Kurzarbeit, zu I 3 der Gründe). Eine solche tarifliche Erweiterung liegt hier gerade nicht vor. Desgleichen kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit das allgemeine Direktionsrecht einzelvertraglich erweitert werden kann. Die Parteien haben keine besondere Vereinbarung getroffen, die den hier zu beurteilenden Fall erfaßte.

c) Bei der dem Kläger zugewiesenen neuen Tätigkeit handelt es sich nicht um eine der bisherigen gleichwertige Tätigkeit.

aa) Es kann unterstellt werden, daß der Kläger mit seiner neuen Tätigkeit in die VergGr. VI b BAT eingruppiert bleibt. Wenn ihm die in seiner bisherigen Tätigkeit verbrachte Zeit auf die Bewährungszeit in dieser Vergütungsgruppe angerechnet wird, hat er eine mehr als sechsjährige Bewährungszeit aufzuweisen (vgl. § 23 a Satz 2 Nr. 5 a BAT, der allerdings für den hier vorliegenden Fallgruppenaufstieg keine unmittelbare Anwendung findet - s. dazu BAG Urteil vom 9. November 1983 - 4 AZR 420/82 - AP Nr. 6 zu § 24 BAT; s. aber auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 23 a Rz 11). Er erfüllt dann die Tätigkeitsmerkmale der Fallgr. 1 b VergGr. VI b BAT (gründliche und vielseitige Fachkenntnisse nach sechsjähriger Bewährung in VergGr. VII Fallgr. 1 a).

In bezug auf die Vergütung handelt es sich also um eine gleichwertige Tätigkeit. Die Tarifvertragsparteien haben das Bewährungsmerkmal als subjektives Tätigkeitsmerkmal ausgestaltet und nicht lediglich bei unveränderter Einordnung der Tätigkeit in die Ausgangsvergütungsgruppe eine höhere Vergütung vorgesehen (insoweit zutreffend Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 22 Rz 28; vgl. auch BAG Urteil vom 14. September 1988 - 4 AZR 351/88 - BAGE 59, 306 = AP Nr. 24 zu § 23 a BAT). Geht man davon aus, daß die Einstufung unterschiedlicher Tätigkeiten nach ihrer Wertigkeit ein zentraler Bestandteil der den Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie übertragenen Regelungsbefugnis ist, könnte man mit dem Landesarbeitsgericht aus der vergütungsmäßigen Gleichstellung den Schluß ziehen, daß diese Tätigkeit dann auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Direktionsrechts als gleichwertig anzusehen, die Versetzung auf einen solchen Arbeitsplatz also durch bloße Arbeitgeberweisung möglich sei (so ausdrücklich Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 23 a Rz 28).

bb) Diese Auffassung berücksichtigt jedoch nicht hinreichend, daß die vergütungsrechtliche Bewertung einer Tätigkeit nur insofern auf den Umfang des Direktionsrechts schließen läßt, als sie Wertungen der Verkehrsanschauung zum Ausdruck bringt und damit auf den Vertragswillen schließen läßt. Entscheidend sind vor allem Qualifikationsmerkmale, während soziale und personale Kriterien, die die Tarifpartner als vergütungsrelevant ansehen, für den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung untergeordnete Bedeutung haben. Die Anforderungen an die dem Bewährungsaufstieg zugrunde liegenden Tätigkeiten bleiben aber inhaltlich unverändert - zu ihrer Erledigung sind nach wie vor nur gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, aber keine selbständigen Leistungen erforderlich. Insofern unterscheiden sich die zugewiesenen Aufgaben von solchen, die originär die Tätigkeitsmerkmale einer der Fallgruppen der höheren Vergütungsgruppe VI b BAT erfüllen. Dem haben die Tarifvertragsparteien mit der niedrigeren Eingruppierung in der Ausgangsfallgruppe der Vergütungsgruppe VII BAT Rechnung getragen. Bezogen auf die Qualifikationsmerkmale handelt es sich nach den eigenen Bewertungen der Tarifvertragsparteien nicht um gleichwertige Tätigkeiten.

