Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen gegen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss. Einwendungen des Unterhaltsschuldners gegen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss im vereinfachten Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren hat das Gericht Einwendungen des Unterhaltsschuldners bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Spätere Einwendungen können als Beschwerde umgedeutet werden, soweit diese zulässig ist.

 

Normenkette

ZPO § 647 Abs. 1, §§ 648, 652

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Aktenzeichen 177 FG 7/04)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass das AG - FamG - Dortmund über die Einwendungen des Antragsgegners vom 6.5.2004 gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt zu entscheiden hat.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat unter dem 17.3.2004 Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren beantragt. Mit Verfügung vom 19.4.2004 hat das AG - FamG - Dortmund dem Antragsgegner eine Abschrift des Antrags zur Stellungnahme zustellen lassen.

Unter dem 4.6.2004 hat die Rechtspflegerin des FamG die Fertigung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses gemäß anliegendem Muster, die Wiedervorlage des Beschlusses zur Unterschrift und die Zustellung der Entscheidung nebst Vordrucksatz an den Antragsgegner verfügt. Ausweislich des Erledigungsvermerkes ist der Beschluss vom 4.6.2004 am 8.6.2004 von der Rechtspflegerin unterzeichnet worden.

Auf der Verfügung befindet sich kein Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle darüber, wann die Beschlussausfertigung gefertigt und zur Post gegeben worden ist.

Am 11.6.2004 ist beim AG Dortmund der Vordruck für Einwendungen gem. § 648 ZPO des Antragsgegners vom 6.5.2004 eingegangen. In der Rubrik "freiwillige Angaben" ist kenntlich gemacht, dass der Antragsgegner von den Rechtsanwälten I. und Partner beraten worden ist.

Ausweislich der Postzustellungsurkunde ist der Beschluss vom 4.6.2004 dem Antragsgegner am 14.6.2004 zugestellt worden.

Unter dem 15.6.2004 hat die Rechtspflegerin bei den Rechtsanwälten I. angefragt, ob mit den Einwendungen vom 6.5.2004 Beschwerde eingelegt werde.

Mit Verfügung vom 30.7.2004 hat sie die Rechtsanwälte I. an die Begründung der Beschwerde erinnern lassen.

Eine Reaktion durch die Rechtsanwälte ist nicht erfolgt.

Hierauf verfügte die Rechtspflegerin unter dem 24.9.2004 die Übersendung der Aktien an das OLG Hamm zur Entscheidung über "die als sofortige Beschwerde geltenden Einwendungen gem. § 652 ZPO".

II. Nicht der Senat, sondern das FamG hat über die Einwendungen des Antragsgegners vom 6.5.2004 zu entscheiden.

Denn es lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 4.6.2004 sofortige Beschwerde gem. § 652 ZPO eingelegt hat.

1. Der Wille des Antragsgegners kann sich zum Zeitpunkt der Formulierung und Absendung seiner Einwendungen nicht darauf bezogen haben, die Rechtswirkungen des Beschlusses vom 4.6.2004 zu beseitigen.

Denn der Antragsgegner hat die Einwendungen gem. § 648 ZPO erhoben, bevor ihm der Beschluss vom 4.6.2004 zugestellt worden ist.

2. Es entspricht auch nicht der Interessenlage des Antragsgegners, seine Einwendungen als sofortige Beschwerde auszulegen.

a) Eine Beschwerde kann erst wirksam eingelegt werden, wenn die angefochtene Entscheidung existent geworden ist, also nicht vorsorglich gegen die zu erwartende Entscheidung (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567 ZPO Rz. 14).

Nicht zu verkündende Beschlüsse werden wirksam, wenn sie mit Willen des Gerichts aus dem inneren Geschäftsbetrieb heraustreten (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 329 ZPO Rz. 18).

Aus dem Inhalt der Akten lässt sich mangels Abvermerks nicht ersehen, wann der Beschluss aus dem inneren Geschäftsbetrieb gelangt ist. Es ist also möglich, dass der Beschluss zum Zeitpunkt des Eingangs der Einwendung als beschwerdefähige Entscheidung noch gar nicht existent war.

b) Nach dem derzeitigen Sachstand hat das FamG inhaltlich auch deshalb über die Einwendungen zu entscheiden, weil nicht auszuschließen ist, dass der Festsetzungsbeschluss zum Zeitpunkt des Eingangs der Einwendungen noch nicht i.S.v. § 648 Abs. 3 ZPO verfügt worden war.

Der Senat schließt sich hinsichtlich der Streitfrage, wann ein Festsetzungsbeschluss i.S.v. § 648 Abs. 3 ZPO verfügt ist, der Auffassung an, wonach eine Verfügung erst dann gegeben ist, wenn der Beschluss aus dem inneren Geschäftsbetrieb herausgelangt ist (so auch OLG Frankfurt v. 4.8.2000 - 5 W 112/99, FamRZ 2001, 109; Zöller/Philippi, § 648 ZPO Rz. 12; Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 648 Rz. 9; a.A. - schon mit Unterzeichnung des Beschlusses: OLG Hamm FamRZ 2000, 901; OLG Brandenburg v. 12.3.2001 - 9 UF 26/01, FamRZ 2001, 1078).

Dieses Verständnis der Vorschrift befindet sich in Übereinstimmung mit der Auslegung des § 694 Abs. 1 ZPO durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, in welchem das Gesetz ebenfalls auf den Zeitpunkt der Verfügung einer gerichtlichen Entscheidung (des Vollstreckungsbescheides) als Grenze für die Zulässigkeit des Widerspruchs im Mahnverfahren abstellt; nach Auffassung des BGH (BGH v. 19.11...

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