Rz. 501

Die hyperbare Sauerstofftherapie (Druckkammerbehandlung) wurde als eine etablierte alternative Methode zur Behandlung einer aseptischen Knochennekrose (hier Morbus Ahlbäck) angesehen, die sich "in der Praxis ebenso erfolgsversprechend bewährt" hat wie die schulmedizinisch anerkannte Behandlung dieser Erkrankung. Aufgrund dessen hat das OLG Stuttgart[323] einen Leistungsanspruch gem. § 4 Abs. 6 S. 2 Alt. 1 MB/KK bestätigt.

 

Rz. 502

Für eine trockene Makuladegeneration ist nach OLG Koblenz[324] auch angesichts dessen, dass eine schulmedizinische Behandlungsmöglichkeit praktisch nicht besteht, eine in einer ophthalmologischen Klinik angebotene "retrobulbäre Injektionsbehandlung" nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlung anzuerkennen, da kein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden kann und eine Verlaufsverzögerung nach den Behandlungen mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit einem Placeboeffekt zugeordnet werden kann.

 

Rz. 503

Die Orthokin-Therapie wurde vom OLG Köln[325] als nicht erstattungsfähig angesehen. Als alternativmedizinische Behandlung sei diese allein nach § 4 Abs. 6 MB/KK zu beurteilen. Geleistet werde für schulmedizinisch nicht überwiegend anerkannte Methoden dann, wenn sie über eine gewisse Dauer eingesetzt worden sind und die Erfolge vorweisen können, die denjenigen Erfolgen gleichstehen, die mit überwiegend anerkannten schulmedizinischen Methoden erzielt wurden. Eine solche Methode kann sich dann nicht als erfolgversprechend bewährt haben, wenn sie sich noch im Stadium erster klinischer Versuche befindet.

 

Rz. 504

Die Galvano-Therapie zur Behandlung von Prostatakrebs ist keine Behandlungsmethode, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt ist. Sie stellt auch keine Methode dar, die sich in der Praxis ebenso erfolgversprechend bewährt hat wie schulmedizinische Behandlungsmethoden.[326]

 

Rz. 505

Der Regelung in § 4 Abs. 6 S. 2 MB/KK 94 kann keine Einschränkung auf Behandlungen lebensbedrohlicher, sonst inkurabler Krankheiten entnommen werden. Eine Methode der etablierten Richtungen der alternativen Medizin ist dann als gleichrangig anzusehen, wenn sie sich nicht aufgrund neutraler, der Erfolgsdefinition dieser Richtung Rechnung tragender Tests als untauglich erwiesen hat.[327] Zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Behandlung war eine Operation an der offenen Wirbelsäule schulmedizinisch nicht angezeigt, so dass dem Versicherungsnehmer lediglich weiter Kraft- und Ausdauertraining angeboten werden konnte, das selbst keine medizinische Intervention darstellte. Der Senat führte aus, dass bei einer gleichzeitig vorhandenen Möglichkeit, auf schnellerem und weniger aufwendigem Wege, eine Besserung oder Linderung der Erkrankung zu erreichen, es nach objektiver Betrachtung medizinisch vertretbar ist, diese Methode zu wählen, soweit diese eine gewisse Erfolgsaussicht hat. Zum damaligen Zeitpunkt war die An­wendung der sog. Racz-Methode nachvollziehbar. Es sei allerdings angezeigt gewesen, erst die Effizienzkontrolle der Behandlung mit der Racz-Methode abzuwarten, bevor die vorliegend zeitgleich durchgeführten Behandlungen mittels perkutaner Thermokoagulation mehrerer Facettengelenke der Lendenwirbelsäule und des ISG sowie der perkutanen non endoskopischen Laserdiskusnukleotomie mit Diskographie durchgeführt wurden.

 

Rz. 506

Eine medizinische Notwendigkeit ist bei einer unheilbaren, hochmalignen und metastasierenden Prostatakrebserkrankung entsprechend OLG München[328] aufgrund sachverständiger Beurteilung weder für die Behandlung mit dendritischen Zellen noch mit Hyperthermie gegeben. Gleiches gilt für eine Behandlung mittels Ozontherapie, die Gabe von Mistelextrakten und eine Kolonhydrotherapie. Entsprechend wurden die Kosten einer Tumorimpfung mit dendritischen Zellen zur adjuvanten Therapie bei Melanompatienten der Stufe III nach OLG Oldenburg[329] als nicht erstattungsfähig angesehen.

 

Rz. 507

Nach OLG Schleswig[330] ist bei einem metastasierten Nierenzellenkarzinom eine Hyperthermiebehandlung nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlung erstattungsfähig. Dagegen hat das OLG Saarbrücken[331] aufgrund der geringeren Anforderungen an die Möglichkeit der Linderungswirkung bei einem infausten Stadium des Leidens (ALS) die Behandlung mittels Hitzeschockproteinen als erstattungsfähig angesehen, auch wenn es sich bislang um ein nicht zugelassenes Heilmittel handelt, der Behandlung noch Versuchscharakter anhaftet, sie aber laut Sachverständigen grundsätzlich medizinisch nachvollziehbar sei.

[326] So OLG Köln v. 24.7.2009/7.10.2009 – 20 U 55/09/I-20 U 55/09, VersR 2010, 621.
[328] OLG München v. 30.8.2013 – 25 U 2711/10, veröffentlicht bei juris.
[330] OLG Schleswig Holstein v. 21.1.2013 – 16 U 117/12, NJW-RR 2013.
[331...

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