Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 1 O 375/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 09.06.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Mönchengladbach (1 O 375/19) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A Der am 00.00.1981 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung nach dem Tarif A., aus der er Leistungen verlangt.

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeld-Versicherung, Teil I: Musterbedingungen (MB/KK) 2009 (Anlage K1, Bl. 8 ff. LGA), deren Einbeziehung in den Vertrag zwischen den Parteien streitig ist, sehen vor:

§ 1 Abs. 2:

Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen.

§ 4 Abs. 6:

Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre.

Gemäß Ziff. II. 1.7 der Tarifbedingungen A. (Anlage K2, BI. 22 ff. LGA), deren Einbeziehung ebenfalls streitig ist, werden die erstattungsfähigen Aufwendungen für Arznei- und Verbandsmittel je Person und Kalenderjahr bis zur Höhe von 2.000 EUR zu 75 %, der 2.000 EUR übersteigende Teil zu 100 % erstattet. Gemäß Ziff. III. 1. der Tarifbedingungen erhält der Versicherungsnehmer für jeden versicherten Monat einen Bonus von 30 EUR, maximal also 360 EUR pro Jahr. Gemäß Ziff. II 1.16 b) werden ärztliche Behandlungen nur zu 75 % erstattet, wenn sie nicht durch den Hausarzt erfolgen oder auf dessen Überweisung vorgenommen werden.

Im Jahr 2013 setzte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonates mit einem Mitarbeiter der Beklagten im Einzelnen mit dem Inhalt der Vertragsbedingungen auseinander und stellte der Beklagten hierzu Fragen. In den Jahren 2013 bis 2018 reichte der Kläger keinerlei Behandlungsrechnungen zur Erstattung bei der Beklagten ein.

Ausweislich des molekulargenetischen Befundes des Zentrums für Humangenetik und Laboratoriumsdiagnostik (MVZ) Dr. B., Dr. C. und Kollegen in D.-Stadt vom 22.09.2020 (Bl. 210 LGA) leidet der Kläger an einer milden Form der Osteogenesis Imperfecta Typ 1 (Glasknochenkrankheit). Gemäß Attest des Chirurgen Dr. E. vom 15.07.2019 (Bl. 44 LGA) litt der Kläger während der langjährigen Behandlung durch Dr. E. auf orthopädischem Gebiet unter einem Strecksehnenabriss des linken Kleinfingers, einem Distorsionstrauma des rechten oberen Sprunggelenks, Kniebeschwerden rechts, einer Sprunggelenksluxationsfraktur links, eine Myogelose der Schulter-Nacken-Muskulatur, einer Außenmeniskusläsion des Kniegelenks links, einer Kniedistorsion links, einer Schulterluxation links, einem Plicasyndrom des Kniegelenks links, einem ISG-Syndrom, einer Fersenbeinfraktur rechts und einer Rhizarthrose des linken Daumens. Weitere ärztliche Unterlagen zu den vom Kläger behaupteten Erkrankungen und Beschwerden, insbesondere zu Knochenbrüchen, liegen nicht vor.

Beginnend mit dem 04.12.2018 wurde dem Kläger durch den Allgemeinmediziner Dr. F. regelmäßig Medizinal-Cannabis verordnet.

Mit Schreiben vom 30.04.2019 (Bl. 46 LGA) lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Cannabis-Medikation ab. Auf eine Rechnung des Zahnarztes G. erstattete sie einen Teilbetrag in Höhe von 65,43 EUR nicht. Die Beklagte lehnte zudem die Erstattung der Rechnung des Herrn Dr. F. vom 01.08.2019 in Höhe von 73,30 EUR sowie weiterer, mit Klageerweiterung vom 26.02.2020 geltend gemachter Rechnungen in einer Gesamthöhe von 140,56 EUR ab.

Der Kläger hat behauptet, die MB/KK und die Tarifbedingungen A. seien ihm erst vollständig im Jahr 2019 bekannt gegeben worden. Infolge der Osteogenesis Imperfecta leide er unter anderem an einem chronischen Schmerzsyndrom. Insbesondere morgens träten extreme Schmerzen auf, die mit ausgeprägter Immobilität verbunden seien. Seine Lebensqualität sei daher maximal eingeschränkt. Er habe bislang ca. 45 Knochenbrüche erlitten; es hätten sich in nahezu allen Gelenken Arthrosen gebildet und er leide unter Osteoporose. Das Gesamtbild der Erkrankungen sei nicht mit einer Standardtherapie zu beherrschen, sondern die Verordnung von Cannabis medizinisch indiziert. Nach langjähriger Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) habe sich eine zunehmend begrenzte Wirksamkeit gezeigt, die analgetische Komponente sei praktisch nicht mehr vorhanden, es dominierten gravierende Nebenwirkungen. Opiate habe er während stationärer Aufenthalte nicht vertragen. Die Beklagte müsse für die medizinisch notwendige H...

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