Rz. 456

Derartige Rückzahlungsklauseln sind nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit zulässig. Sie verstoßen weder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) noch gegen das Gebot gleicher Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber (§ 622 Abs. 6 BGB). Die mit der Rückzahlungsklausel verbundene Kündigungserschwernis wird durch die Gewährung eines angemessenen finanziellen Vorteiles wieder aufgewogen (BAG v. 9.6.1993 – 10 AZR 529/92). Auch die Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Arbeitsplatzwahl aus Art. 2, 12 GG werden grds. durch Rückzahlungsklauseln nicht verletzt.

 

Rz. 457

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel ist eine wirksame Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Rückzahlungsklauseln müssen eindeutig gefasst und mindestens bestimmbar sein. Ohne eine eindeutige Rückzahlungsvereinbarung ist der Arbeitnehmer nicht zur Rückzahlung der Gratifikation verpflichtet. Ein Rückzahlungsvorbehalt folgt nicht schon ohne weiteres aus dem Wesen eines Weihnachtsgeldes oder einer Gratifikation und auch nicht aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt (BAG v. 24.2.1999 – 10 AZR 245/98; BAG v. 14.6.1995 – 10 AZR 25/94; LAG Hamm v. 25.2.2000 – 10 Sa 2061/99; LAG Rheinland-Pfalz v. 19.4.1996 – 3 Sa 63/96). Die Rückzahlungspflicht muss in der Rückzahlungsklausel ausdrücklich und eindeutig sowie für den Arbeitnehmer überschaubar und klar geregelt werden. So hat das LAG Berlin-Brandenburg jüngst entschieden, dass ein in einer Rückzahlungsklausel enthaltener Vorbehalt anderweitiger betrieblicher Regelungen intransparent und die Klausel daher unwirksam sei (LAG Berlin-Brandenburg v. 23.3.2021 – 12 Sa 1122/20). Insb. muss auch die vorgesehene Bindungsdauer für den Arbeitnehmer festgelegt werden. Eine vertragliche Rückzahlungsklausel hinsichtlich des Weihnachtsgeldes ist unwirksam, wenn sie weder Voraussetzungen für die Rückzahlungsverpflichtung noch einen eindeutig bestimmten Zeitraum für die Bindung des Arbeitnehmers festlegt. Ohne entsprechende Anhaltspunkte kann auch eine ergänzende Auslegung einer derartigen allgemeinen Rückzahlungsklausel nicht in Betracht kommen (BAG v. 14.6.1995 – 10 AZR 25/9434; a.A. LAG Nürnberg v. 10.8.1993 – 2 (4) Sa 554/91). Hingegen ist eine eindeutige Rückzahlungsvereinbarung dann gegeben, wenn in einem Arbeitsvertrag auf eine Betriebsordnung Bezug genommen worden ist (LAG Hamm v. 12.2.1999 – 10 Sa 1621/98; LAG Nürnberg v. 26.5.1992 – 4 Sa 484/91). Auch die Koppelung einer Stichtags- mit einer Rückzahlungsklausel kann eine Intransparenz zur Folge haben (LAG Düsseldorf v. 15.2.2017 – 7 Sa 397/16).

 

Rz. 458

Voraussetzung für eine Rückzahlungsverpflichtung ist die Vereinbarung eines Rückzahlungsvorbehaltes vor oder spätestens mit der Auszahlung der Gratifikation. Eine besondere Form ist hierfür gesetzlich nicht vorgesehen. Hat der Arbeitgeber es aber unterlassen, die Gratifikationsauszahlung mit einem Rückzahlungsvorbehalt zu verbinden, kann dieses Versäumnis nach der Auszahlung nicht mehr wirksam nachgeholt werden (BAG v. 9.12.1992 – 5 AZR 158/92). Bei fehlender Rückzahlungsvereinbarung kann ein Rückzahlungsanspruch auch nicht aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend gemacht werden (vgl. LAG Hamm v. 10.12.1999 – 10 Sa 1616/99; vgl. auch LAG Hamm v. 9.2.1996 – 10 Sa 1185/95).

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