Rz. 361

Liegt ein solcher Fall vor (Faustregel: Monatsnettoeinkommen nach Abzug von etwaigem Kindesunterhalt über der zweifachen Höchstgrenze der DT von 5.500 EUR, alternativ: die Summe aus Eigeneinkommen des Gläubigers und begehrtem Unterhalt liegt über etwa 4.700 EUR), wird der Unterhalt überwiegend[583] nicht schematisch mit einer bestimmten Quote errechnet. Denn Unterhalt dient nicht zur Vermögensbildung. Es wird abgestellt auf den von den Eheleuten in der Zeit des Zusammenlebens praktizierten Lebensstil: Soweit früher Einkommensteile für Vermögensbildung eingesetzt worden waren, werden diese – in angemessenem Rahmen – für den Unterhalt nicht berücksichtigt; zu bedenken ist auch, dass bis zu 4 % des Jahresbruttoeinkommens für zusätzliche Altersvorsorge eingesetzt werden können.[584] Die Darlegungs- und Beweislast für die maßgeblichen Lebensverhältnisse der Eheleute trägt der Gläubiger.[585]

Auf einen mit dem Einkommen nicht in Einklang stehenden Luxus-Lebensstil kommt es genauso wenig an wie auf ein übertrieben sparsames Wirtschaften. Man versucht, den angemessenen Unterhalt im Rahmen einer konkreten Bedarfsberechnung anhand objektiver Kriterien zu ermitteln. Dabei hat der Gläubiger konkret den in der Ehe praktizierten Lebensstil darzulegen, ferner, was er zur Finanzierung des damit verbundenen, detailliert anzugebenden Aufwandes benötigt. Dem Gericht sind zumindest die Informationen zu liefern, die für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO notwendig sind.[586]

Alternativ kann die Berechnung in der Weise erfolgen, dass von dem in den letzten Jahren der Ehe erzielten Einkommen die in diesen Jahren konkret erfolgte Vermögensbildung abgezogen wird; der verbleibende Einkommensrest kann nur für die Lebenshaltung verwandt worden sein.[587] Eigenes Erwerbseinkommen des Gläubigers wird auf den Bedarf in voller Höhe angerechnet, also ohne vorherigen Abzug eines Erwerbstätigenbonus.[588]

[583] Vgl. aber OLG Stuttgart v. 17.9.2015 – 11 UF 100/15, FamRZ 2016, 638: konkrete Bedarfberechnung erst ab einem Bedarf von etwa 5.000 EUR; dazu ausführlich FamRMandat Unterhaltsrecht/Horndasch, § 3 Rn 1442 ff. m.w.N.; Horndasch, AnwaltFormulare Ehegattenunterhaltsrecht, § 4 Rn 507 ff.
[584] BGH FamRZ 2013, 616 (20): Nur der tatsächliche Aufwand ist für eine Zusatzversorgung zu berücksichtigen; die Art der Altersvorsorge steht frei. Das gleiche Recht hat der Gläubiger, BGH FamRZ 2009, 1207. Der Selbstständige kann bis zu 23 % seines Gewinns für Altersvorsorge aufwenden.
[586] BGH NJW 1994, 2618; OLG Bamberg FamRZ 1999, 513 (Unterhalt 7.488 EUR bei mietfreiem Wohnen); OLG Hamm FamRZ 1999, 723 (Unterhalt 7.669 EUR bei Einkommen von gut 35.000 EUR); OLG Koblenz FamRZ 2000, 1366: Bei Nettoeinkommen von gut 11.000 EUR mtl. ist Vermögensbildung von mtl. 4.600 EUR hinzunehmen; OLG Köln FamRZ 2002, 326: Unterhalt 2.300 EUR bei Einkommen von etwa 6.100–8.700 EUR; OLG Hamm FamRZ 2003, 1109 (8.000 DM entsprechend ca. 4.100 EUR bei 3/7-Quote); OLG Hamm FamRZ 2006, 1603 (konkrete Darlegung bei Bedarf von 4.456 EUR). Leitfaden zum erforderlichen Tatsachenvortrag des Gläubigers in einem solchen Fall: Born, FamRZ 2013, 1613.
[587] OLG Hamm FamRZ 2006, 44; Finke, FF 2011, 34.
[588] BGH FamRZ 2011, 192.

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