Das kann sich durch das hinzutretende Merkmal der Bewährung nicht dahin ändern, daß der für eine inhaltlich höherwertige Tätigkeit eingestellte Angestellte nach Ablauf der Bewährungszeit nunmehr verpflichtet wäre, eine hinsichtlich ihrer fachlichen Anforderungen geringer eingestufte Tätigkeit zu übernehmen. Sonst wäre der gerade erst eingestellte Arbeitnehmer gegen eine Umsetzung im Wege des Direktionsrechts stärker geschützt als der langjährig Beschäftigte. Je länger dieser eine Tätigkeit in der höheren Vergütungsgruppe (mit der dieser Vergütungsgruppe zuzuordnenden Qualifikation) wahrnimmt, desto eher könnten ihm Tätigkeiten übertragen werden, für die er ursprünglich nicht eingestellt wurde und die nach ihren fachlichen Anforderungen niedriger eingestuft sind. Dieses widersprüchliche Ergebnis entspricht im Zweifel nicht dem Willen der Vertragsparteien.

cc) Im Streitfall sind dem Kläger nach seiner Versetzung keine Tätigkeiten mehr zugewiesen, deren Erfüllung selbständige Leistungen erfordert. Darin liegt eine beachtliche Abwertung. Diese wird verstärkt durch das im öffentlichen Dienst übliche hierarchisch gegliederte Stellengefüge, das die Wertigkeit der Planstellen oder - wie hier - der Dienstposten markiert. Auch danach muß die neue Tätigkeit vom Sozialprestige her - trotz unveränderter Vergütung - als gegenüber der ursprünglich wahrgenommenen, einer höheren Vergütungsgruppe zuzurechnenden Tätigkeit als geringerwertig empfunden werden. Bezeichnenderweise hat die Beklagte dem Kläger denn auch die neue Tätigkeit als solche eines "Dienstpostens der VergGr. VII Fallgr. 1 a" übertragen. Das war durch das Direktionsrecht nicht gedeckt.

III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht, da der Senat aufgrund der feststehenden Tatsachen abschließend entscheiden kann. Die Umsetzung ist unwirksam. Der Kläger hat ihr nicht zugestimmt, die Beklagte hat auch keine Änderungskündigung ausgesprochen. Auf die Frage, ob die Umsetzung auch deshalb unwirksam ist, weil sie der Zustimmung des Personalrats bedurft hätte, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

Soweit die Beklagte sich erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 (TV Personalabbau) berufen hat, konnte sie damit nicht mehr gehört werden. Gemäß § 1 TV Personalabbau gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1998 aus Anlaß der Verringerung der Bundeswehr durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung wegfallen. Dem Wegfall des Arbeitsplatzes steht es nach der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 1 TV Personalabbau gleich, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz deshalb verliert, weil dieser mit einem Beschäftigten besetzt wird, dessen Arbeitsplatz im Sinne des § 1 TV Personalabbau weggefallen ist. Die Beklagte hat aber in den Vorinstanzen keine Tatsachen vorgetragen, aus denen zu entnehmen wäre, daß der Umsetzung des Klägers ein derartiger Sachverhalt zugrunde liegt. Der bloße Hinweis auf eine Umsetzungsaktion, die angeblich durch Entziehung eines Dienstpostens ausgelöst worden sei, genügt nicht. Für eine solche Umsetzungsaktion sind die verschiedensten Ursachen denkbar. Mit neuem Tatsachenvortrag ist die Beklagte in der Revisionsinstanz ausgeschlossen. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, in den Vorinstanzen sei noch nicht absehbar gewesen, daß es auf den TV Personalabbau ankomme. Spätestens nachdem das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte, hätte sie allen Anlaß gehabt, etwaige Tatsachen vorzutragen, die die Anwendung dieses speziellen Tarifvertrages begründen könnten.

Dieterich Wißmann Rost

Spiegelhalter Elias

 

Fundstellen

Haufe-Index 437327

BB 1996, 276

JR 1996, 308

JR 1996, 308 (L)

NZA 1996, 440

NZA 1996, 440-442 (LT1-2)

USK, 95132 (LT)

ZTR 1996, 123-124 (LT1-2)

AP § 611 BGB Direktionsrecht (LT1-2), Nr 44

AR-Blattei, ES 600 Nr 23 (LT1-2)

EzA § 611 BGB Direktionsrecht, Nr 14 (LT1-2)

PersR 1996, 74-76 (LT1-2)

RiA 1996, 210-211 (LT1-2)

ZfPR 1996, 129 (L)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge