I. Hintergrund und Ausgangslage

 

Rz. 1

Trotz hoher Akzeptanz der MPU in der Bevölkerung (vgl. § 19 Rdn 231 ff.) bestehen noch Optimierungsmöglichkeiten. Das Potenzial einer Reform der MPU wurde bereits früh vom damaligen Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ramsauer erkannt, und es wurden entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet.

 

Rz. 2

Die Reform bzw. Weiterentwicklung der MPU ist eine direkte Folge aus ihrer Natur: Die MPU bewegt sich im Spannungsfeld zwischen medizinischer und psychologischer Wissenschaft auf der einen Seite und rechtlichen Vorschriften und Grundlagen auf der anderen Seite. In der Konsequenz bedeutet dies, wann immer es MPU-relevante Neuerungen in einem dieser Bereiche gibt, muss auch die MPU selbst angepasst werden, um den an sie gestellten Ansprüchen gerecht werden zu können. Nur so kann die MPU auch in Zukunft ein präzises Mittel zur Verhaltensprognose eines (auffälligen) Fahrers sein und die Akzeptanz in der Bevölkerung aufrechterhalten werden. Ein Ansatz hierzu ist die Sicherstellung der Qualität der MPU (vgl. § 19 Rdn 28 ff.) u.a. auch, indem ihre Grundlagen einer stetigen Prüfung und Erneuerung unterworfen werden. Dies trifft auch auf die Begutachtungsleitlinien zu, welche gerade eine umfassende Überarbeitung der für die MPU besonders relevanten Kapitel 3.13 (Alkohol) und 3.14 (Betäubungsmittel und Arzneimittel) erfahren. Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf dem jetzigen Unterkapitel "Dauerbehandlung mit Arzneimitteln".

 

Rz. 3

Eine weitere wichtige Methode zur Akzeptanzerhöhung, auch aufseiten der Betroffenen, ist ein offener Austausch von Informationen.

In einer von der BASt im Jahr 2012 durchgeführten Studie[1] berichteten rund die Hälfte der Befragten, dass sie sich schlecht über die MPU und deren Rahmenbedingungen informiert fühlten. Rund ¾ der Befragten gab an, die relevanten Informationen erst spät (frühestens drei Monate nach Fahrerlaubnisentzug) erhalten zu haben. Dies ist ein besorgniserregendes Bild und öffnet unseriösen Anbietern, die mit der Angst vor der MPU Geld verdienen, Tür und Tor. Im Zuge der MPU-Reform sollten dieses und weitere Probleme gelöst werden.

[1] Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.), Rehabilitationsverlauf verkehrsauffälliger Kraftfahrer, 2012.

II. Zwischenbilanz

 

Rz. 4

Bereits jetzt gibt es als ein erstes Resultat der Reformbemühungen ein Informationsportal bei der BASt. Dieses ist unter www.bast.de/mpu zu erreichen. Darüber hinaus hat die BASt eine umfangreiche Broschüre rund um das Thema MPU entwickelt. Auch das BMVI hat einen Flyer[2] entworfen, der erste Fragen zur MPU klären soll. Sowohl die Broschüre als auch der Flyer sind kostenfrei auf den jeweiligen Internetseiten der Herausgeber erhältlich.

 

Rz. 5

Ein bedeutsamer, aber noch offener Punkt ist die Regulierung des "Marktes" der MPU-Vorbereitung. Der wichtigste Ansatzpunkt ist dabei die Qualitätssicherung in der MPU-Beratung. Gesetzliche Regelungen hierzu existieren bislang noch nicht. Dafür hat die BASt inzwischen Kriterien formuliert (vgl. § 20 Rdn 32), anhand derer eine qualitativ hochwertige MPU-Beratung erkannt werden kann. Diese sind ebenfalls auf der Internetseite der BASt einsehbar. Weitere Informationen sind im Bericht "Qualität in Fahreignungsberatung und fahreignungsfördernden Maßnahmen" der BASt[3] zu finden.

 

Rz. 6

Im Rahmen der MPU-Reform gab es auch Überlegungen, eine Pflicht zur Erstberatung für die Klienten einzuführen, um einen optimalen Start in die MPU-Vorbereitung gewährleisten zu können. Dazu hätte allerdings eine amtliche Anerkennung der MPU-Berater eingeführt werden müssen. Wegen des zu erwartenden hohen Aufwands eines solchen Anerkennungsverfahrens sind diese Überlegungen verworfen worden. Dennoch kann nicht stark genug betont werden, dass es absolut sinnvoll ist, so frühzeitig wie möglich eine verkehrspsychologische (diagnostische) MPU-Beratung in Anspruch zu nehmen.

 

Rz. 7

Neben der Qualitätssicherung in der MPU-Vorbereitung soll auch die Untersuchung selbst noch transparenter und für den Klienten nachvollziehbarer werden. Auch hier wird noch über mögliche Vorgehensweisen diskutiert. U. a. werden momentan das Für und Wider einer Tonband- oder gar Videoaufzeichnung des psychologischen Untersuchungsgesprächs und des ärztlichen Anamnesegesprächs abgewogen. Dabei darf jedoch das Ziel nicht aus den Augen verloren werden, die (Prognose-)Qualität der MPU zu erhöhen, wenn man an eine obligatorische Tonaufzeichnung denkt (vgl. § 19 Rdn 49 ff.).

 

Rz. 8

Schließlich wird von den Experten gefordert, dass es einen bundesweit einheitlichen Katalog von Fragestellungen geben soll, der zumindest in Standardfällen von den Fahrerlaubnisbehörden verwendet werden könnte. Dies würde zu einer weiteren Vereinheitlichung führen und mittelbar auch zur Verbesserung der MPU beitragen (vgl. Empfehlungen des Arbeitskreises V des Deutschen Verkehrsgerichtstages 2014[4]). Mittlerweile hat sich die BASt dieser Forderung angenommen. Die Umsetzung bleibt allerdings noch abzuwarten.

[2] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (...

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