Leitsatz (amtlich)

Eine Wirkung der dendritischen Zellimpfung zur adjuvanten Therapie bei Melanompatienten der Stufe III ist wissenschaftlich bislang nicht belegt. Da mit der Interferontherapie demgegenüber eine Therapie mit nachgewiesener Wirkung zur Verfügung steht, ist der Krankenversicherer grundsätzlich nicht verpflichtet, die Kosten der dendritischen Zellimpfung zu erstatten.

 

Normenkette

MB/KK § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 29.04.2014; Aktenzeichen 9 O 719/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.4.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Osnabrück wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem privaten Krankenversicherer, die Erstattung ärztlicher Behandlungskosten für Impfungen mit dendritischen Zellen.

Das LG hat mit seinem am 29.4.2015 verkündeten, im Übrigen in Bezug genommenen Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Heilbehandlung sei medizinisch nicht notwendig gewesen und daher nicht erstattungsfähig.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, (...). Im Übrigen wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des LG. Er vertritt die Auffassung, die Impfung mit dendritischen Zellen sei entgegen der Auffassung des Sachverständigen wirksam und verweist dazu auf bereits erstinstanzlich vorgelegte Studien. Darüber hinaus seien keine Wirksamkeitsvorteile der in der Schulmedizin anerkannten Interferon-Therapie vorhanden.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Osnabrück vom 29.4.2015 - 9 O 719/13 - wird der Beklagte verurteilt,

1. ihm weitere 10.529,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1922,97 EUR seit dem 1.2.2010, aus 1639,95 EUR seit dem 30.7.2010, aus 1162,95 EUR seit dem 20.1.2011, aus 1167,42 EUR seit dem 5 und 20 3. 2011, aus 1166,16 EUR seit dem 43.7.2011, aus 1153,78 EUR seit dem 13.2.2012, aus 1162,63 EUR seit dem 28.8.2012 und aus 1153,78 EUR seit dem 8.2.2013 zu zahlen sowie ihm den nicht anrechenbaren Anteil der anwaltlichen Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Interessenvertretung in Höhe von 531,39 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu erstatten;

2. ihn von der anwaltlichen Vergütung zur Erlangung von Deckungsschutz gegenüber seinem Rechtsschutzversicherer in Höhe von 229,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. S. im Termin am 2.12.2015.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. (...) 2. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung durch Dr. rer. nat. N. in Höhe von weiteren 10.529,65 EUR.

Es liegt kein Versicherungsfall nach § 1 Abs. 1, 2 der Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009) vor. Die von Dr. N. abgerechnete Impfung mit dendritischen Zellen stellt keine medizinisch notwendige Heilbehandlung des Klägers dar. Die abgerechnete Behandlung ist nicht von der Leistungspflicht der Beklagten nach § 4 Abs. 6 KB/KK 2009 umfasst. Die Behandlungsmethode ist von der Schulmedizin nicht überwiegend anerkannt und sie hat sich darüber hinaus auch in der Praxis nicht als ebenso erfolgversprechend wie eine anerkannte schulmedizinische Behandlung bewährt.

a) Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung ist im Allgemeinen dann auszugehen, wenn sich eine Behandlungsmethode dazu eignet, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist der Versicherer eintrittspflichtig (BGH, Beschluss vom 30.10.2013, IV ZR 307/12, juris Rn. 14). Bei dem Kläger wurde ein Melanom im Stadium III (mit Lymphknotenmetastasen) diagnostiziert und operativ entfernt. Darüber hinaus wurde auch der Schildwächterlymphknoten entfernt, sodass der Kläger seit 2010 als tumorfrei gilt. Bei der Frage der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung reduziert sich daher die Betrachtung auf den Umstand, inwieweit die Methode der Verschlimmerung der Krankheit entgegenwirken kann, das heißt hier konkret ein Wiederauftreten in Form eines Rezidivs verhindern kann.

Bei der streitgegenständlichen Tumorimpfung kann eine Eignung die Rückfallrate zu verringern nach medizinischen Erkenntnissen derzeit nicht festgestellt werden. Der Sachverständige hat in seiner Anhörung nachvollziehbar erläutert, dass eine Wirksamkeit der Impfung nicht nachgewiesen ist. Es gibt nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Studie mit einem Wirksamkeitsnachweis bei einem Phase III-Patienten, d.h. einem tumorfreien Melanom-Patienten wie dem Kläger.

Der Schluss des Klägers, dass die in ein...

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