Rz. 62

Gelangt die Erbengemeinschaft in die Position eines Arbeitgebers, so wird sie zwangsläufig mit der Thematik der Kündigung von Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Haushaltshilfen, Pflegekräften und Privatsekretären können in der Praxis schon Probleme bereiten, da die Erben meist ein gesteigertes Interesse haben, diese Arbeitsverhältnisse schnell zu beenden. Die Rechtsprechung orientiert sich jedoch an den gesetzlichen Kündigungsfristen.

Haben beispielsweise Eheleute, ob nun mit oder ohne schriftlichen Vertrag, eine Haushaltshilfe gemeinsam beschäftigt, so bleibt das Vertragsverhältnis weiter bestehen, wenn nur einer der Ehegatten verstirbt.[81] Der Überlebende hat sodann das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, wenn er es nicht mehr fortführen möchte. Ein Grund für eine fristlose Kündigung ist im Todesfall nicht zu sehen. Dasselbe Ergebnis erzielte ein Testamentsvollstrecker, der anlässlich des Todes eines Ingenieurs dessen einzige Angestellte fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt hat.[82] Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die individuelle Kündigungsfrist für das jeweilige Arbeitsverhältnis einzuhalten sei und der Tod des Arbeitgebers keinen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB darstellt, allenfalls ist eine ordentliche Kündigung durchsetzbar.

[82] ArbG Berlin, Urt. v. 13.12.2012 – 63 Ca 4500/12.

1. Form der Kündigung

 

Rz. 63

Bringt die Erbengemeinschaft keinen Geschäftsführer in Position und sind die Miterben die "Unternehmensträger", dann sollten sie auf einige Stolpersteine achten, die das Arbeitsrecht im Bereich der Kündigung bereithält.

 

Rz. 64

Entscheidet sich die Erbengemeinschaft Kündigungen auszusprechen, so hat sie diese in der Form des § 623 BGB abzugeben. Kündigungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Erfasst werden hiervon alle Arbeitsverhältnisse, auch jene von Aushilfskräften.[83]

 

Rz. 65

Die Kündigung muss zunächst die Voraussetzungen von § 126 BGB erfüllen. D.h. über die Kündigungserklärung muss eine schriftlich abgefasste Erklärung vorliegen. Die Urkunde muss vom Aussteller eigenhändig unterzeichnet sein.[84] Die Unterschrift ist durch Nennung des ausgeschriebenen Namens zu leisten.[85] Für die Wahrung der Schriftform des § 623 BGB ist es nach der BAG-Rechtsprechung für die wirksame Kündigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich, dass alle Erklärenden die schriftliche Willenserklärung unterzeichnen. Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter die Erklärung, muss dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Sind bei einer GbR alle Gesellschafter im Briefkopf und in der Unterschriftenzeile aufgeführt, reicht es nach der Rechtsprechung des BAG für die Einhaltung der Schriftform nicht aus, wenn lediglich ein Teil der GbR-Gesellschafter ohne klarstellenden Vertretungszusatz die Kündigung unterzeichnen. Fehlt eine Unterschrift, ist die Kündigung allein deshalb formunwirksam.

 

Rz. 66

Weiterhin stellt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses materiell-rechtlich eine Verfügung der Erbengemeinschaft im Sinne des § 2040 BGB dar. Nach der älteren Rechtsprechung des BGH galt hier das Einstimmigkeitsprinzip für Verfügungen über den Nachlass wie die Kündigung. Also mussten – sofern keine Bevollmächtigung vorlag – alle Erben die Kündigung erklären und die Kündigung unterzeichnen. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH[86] kann es aber auch ausreichen, dass abweichend von § 2040 BGB die Mehrheit der Erben die Verfügung wirksam im Rahmen ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung vornehmen können. Zu dieser Problematik, dem Verhältnis zwischen § 2040 BGB und § 2038 BGB und der Rechtsprechung nebst ergänzenden Nachweisen wird auf die ausführlichen Ausführungen in § 4 Rdn 72 ff. und § 19 Rdn 26 ff. verwiesen. Es fragt sich, welche Folgerungen sich für den Fall der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine Erbengemeinschaft ergeben. Nach der ständigen für die anwaltliche Praxis zu beachtenden BGH-Rechtsprechung ist – anders als die GbR seit der Rechtsprechung zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR im Jahre 2001 – die Erbengemeinschaft weder rechtsfähig noch parteifähig. Diese Grundsätze sind nach dieser Rechtsprechung auch nicht auf die Erbengemeinschaft übertragbar. Die Erbengemeinschaft verfügt danach, anders als die GbR, nicht über Organe, durch die sie bei z.B. gesellschaftsvertraglicher Regelung auch einzeln im Rechtsverkehr unmittelbar für die Gesellschaft handeln könnte und ist kein eigenständiges Rechtssubjekt. Sie kann auch nicht Partei sein, sondern nur die einzelnen Erben. Für die Erbengemeinschaft bedeutet dies im Fall der Kündigung, dass – neben der Beachtung der Formwirksamkeit der Kündigung (alle Gesellschafter müssen unterzeichnen oder die unterzeichnenden Gesellschafter erklären durch entsprechenden Zusatz, zugleich auch in rechtsgeschäftlich erteilter Vollmacht der übrigen zu handeln) – auch beachtet werden muss, dass die Kün...

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