Rz. 52

Der Arbeitgeber kann eine Sondervergütung auch mit einer Rückzahlungsklausel versehen für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt nach der Auszahlung endet. In der Praxis verbreitet ist die Vereinbarung der Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des 31.3. des Folgejahres endet.[1]

 

Rz. 53

Eine ausdrückliche und eindeutige Vereinbarung über die Rückzahlungsklausel von Sondervergütungen ist wirksam, wenn sie die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht und einen eindeutig bestimmten Zeitraum für die Bindung des Arbeitnehmers ausdrücklich festlegt. Sind keine entsprechenden Anhaltspunkte gegeben, kommt die ergänzende Auslegung einer solchen allgemeinen Rückzahlungsklausel dahin, dass die Rückforderung im Rahmen der von der Rspr. entwickelten Grenzen erfolgen könne, nicht in Betracht.[2] Rückzahlungsklauseln müssen also eindeutig und klar formuliert sein.[3] Rückzahlungsklauseln sind als vorformulierte Vereinbarung eng auszulegen.

 

Rz. 54

Bei Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter sind Rückzahlungsklauseln ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer die von der Arbeitsleistung abhängige Sonderzuwendung bereits durch die erbrachte Arbeitsleistung verdient hat und somit nur die Fälligkeit aufgeschoben ist.[4] Liegt eine Rückzahlungsvereinbarung vor, dann handelt es sich jedoch nicht mehr um eine Leistung mit reinem Entgeltcharakter, sondern durch die Vereinbarung ist als zusätzlicher Zweck die Entlohnung von Betriebstreue hinzugetreten. Verpflichtet sich ein Arbeitnehmer einzelvertraglich zur Rückzahlung der entgegengenommenen Sondervergütung für den Fall, dass er im darauffolgenden Jahr vor einem bestimmten Termin aufgrund eigener Kündigung ausscheidet, so ist eine solche Absprache nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit an sich statthaft.[5] Derartige Rückzahlungsklauseln dürfen jedoch nicht für eine unbestimmte oder unangemessen lange Zeit vereinbart werden. Die Einhaltung der Zeit, über die sich die Rückzahlungsklausel verhält, muss für den Arbeitnehmer zumutbar, insbesondere überschaubar sein. Anderenfalls sind sie wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und aus dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung nichtig.[6] Beide Maßstäbe gehen heute bei vorformulierten Vereinbarungen in einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB auf. Im Einzelnen ist ihre Zulässigkeit nach der Dauer der Betriebsbindung und der Höhe der Zahlung gemessen an dem Monatsgehalt im Zeitpunkt der Auszahlung zu beurteilen.[7] Bei Gratifikationen, die über einem Betrag von 100 EUR, aber unter einem Bruttomonatsbezug liegen, kann dem Arbeitnehmer danach zugemutet werden, eine Rückzahlungsklausel einzuhalten, die bis zum 31.3. des darauffolgenden Jahres reicht.[8] Wenn der Arbeitnehmer bis dahin nur eine Kündigungsmöglichkeit hat, so ist es ihm zuzumuten, diese verstreichen zu lassen. Es ist allerdings umstritten, ob in diesem Fall eine Kündigung zum 31.3. zulässig ist. Teilweise wird vertreten, dass der Bindungszeitraum bis 31.3. nicht eingehalten werde, wenn der Arbeitnehmer zum 31.3. kündigt und mit Ablauf dieses Tages aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, da der Zeitpunkt des Ablaufs eines Tages ("24 Uhr") noch zu diesem Tag gehöre und damit zu der Frist, in die der Tag falle.[9] Nach richtiger Auffassung ist aus einem Bindungszeitraum bis zum 31.3. aber gerade nicht abzuleiten, dass damit vereinbart sei, der Arbeitnehmer müsse über diesen Termin hinaus betriebstreu bleiben.[10] Eine Kündigung zum 31.3. löst mithin keine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers aus. Übersteigt die Sondervergütung ein Monatsgehalt, erreicht jedoch nicht ein zweifaches Monatsgehalt, so ist eine Rückzahlungsverpflichtung unzulässig, wenn der Arbeitnehmer bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte. Eine hierüber hinausgehende Bindung ist nur in Ausnahmefällen zulässig; so etwa für den Fall, dass die Sonderzuwendung ein Monatsgehalt erheblich übersteigt und eine eindrucksvolle und beachtliche Zuwendung darstellt.[11] Wird eine vereinbarte Sondervergütung in Teilbeträgen ausgezahlt (z. B. zur Hälfte jeweils am 30.6. und 30.11.), kommt es für die Zulässigkeit einer Rückzahlungsklausel nicht auf die Höhe der jährlichen Gesamtsumme, sondern auf die des jeweiligen Teilbetrags an.[12] Gleiches gilt, wenn die Parteien im Nachhinein einvernehmlich eine Gratifikation (hier: Weihnachtsgeld) in 2 Teilbeträge (hier: Urlaubs- und Weihnachtsgeld) aufsplitten, die jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, wobei es insoweit nicht darauf ankommt, ob die Änderung der Zahlungsmodalitäten auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte.[13] Werden Sonderzuwendungen bis zu 100 EUR brutto gewährt, ist eine Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich unzulässig.[14]

 

Rz. 55

Diese Grenzwerte gelten nach der bisherigen Rspr. auch für Rückzahlungsklauseln in BV.[15] Sie sind allerdings nicht ohne Weiteres auf tarifvertragliche Regelungen anwendbar.[16]

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