Rz. 24

So besteht etwa Einigkeit darüber, dass Daten und Computerprogramme mangels Verkörperung grds. keine Sachen i.S.d. § 90 BGB sind.[42] Somit existiert auch kein Sachenrecht der Daten.[43] Daten sind aber jedenfalls Wirtschaftsgüter[44] und damit Gegenstand von Ansprüchen und schuldrechtlichen Verträgen. Sie lassen sich als unkörperliche Güter bezeichnen und fallen damit unter die "sonstigen Gegenstände" nach § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB.[45] Daten können insbesondere Gegenstand eines Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB sein[46] (vgl. auch § 3 Rdn 17 ff.).

 

Rz. 25

Gegenstand eines Eigentumsrechts kann der jeweilige Datenträger oder das Speichermedium sein, auf dem Daten verkörpert sind.[47] Durch diese Verkörperung sollen auch die dort gespeicherten Daten eine Sachqualität erhalten können. So hat der BGH entschieden, eine "auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware [sei] als bewegliche Sache anzusehen, auf die je nach der vereinbarten Überlassungsform Miet- oder Kaufrecht anwendbar ist".[48]

 

Rz. 26

Diese Einordnung hat zwar für Widerspruch gesorgt.[49] Sie wird aber nachvollziehbar(er), wenn man sich vor Augen führt, dass der Bezugspunkt der Sachqualität nicht die geistige Schöpfungsleistung ist, die hinter dem Computerprogramm steht, sondern deren konkrete Verkörperung auf dem Datenträger. Der durch die Dateien repräsentierte Inhalt kann Gegenstand eines eigenen Rechts sein, insbesondere Gegenstand eines Immaterialgüterrechts (vgl. etwa § 69a UrhG). Dieses Recht wird durch die konkrete Verkörperung auf dem Speichermedium und deren Einordnung als Sache nicht berührt.[50]

 

Rz. 27

Zu unterscheiden ist also zwischen dem Recht am jeweiligen Speichermedium und den auf ihm verkörperten Daten, den Dateien, auf der einen Seite und auf der anderen Seite dem Recht an den durch die Daten verkörperten Gedankengut, den Inhalten. Insoweit kann man sich an der durch das Begriffspaar "Zeichenebene" (für die Dateien) und "Bedeutungsebene" (für den Inhalt) gekennzeichneten Differenzierung orientieren.[51]

[42] Ausführlich Bericht der Arbeitsgruppe "Digitaler Neustart" v. 15.5.2017, S. 32 f. Vgl. auch Palandt/Ellenberger, § 90 BGB Rn 2; MüKo-BGB/Stresemann, § 90 BGB Rn 25 jew. m.w.N.
[43] Stuckenberg, ZIS 2016, 526, 531, spricht davon, "dass keine primäre Normenordnung des Umgangs mit beliebigen “Informationen‘ […], die einen dem Sacheigentum entsprechenden Zuweisungsgehalt hätte"“ existiert. Er weist zutreffend auch darauf hin, "dass langfristig der wirtschaftliche Wert von “Big Data‘ ein solches Primärnormengefüge entstehen lassen könnte", S. 529, dort Fn 46.
[44] Zech, CR 2015, 137.
[45] Peukert, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, 2011, 95.
[46] LG Düsseldorf, Urt. v. 17.10.2011 – 14e O 219/10, nachfolgend OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.9.2012 – I-6 U 241/11, jurionRS 2012, 24435 = BeckRS 2012, 21367.
[47] MüKo-BGB/Stresemann, § 90 BGB Rn 25 m.w.N.
[49] Vgl. etwa Müller-Hengstenberg/Kien, NJW 2007, 237.
[51] Das Begriffspaar erstmals eingeführt hat – soweit ersichtlich – Zech, GRUR 2015, 1151, 1153. Im Kontext des digitalen Nachlasses aufgegriffen wird es von Alexander, K&R 2016, 301, 302. An ihn knüpft an Biermann, in: Scherer, Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht (Manuskriptfassung – Stand: 22.8.2017), Rn 8.

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