Rz. 8

Ein Eigentumsrecht des Erblassers an den Daten als solchen existiert nicht, sondern allenfalls ein Recht des Erblassers an den durch die Daten verkörperten Inhalten (Bedeutungsebene; siehe § 1 Rdn 24 ff., 27, 30 ff.). Stehen diese Rechte an den Inhalten dem Erblasser zu, so stellt sich die Frage nach ihrer Vererblichkeit.

1. Immaterialgüterrechte

 

Rz. 9

Soweit die Inhalte Gegenstand eines Immaterialgüterrechts sind, gelten die allgemeinen Regelungen zur Vererblichkeit solcher Rechte. Solche Rechte sind, ohne an ein Trägermedium wie das Eigentum an Datenträgern gebunden zu sein, als solche über § 1922 BGB vererblich.[6] Das stellen § 28 Abs. 1 UrhG, § 15 Abs. 1 PatG, § 22 Abs. 1 GebrMG, § 27 Abs. 1 MarkenG und § 29 GeschmMG klar. Sie haben eine rein deklaratorische Wirkung.[7] Die Klarstellung hat der Gesetzgeber jeweils als erforderlich angesehen, weil bspw. die Urheberschaft als solche nicht übertragbar ist: Die Erben werden nicht zum Urheber eines vom Erblasser verfassten Textes; die aus dem Urheberrecht resultierenden Rechte des Erblassers gehen aber auf sie über (klarstellend insoweit auch § 30 UrhG), auch wenn sie lebzeitig unübertragbar sind.[8]

 

Rz. 10

In unserem Beispielsfall gehen deshalb etwaige Urheberrechte des A aus seiner Tätigkeit als Architekt gem. § 28 Abs. 1 UrhG auf seine Erbin L ebenso über wie die Rechte an seinen Fotografien (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG und § 72 UrhG, jeweils i.V.m. §§ 28, 30 UrhG). Die Rechte an der von A genutzten Zeichensoftware bleiben dagegen trotz der Speicherung auf Datenträgern des A bei dem jeweiligen Rechtsinhaber. Gegenstand des Erbgangs kann insoweit allenfalls ein vom Inhaber der Rechte eingeräumtes Nutzungsrecht sein.

 

Rz. 11

Hat der Erblasser, wie in unserem Beispiel der A, ein Computerprogramm ohne ein entsprechendes Nutzungsrecht genutzt, hat der Rechteinhaber einen Anspruch gegen die Erben auf Löschung der Software, auch wenn diese die Rechte des Softwareentwicklers nicht selbst verletzt haben (vgl. § 69f UrhG). Auch ein etwaiger Schadensersatzanspruch ist von den Erben zu erfüllen (§§ 19221967 BGB). Der Unterlassungsanspruch nach § 97 UrhG richtete sich dagegen in der Regel nur gegen den Verletzer selbst, in unserem Beispiel also den Erblasser A.

[6] Greger, ZErb 2009, 42, 48.
[7] Vgl. BeckOK BGB/Müller-Christmann, Edition 23, § 1922 BGB Rn 83; Dreier/Schulze, UrhG, § 28 UrhG Rn 2 ff. für das Urheberrecht.
[8] Greger, ZErb 2009, 42, 48.

2. Andere Inhalte

 

Rz. 12

Für solche Inhalte, die keine Immaterialrechtsgüter darstellen, fehlt es zwar an einer § 28 UrhG oder den für die sonstigen Immaterialrechtsgüter einschlägigen vergleichbaren gesetzlichen Regelung, die den Übergang der Berechtigung an den Inhalten auf die Erben ausdrücklich anordnet. Das ist aber, wie soeben gesehen, auch nicht erforderlich. Denn die Regelungen sind rein deklaratorisch. Die Rechtsnachfolge resultiert unmittelbar aus § 1922 Abs. 1 BGB in Bezug auf alle Rechte, die der Erblasser an den Inhalten hatte. Zwar existiert kein spezielles gesetzliches System, das die Zuordnung von Inhalten und Informationen[9] zu einer bestimmten Person zu deren Lebzeiten abschließend regelt. Es existiert insoweit allenfalls ein "Flickenteppich"[10] von gesetzlichen Regelungen (vgl. § 1 Rdn 39). An das Eigentum am Datenträger kann in Bezug auf Rechte an den Inhalten nicht angeknüpft werden.[11] Dieser Befund bedeutet allerdings nicht, dass wir keine Aussagen über das Schicksal der Berechtigung an Inhalten im Erbfall machen können.

[9] Vgl. auch Härting, Acht Thesen zum "Dateneigentum", dort These 3, abrufbar unter https://www.cr-online.de/blog/2016/02/17/acht-thesen-zum-dateneigentum/ (abgerufen am 21.8.2017).
[10] So der von Grützmacher, CR 2016, 485 verwendete Begriff, der von der Arbeitsgruppe "Digitaler Neustart" v. 15.5.2017, S. 60 aufgegriffen wird.
[11] BGH, Urt. v. 10.7.2015 – V ZR 206/14 (Helmut Kohl), dort Rn 20, NJW 2016, 317: "Die Berechtigung an den Inhalten folgt anderen Regeln als das Eigentum an den Speichermedien."; a.A. Staudinger/Kunz (2017), § 1922 BGB Rn 607 ff.: "Zu denken [sei] an § 946 oder § 947 Abs. 2 [BGB] in analoger Anwendung.", Rn 610.

a) Herausgabeansprüche nach § 667 BGB

 

Rz. 13

Eine Berechtigung an Inhalten kann bspw. aus einem Auftragsverhältnis folgen[12] und zu Herausgabeansprüchen aus § 667 BGB führen. Dies zeigt etwa die BGH-Entscheidung zum Anspruch Helmut Kohls gegen den von ihm beauftragten Ghostwriter auf Herausgabe von Interviewtonbändern (vgl. § 1 Rdn 33 ff.).[13]

Stirbt der Auftraggeber, geht der Anspruch nach § 667 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Das gilt unabhängig davon, ob das Auftragsverhältnis nach der Auslegungsregel des § 672 BGB fortbesteht oder erlischt.[14] Auf diesem Weg geht dann auch das Recht an den Inhalten auf die Erben über.

[12] Vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.9.2012 – I-6 U 241/11, BeckRS 2012, 21367.
[13] BGH, Urt. v. 10.7.2015 – V ZR 206/14 (Helmut Kohl), NJW 2016, 317. So ist im Arbeitsrecht etwa anerkannt, dass der Arbeitgeber regelmäßig Ansprüche auf Herausgabe von solchen Aufzeichnungen des Arbeit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge