Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Gratifikation - finanzielle Lage des Betriebes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Finanzielle Gründe berechtigen den Arbeitgeber nicht, die Zahlung von tariflich abgesicherten Gratifikationsansprüchen aus Gründen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einseitig zu verweigern. Ein etwaiger Verzicht des Arbeitnehmers ist nach § 4 Abs 4 S 1 TVG unwirksam. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage können auf normative Regelungen eines Tarifvertrages nicht ohne weiteres angewandt werden.

Ob die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei einer ernsthaften Bestandsgefährdung des Betriebes zur Kürzung oder Streichung einer vertraglich vereinbarten oder aufgrund betrieblicher Übung zu zahlenden Gratifikation führen können (so BAG Urteil vom 18.12.1964, 5 AZR 262/64 = AP Nr 51 zu § 611 BGB Gratifikation), bleibt offen.

2. Der Arbeitnehmer ist bei Verschlechterung der finanziellen Lage des Betriebes auch nicht aufgrund der allgemeinen Treuepflicht nach § 242 BGB verpflichtet, auf tarifliche Gratifikationsansprüche zu verzichten (gegen ArbG München, Urteil vom 29.05.1995, 12 Ca 15569/94 = BB 1995, 1697 = EzA § 242 Lohnstundung Nr 1).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 611 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Entscheidung vom 14.06.1995; Aktenzeichen 1 (4) Ca 379/95)

 

Fundstellen

Haufe-Index 441951

ArbuR 1997, 85 (L1)

LAGE § 242 BGB Geschäftsgrundlage, Nr 3 (LT1-2)

LAGE § 611 BGB Gratifikation, Nr 30 (L1-2)

NZA-RR 1997, 17-19 (LT1-2)

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