Rz. 231

Im Volksmund wird die Medizinisch-Psychologische Untersuchung oft auch als "Idiotentest" bezeichnet. Dies impliziert nicht nur eine geringschätzige Bewertung der Personen, die sich einer solchen Untersuchung unterziehen müssen, sondern auch eine eher negative Einstellung zur MPU als ein Baustein der Verkehrssicherheitsarbeit selbst.

 

Rz. 232

Um herauszufinden, wie die MPU in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und wie breit die Zustimmung für eine Maßnahme zur Überprüfung der Fahreignung ist, wurde vom universitätsnahen Umfragezentrum Bonn (uzbonn) im September 2013 eine telefonische Umfrage[77] mit 501 Personen durchgeführt. Obwohl absolut gesehen nur eine geringe Anzahl von Personen zu ihrer Einstellung zur MPU befragt wurde, kann diese Stichprobe als repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung angesehen werden, da bei ihrer Zusammenstellung entsprechende Kriterien und bei der Datenauswertung entsprechende Gewichtungen vorgenommen wurden.

 

Rz. 233

Die Teilnehmer wurden zu ihren Einstellungen zu

dem Fahrerlaubnisentzug bei alkoholisierter Verkehrsteilnahme,
möglichen Maßnahmen bzw. Verfahrensweisen zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis,
der Bekanntheit und dem Image der MPU sowie
möglichen Anlässen für eine Begutachtung

befragt.

 

Rz. 234

Die Mehrheit der Teilnehmer gab an, dass bei einer Fahrt unter Alkoholeinfluss die Fahrerlaubnis entzogen werden sollte. Etwa ein Drittel der Befragten gab an, dass diese Maßnahme von den Umständen abhängen sollte. Dazu zählten hohe BAK-Werte, wiederholte Alkoholauffälligkeiten, Unfallverursachung unter Alkoholeinfluss sowie zusätzlicher Konsum von Drogen. Mit über 95 % erreichten diese Bedingungen die höchsten Zustimmungswerte. Dies zeigt, dass der praktizierte Fahrerlaubnisentzug bei alkohol- und drogenauffälligen Fahrern eine breite Zustimmung in der Bevölkerung hat.

 

Rz. 235

Nach möglichen Verfahren zu Wiedererlangung der Fahrerlaubnis befragt, gab rund jeder fünfte Befragte an, dass die Fahrerlaubnis niemals wiedererteilt werden sollte. Die überwiegende Mehrheit jedoch stimmte einer Neuerteilung zu. 58 % gaben an, dass vor der Neuerteilung eine nochmalige Führerscheinprüfung durchgeführt werden sollte und 89 % der Befragten stimmten einer Überprüfung der Verhaltens- und Einstellungsänderungen beim "Verkehrssünder" zu. Letzteres entspricht dem Anliegen der MPU. Ein Großteil der Deutschen ist folglich der Meinung, dass einerseits ein Kraftfahrer nach dem Fahrerlaubnisentzug die Möglichkeit haben sollte, die Fahrerlaubnis wiederzuerlangen, aber andererseits vor der Neuerteilung eine Überprüfung der Fahreignung in Form einer MPU vorgenommen werden sollte.

 

Rz. 236

Erst im Anschluss an diese möglichen Verfahrensweisen zur Neuerteilung wurden die Teilnehmer direkt nach der MPU gefragt. Den meisten von ihnen war der Begriff bekannt. Lediglich 7 % wussten weder mit dem Fachbegriff "Medizinisch-Psychologische Untersuchung" noch mit dem landläufigen Ausdruck "Idiotentest" etwas anzufangen. 2 % der Befragten hatten bereits selbst eine MPU absolviert und mehr als ein Drittel der Teilnehmer gab an, eine Person zu kennen, die bereits eine MPU absolviert hatte.

 

Rz. 237

Die Personen, denen die MPU bekannt war, wurden schließlich gefragt, wie sie die Nützlichkeit der Begutachtung einschätzen. Die Antworten sind in Abbildung 19.15[78] dargestellt.

 

Rz. 238

Der Abbildung ist zu entnehmen, dass nahezu 80 % der Befragten die MPU als sinnvoll erachten und fast ⅔ daran glauben, dass eine MPU bei der Verhaltensänderung helfen kann. Sogar von den Personen, die bereits selbst eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung absolvieren mussten, waren immerhin noch 67 % der Meinung, dass die MPU der Verkehrssicherheit diene und 61 % glaubten, dass sie dem Fahrer helfen kann, sein Verhalten zu ändern. Dies verdeutlicht ein durchaus positives Image der MPU unter den Befragten, scheinbar selbst bei MPU-Absolventen.[79]

 

Rz. 239

Abschließend wurden die Umfrageteilnehmer noch nach den möglichen Anlässen für eine MPU befragt. Dazu wurden sieben mögliche Anlässe genannt, zu denen die Teilnehmer ihre Zustimmung angeben konnten. Die Anlässe umfassten dabei:

einmalige Alkoholauffälligkeit,
wiederholte Alkoholauffälligkeiten,
Alkoholauffälligkeit mit hohem BAK-Wert,
Drogenkonsum,
wiederholte Verkehrsverstöße mit hoher Anzahl an Punkten im VZR,
einmaliger, besonders schwerwiegender Verkehrsverstoß,
aktenkundige aggressive Straftaten.

Dies entspricht den momentanen Anlassgruppen für eine MPU und findet in der Bevölkerung eine hohe Zustimmung. 92 % bis 97 % der Befragten befürworteten die MPU-Anordnung für den Fall einer Alkoholauffälligkeit mit hohem BAK-Wert, bei Drogenkonsum oder wiederholten Alkoholauffälligkeiten. Zwischen 76 % und 80 % Zustimmung entfielen auf die wiederholten Verkehrsverstöße, die aggressiven Straftaten sowie den einmaligen, besonders schwerwiegenden Verkehrsverstoß. Der Überprüfung durch eine MPU nach einem einmaligen Alkoholdelikt stimmten lediglich 41 % der Befragten z...

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