OLG: Medizinal-Cannabis bei Glasknochenkrankheit

Privat Krankenversicherte müssen sich nicht ausschließlich auf die Schulmedizin verweisen lassen. Für die Kostenübernahme alternativer Behandlungsmethoden wie einer Schmerztherapie mit Medizinal-Cannabis gelten allerdings häufig strenge Voraussetzungen.

Ein privat krankenversicherter Mann, der unter der Glasknochenkrankheit (Osteogenesis Imperfecta Typ 1) leidet, wollte von seiner Versicherung die Kosten für eine aus seiner Sicht medizinisch notwendige Behandlung mit Medizinal-Cannabis ersetzt bekommen. Der Mann behauptete, er habe aufgrund der Erkrankung regelmäßig Schmerzen, die mit ausgeprägter Immobilität verbunden seien.

Da die konventionellen Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien und eine Erkrankung mit schweren Funktionsstörungen vorliege, müsse die beklagte Versicherung für die Behandlung mit Medizinal-Cannabis aufkommen. Er forderte die Erstattung bereits getätigter Aufwendungen und die Zusage, dass die Versicherung auch künftig die Kosten übernehme, sofern eine ärztliche Verordnung vorliege.

Versicherung weigerte sich Kosten für Medizinal-Cannabis zu ersetzen

Die Versicherung hatte sich geweigert, die Kosten zu übernehmen. Bei akut auftretenden Schüben, wie sie laut Arztbericht beim Kläger aufträten, sei Cannabis wegen seiner Behandlungsträgheit nicht geeignet.

Oberlandesgericht: Keine medizinisch notwendige Behandlung nachgewiesen

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sah keinen Anspruch des Mannes gegen den Krankenversicherer. Zwar habe er aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrags grundsätzlich einen Leistungsanspruch, wenn es sich bei der Behandlung seiner Beschwerden um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelt, die

  • entweder von der Schulmedizin überwiegend anerkannt ist
  • oder bei der es sich um eine Methode oder ein Arzneimittel handele, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Grundsätzlich komme die Erstattung der Behandlung mit Medizinal-Cannabis bei einem schweren, multilokulären generalisierten Schmerzsyndrom bei Glasknochenkrankheit und entsprechender Symptomatik zwar in Betracht.

Beweislast liegt beim Versicherten

Das eingeholte Sachverständigengutachten zeige aber keine wesentlichen gelenkarthrotischen Veränderungen. Auch gebe es keine weiteren Befunde, die den Vortrag des Klägers zu seinen körperlichen Beschwerden – insbesondere der behaupteten Vielzahl von Brüchen – stützten. Den Kläger treffe aber hier die Darlegungs- und Beweislast.

Nach heutiger medizinischer Einschätzung und dem aktuellen Stand der Schulmedizin sei die Behandlung der beim Kläger feststellbaren Symptomatik mit Medizinal-Cannabis nicht als von der Schulmedizin allgemein anerkannte Methode anzusehen. Zudem sei sie keine Methode, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt habe wie die Methoden und die Arzneimittel der Schulmedizin.

Keine ausreichende Datenlage zur Wirkung von Medizinal-Cannabis bei Glasknochenkrankheit

Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ausgeführt, dass die Datenlage nicht ausreiche, um festzustellen, dass Medizinal-Cannabis zur Linderung der Schmerzsymptomatik bei einer Glasknochenkrankheit beitrage. Zudem gebe es verschiedene medikamentöse und nichtmedikamentöse schulmedizinische Behandlungen. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass diese bei ihm nicht wirksam seien oder gravierende Nebenwirkungen verursachten.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.11.2023, I-13 U 222/22)

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